Als Widerstandskämpfer und Bürgerrechtler lässt er sich feiern, als Verfechter der Freiheit, zumindest als Verfechter dessen, was er unter Freiheit versteht. Gerechtigkeit kommt da nicht vor. Was ist das für ein Freiheitsbegriff, wenn nur Reiche die Freiheit haben, sich frei zu fühlen?
Vorgeblich hätte er maßlos gelitten unter der Unfreiheit des Unrechtssystems seines Heimatlandes, der damaligen DDR. Gleichwohl genoss er Privilegien. Er durfte beliebig ausreisen. Das durften die meisten anderen nicht. Allzu sehr wird er nicht gelitten haben, sonst wäre er doch bei seiner Ausreise in der BRD geblieben, wie seine Söhne.
Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, genau wie sie in den Westen umzusiedeln. Zunächst durften seine Söhne ihn nicht besuchen. Allerdings reichte ein Gespräch mit der Stasi, um das zu ändern.
Überhaupt, mit der Stasi schien er keine großen Schwierigkeiten gehabt zu haben.
Zwar übte er Kritik an ihr, allerdings nur punktuell, war im großen und ganzen – zumindest geht es so aus seiner Stasi-Akte hervor – mit ihr und ihrer positiven Funktion für den Sozialismus zufrieden. So schrieb ein gewisser Genosse Hauptmann Terpe: „Er (Gauck) glaubt aber auch, dass das MFS einen echten positiven Beitrag zur Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft einbringen wird.“ (siehe Terpe-Dossier, Rostock, 11.August 1988, aus Welt vom 23.4.1991)
Sicher musste sich Gauck im Gespräch mit der Stasi diplomatisch zeigen, ihr Honig um den Mund schmieren, um dann ein paar kritische Holzscheite nachlegen zu können. Dennoch ist er durch allzu großen Kampfgeist vor der Wende 1989 nicht aufgefallen. Erst dann, als die Revolution in trockenen Tüchern war, tat er sich hervor und trat dem neuen Forum bei.
Gleich nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung wurde er Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, kurz genannt „Gauck-Behörde“. Flugs stufte er sich selbst als Opfer ein und erkämpfte den „Passus, dass Opferakten nur mit Einwilligung der Opfer an Journalisten, Historiker etca herausgegeben werden dürfen“ (siehe Freitag vom 22.2.12). Ob er in der DDR Täter oder Opfer war, entschied er also selbst, schließlich war er Chef der Behörde. Man nennt das in unserer Rechtsprechung Befangenheit.
Dass er sich, bei seinem genuinen „Freiheitsbedürfnis“ und kaum, dass er sich in der Bundesrepublik wiederfand, dem Neoliberalismus an den Hals warf, darf einen nicht verwundern. Mutig verkündete er: „Wer ausgerechnet der Wirtschaft die Freiheit nehmen will, wird mehr verlieren als gewinnen.“ Mut attestiert er auch dem früheren Bundeskanzler Schröder, der Deutschland mit seiner Agenda 2010 in eine soziale Wüste verwandelt hat und ebenfalls dem Kopftuchjäger Sarrazin, der mit seinen biologistischen und halbwissenschaftlichen Thesen untergründige gesellschaftliche Vorurteile gegenüber anderen Kulturen verstärkt.
Dann geht es hurtig weiter. Dem Afghanistankrieg kann er Gutes abgewinnen, obwohl die Mehrheit der Deutschen dagegen ist. Nahtlos passt er sich dem Diktat der Neuen Sozialen Marktwirtschaft an und findet es völlig richtig, wenn der Staat kaputt gespart wird, die Reichen immer weniger Steuern zahlen und den Armen der letzte Blutstropfen aus den Adern gepresst wird.
Die Occupy-Bewegung, die sich dagegen auflehnt, findet er „unsäglich albern“. Und die folgende seiner Fragen ist an Zynismus nicht zu übertreffen: „Wir stellen uns nicht gerne die Frage, ob Solidarität und Fürsorglichkeit nicht auch dazu beitragen, uns erschlaffen zu lassen.“ (Welt-Online 7.6.2010)
Ein solcher Mann, dem Nächstenliebe, Fürsorglichkeit für den anderen, Empathie nicht gerade ins Fleisch gestanzt worden ist, der sich, obwohl ehemaliger Pastor, vielmehr auszeichnet durch Zynismus, Herzlosigkeit, Wendehalsigkeit und Überheblichkeit, einen solchen Mann wollen wir zum Bundespräsidenten haben? Da hätten wir doch den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben.
Quelle: Charlotte Ullmann am 23.2.12
im Landesvorstand Die Linke-Hessen
Sprecherin der AKL-Hessen
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