Der Arbeitskreis »Stuttgart 21 ist überall« gehört zur »europäischen Vernetzung von Widerstandsgruppen gegen unnütze Großprojekte«. Am Wochenende war er mit einer fünfköpfigen Delegation im Susatal im Piemont in Norditalien und nahm an der mit über 75000 Protestierenden bisher größten »NO TAV«- Demonstration gegen den Bau einer Hochgeschwindigkeitstrasse Lyon–Turin teil. Am Mittwoch verbreitete der Stuttgarter AK eine Solidaritätserklärung:
Am vergangenen Montag, 27. Februar 2012, räumte die italienische Polizei in den frühen Morgenstunden die Mahnwache an der Baustelle Clarea der Protestbewegung NO TAV, die seit über 22 Jahren gegen eine Hochgeschwindigkeitsstrecke im Susatal in Norditalien Widerstand leistet. Durch das Susatal ist die Hochgeschwindigkeitsstrecke Lyon–Turin geplant. Sie ist Teil der Südalpen-Magistrale des TIN (Transeuropäisches Netz) und hat ein Investitionsvolumen von ca. 20 Milliarden Euro. Die bereits bestehende Strecke soll dabei nicht mehr genutzt werden und eine völlig neue Trasse entstehen. Zur Realisierung der Hochgeschwindigkeitsstrecke sollen Tunnel u.a. durch asbest- und uranhaltiges Gestein gebohrt werden und der Aushub im Tal verbleiben. Die Natur- und Kulturlandschaft des Susatals wäre damit unwiderbringlich zerstört. Zudem wird es bei diesem unnützen Großprojekt zu großflächigen Versiegelungen kommen.
Bei diesem Projekt wurden ebenfalls die Fahrgastzahlen und Streckenauslastungen künstlich in die Höhe getrieben und schöngerechnet. Die Bevölkerung wurde nie in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Bei Demonstrationen gegen die Hochgeschwindigkeitsstrecke kam es bereits im Dezember 2005 in Venaus und im Juli 2011 an der Clarea und Chiomonte zu massiven Polizeieinsätzen mit viel Gewalt, Tränengas und sogar CS-Gas-Einsätzen gegen die Bevölkerung. Auch wird die Widerstandsbewegung von NO TAV mit einer Kriminalisierungskampagne überzogen, und erst im Januar 2012 wurden landesweit 32 NO-TAV-Aktivisten verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Die Presse wird auch hier als Instrument zur Einschüchterung und Abschreckung eingesetzt und die NO-TAV-Bewegung pauschal verunglimpft und denunziert. Erst vergangene Woche war in der Zeitung La Stampa zu lesen, daß die Bewegung im »Visier der Polizeibehörden steht, da sie zum Habitat für Neoterroristen geworden ist«. Auch sollen Wasserwerfer mit Reizmittelzusätzen zum Einsatz kommen gegen den »Black Block der anarcho-antagonistischen Szene, die zum Töten bereit sei«.
Wir verurteilen den Polizeieinsatz aufs schärfste und drücken den Aktivistinnen und Aktivisten von NO TAV unsere Solidarität aus. Unser besonderes Mitgefühl und Genesungswünsche gelten dem schwerverletzten Aktivisten Luca Abba, der bei einem Fluchtkletterversuch an eine Stromleitung gelangte und aufgrund seiner schweren Verbrennungen in ein künstliches Koma versetzt werden mußte.
Wie in Stuttgart dient auch dieses Projekt im Susatal nicht den Nutzern der Eisenbahn, sondern allein den Macht- und Kapitalinteressen einzelner aus der Finanz- und Bauwirtschaft. Die Interessen der dort lebenden Bevölkerung werden wie in Stuttgart auch bei diesem unnützen Großprojekt übergangen, und Alternativen wurden bewußt ignoriert. Die Baustelle wurde bereits zur »Nationalen Baustelle« erklärt, was zur Folge hat, daß sie offiziell militärisch gesichert und bewacht wird. (…).
Quelle: www.jungewelt.de vom 01.03.12
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