Rund 110 NPD-Funktionäre haben in den vergangenen zehn Jahren etwa 120 Straftaten begangen oder wurden solcher beschuldigt. Das berichtete am Dienstag abend »Report Mainz«. Im Durchschnitt verging demnach kein Monat, ohne daß ein NPD-Repräsentant eine Straftat verübt hat oder daß gegen einen von ihnen ermittelt wurde. Rund 35 Straftäter oder Beschuldigte gehören oder gehörten einem NPD-Landes- oder dem Bundesvorstand an, also den obersten Parteigremien.
Die Redaktion hatte dazu Agenturen, Zeitungs-, Hörfunk- und Fernsehberichte der vergangenen zehn Jahre ausgewertet. Propagandadelikte wie das Zeigen des Hitlergrußes oder Holocaustleugnung wurden dabei nicht berücksichtigt. Registriert wurden nur Ermittlungsverfahren, Strafbefehle und Urteile. An der Spitze der Straftaten steht mit 70 Fällen die Körperverletzung. Des weiteren tauchen Delikte wie Freiheitsberaubung, Waffen- und Sprengstoffbesitz, Raub und Erpressung auf.
Für den ehemaligen Richter am Bundesverfassungsgericht Siegfried Broß sind das Delikte, »die die Unantastbarkeit von Leben, Gesundheit und persönlicher Freiheit von Menschen betreffen und insofern schwerwiegend sind«. Professor Broß war als Richter vor neun Jahren maßgeblich an der Einstellung des damaligen NPD-Verbotsverfahren beteiligt. Er könne sich nicht erinnern, daß ihm seinerzeit vergleichbares Material über Straftaten von NPD-Funktionären vorgelegen hätte, sagte der Jurist im Interview mit »Report Mainz«. Ein längst überfälliger Ansatz sei diese Statistik, äußerte der Staatsrechtler Jörn Ipsen von der Universität Osnabrück in der Sendung. Überrascht habe ihn, daß »diese Statistik auf Recherchen eines Fernsehjournalisten beruht und nicht längst durch Verfassungsschutzbehörden vorgelegt worden ist.«
Die Feststellung, daß von der Partei und ihren Funktionären systematisch Gewalt ausgeht, ist von erheblicher Bedeutung für die Einleitung eines neuerlichen NPD-Verbotsverfahrens und dessen Erfolgsaussichten. Darüber entscheiden in gut zwei Wochen auf einer Sonderkonferenz die Innenminister und wiederum eine Woche später die Ministerpräsidenten der Länder bei ihrem Treffen. Aufgrund der neuen Sachlage hält der Staatsrechtler Ipsen »die Bundesregierung für verpflichtet, ein neues Verbotsverfahren einzuleiten«. (jW)
www.jungewelt.de vom 08.03.12
« Behörden gegen Rechts? – Gewerkschaftsrechte müssen erkämpft werden! Von Volker Metzroth »
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