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SPD paßt Streikrecht nicht. Sozialdemokraten wollen kampforientierte Kleingewerkschaften per Gesetz kaltstellen. Der Regierungskoalition ist das im Moment zu heiß. Von Mirko Knoche

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Wie frei sind die Gewerkschaften? Dürfen sie tun, was sie wollen? Nicht, wenn es nach den Sozialdemokraten geht – die fordern ein Tarifeinheitsgesetz. Am Donnerstag kommentierte der Tarifsekretär der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF), Markus Siebers, auf jW-Nachfrage trocken, daß »die Genossen an der Spitze der Bewegung« stünden. Am Mittwoch hatte die SPD-Fraktion im Bundestag eine Aktuelle Stunde im Nachgang zum Streik am Frankfurter Flughafen beantragt. Obwohl CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen das Thema in den Koalitionsausschuß eingebracht hatte, verzichtete das heimliche Machtzentrum der Republik am Sonntag darauf, eine politische Entscheidung zu fällen.

Der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion Hubertus Heil beklagte am Mittwoch im Plenum, »daß Spartengewerkschaften sich auf Kosten von Gesamtbelegschaften einen schlanken Fuß machen können«. Er forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu auf, schnellstmöglich ein Gesetz einzubringen, das auf den Vorschlägen der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) und des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) beruhe. Die hatten 2010 gefordert, pro Betrieb nur noch einen Tarifvertrag anzuerkennen. Freilich ließ Heil unerwähnt, daß der DGB die Initiative 2011 zurücknehmen mußte. Der ver.di-Gewerkschaftsrat hatte das Unterfangen im Mai vergangenen Jahres gestoppt.

Dennoch unterlief ver.di-Chef Frank Bsirske den Beschluß in der letzten Woche. Er lobte das Frankfurter Arbeitsgericht für sein Verbot eines Solidaritätsstreiks von Fluglotsen mit den Vorfeldbeschäftigten beim Flughafenbetreiber Fraport – ein einmaliger Vorgang für einen Gewerkschaftsboß. Arbeitsrechtsprofessor Wolfgang Däubler sieht darin einen Versuch, die Idee eines Tarifeinheitsgesetzes politisch wiederzubeleben. Die verfassungsmäßige Tarifautonomie durch ein einfaches Gesetz einzuschränken gilt juristisch jedoch als heikel.

So äußerte sich auch CDU/CSU-Fraktionsvize Günter Frings in der Debatte vom Mittwoch. Der alte BDA/DGB-Vorschlag komme einem »schwerwiegenden Grundrechtseingriff« gleich. Diese Rechte gälten besonders für Minderheiten. Im konkreten Wortlaut sei die Koalitionsfreiheit »für alle Berufe« gewährleistet. Die beiden Streikverbote gegen die Fluglotsen und die Vorfeldarbeiter hätten außerdem gezeigt, daß es bereits jetzt ausreichende juristische Mittel gegen den »Mißbrauch des Streikrechts« gebe, so Frings.

GdF-Mann Siebers sieht das anders. Die Arbeitskampfverbote seien auf den Druck »anderer Kräfte als nur Fraport« zurückzuführen. Nicht nur die Luft­hansa, auch die Politik habe sich »eingemischt«. Die Gewerkschaft ver.di wiederum schaufele sich »ihr eigenes Grab«. Arbeitsjurist Däubler sagt, das Gericht habe die Urteile nach der allgemeinen Stimmungslage gefällt und nur eine mangelhafte Begründung geliefert. Tatsächlich mußten die Vorfeldbeschäftigten ihren Streik abbrechen und werden ihn in naher Zukunft wohl nicht wieder aufnehmen.

Trotz SPD-Vorstoß und Forderungen aus den DGB-Gewerkschaften geht Däubler nicht davon aus, daß am Ende ein Tarifeinheitsgesetz zustande kommt. Denn das würde auch gut funktionierende zwischengewerkschaftliche Kooperationen hinfällig machen – so etwa die Tarifgemeinschaft der dbb tarifunion mit ver.di, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Gewerkschaft der Polizei im öffentlichen Dienst. Außerdem sei nicht gewährleistet, daß der DGB immer die Mehrheit der Gewerkschafter in einem Unternehmen stelle und sich dann auf die Alleinvertretung berufen könne, meint der Professor. Auch die GdF arbeitete bis 2003 bei den Lohnverhandlungen mit ver.di zusammen. Mittlerweile gilt zumindest das Verhältnis zu den ver.di-Betriebsräten am Frankfurter Flughafen als vergiftet.

Quelle: www.jungewelt.de vom 09.03.12

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 09. März 2012 um 16:48 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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