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Von wegen Energiewende. Von Peter Wolter

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In mehreren Ländern haben am Sonntag Hundertausende an die Reaktorkatastrophe von Fukushima erinnert, die vor genau einem Jahr in Japan einen ganzen Landstrich verstrahlt und damit unbewohnbar gemacht hat. Zugleich forderten die Demonstranten die Abschaltung aller Atomkraftwerke.

Vor allem in Japan selbst wurde außerdem der Opfer des Erdbebens und der dadurch ausgelösten Flutwelle gedacht, die nicht nur das Kraftwerk zerstörten, sondern auch ganze Städte und Dörfer verwüsteten – schätzungsweise 19000 Menschen waren dabei umgekommen. Die japanische Regierung und der Kraftwerksbetreiber Tepco hatten erst zwei Monate nach dem 11. März 2011 zugegeben, daß es in drei von sechs Reaktoren zu einer Kernschmelze gekommen war.

Exakt um 14.46 Uhr legten ungezählte Japaner eine Gedenkminute ein – zu dieser Uhrzeit hatte ein Jahr zuvor das Erdbeben die Kette von Katastrophen ausgelöst. In Tokio und den am stärksten betroffenen Gebieten versammelten sich Tausende in Erinnerung daran. In der Nähe des zerstörten Kraftwerks legten geflohene Bewohner Blumen für ihre getöteten Angehörigen nieder. Wegen der Strahlung mußten sie bei ihrem kurzen Besuch Schutzanzüge und Atemmasken tragen. Im Umkreis von 20 Kilometern um das Atomkraftwerk hatten Zehntausende ihre Häuser verlassen müssen.

Demonstrationen und Kundgebungen gab es auch in Frankreich, Belgien, Luxemburg, der Schweiz und Polen. In Deutschland hatten Bürgerinitiativen, ATTAC, der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact sowie diverse andere Organisationen zu Protesten gegen die Atom­anlagen aufgerufen. Das AKW Brokdorf (Schleswig-Holstein) wurde laut ­ATTAC von etwa 3000 Menschen umzingelt, das AKW Gundremmingen (Bayern) von 4000 und das AKW Neckarwestheim (Baden-Württemberg) von 5000. In Hannover demonstrierten demnach 7000 gegen die weitere Nutzung von Atomenergie. Für den Abend war eine etwa 75 Kilometer lange Lichterkette in der Region um das Atommüllager Asse und den Schacht Konrad geplant – die Veranstalter erwarteten etwa 20000 Teilnehmer.

Unterdessen wird die Kritik am Umgang der Bundesregierung mit dem von ihr nach Fukushima beschlossenen »Atomausstieg« lauter. SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte, die versprochene Wende in der Energiepolitik stehe auf »Stufe Null«. »Nach dem Ausstiegsbeschluß scheint die Merkel-Koalition ihre Arbeit eingestellt zu haben«, sagte er der Zeitung Sonntag Aktuell. Die Grünen-Politiker Renate Künast und Jürgen Trittin kritisierten, die Energiewende sei »bis heute weder eingeleitet noch vollzogen«. Der frühere CDU-Umweltminister und ehemalige Chef des UN-Umweltprogramms, Klaus Töpfer, bemängelte, es fehle an Nachdruck und Konsequenz. Kritik kam auch von EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU).

Der BUND warf der Bundesregierung schwere Fehler vor. Sie habe den endgültigen Atomausstieg »auf die lange Bank geschoben«, sagte der Sprecher Hubert Weiger in Berlin. Der Sprecher der Antiatomorganisation »ausgestrahlt«, Jochen Stay, erinnerte daran, daß in Deutschland zur Zeit noch neun Atomkraftwerke laufen.

Selbst der Chef des Siemens-Konzerns, der auch AKW produziert, warnte vor einem Scheitern der Energiewende. Es gebe heute »echte Alternativen« zur Atomkraft und »einen breiten gesellschaftlichen Konsens für den Ausstieg«, sagt er in einem Bild-Interview. Mit der Fukushima-Katastrophe habe das »Restrisiko der Kernkraft ein Gesicht bekommen«.

Quelle: www.jungewelt.de vom 12.03.12

Dieser Beitrag wurde am Montag, 12. März 2012 um 12:45 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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