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Da sei Merkel vor. Treffen im Kanzleramt: Vertreter der »Erneuerbaren« waren nicht geladen – Großversorger sperren sich gegen angeblich angestrebte »Energiewende«. Von Wolfgang Pomrehn

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Angela Merkel hatte am Mittwoch nachmittag zu einem sogenannten Energiegipfel nach Berlin geladen. Die Gästeliste war einmal mehr ein Beleg dafür, daß die Bundeskanzlerin auch zukünftig gedenkt, Energiepolitik nach Gutsherrenart zu gestalten. Eigentlich sollte man meinen, daß so wichtige Fragen wie die künftige Struktur der Stromversorgung, neue Kraftwerke und Netzausbau vor allem vom Parlament debattiert und entschieden werden müssen. Aber weit gefehlt. Wie schon im Sommer 2010 das sogenannte Energiekonzept der Regierung und die Verlängerung der AKW-Laufzeiten – die dann später freilich zurückgenommen werden mußten – mit den Spitzen der großen Energiekonzerne ausgekungelt wurden, so versucht Merkel auch jetzt wieder, wichtige Weichenstellungen mit diesen im Hinterzimmer auszuhandeln.

Nicht geladen zum Energiegipfel waren die Vertreter etwa des Bundesverbandes Windenergie oder des Bundesverbandes der Solarwirtschaft. Auch das Forum Netzintegration, in dem Umweltverbände, Bürgerinitiativen, kleine Netzbetreiber sowie verschiedene Verbände der »Erneuerbaren« zusammenarbeiten, wurden nicht geladen. Das ist besonders zu beachten, denn immerhin sollte es auf dem Treffen auch um den Ausbau der Stromnetze gehen. Und im besagten Forum wurden bereits mit Anwohnerinitiativen sehr detaillierte Pläne und Kriterien entworfen, wie das zügig geschehen könnte. Nur hatten die besagten Bürgerinitiativen und auch Umweltverbände deutlich gemacht: Voraussetzung für die Akzeptanz neuer Leitungen ist natürlich, daß diese tatsächlich für Wind- und Sonnenstrom und nicht etwa für den aus neuen Braun- und Steinkohlekraftwerken eingesetzt werden. Solche sind aber in den Stromüberschußgebieten an der Küste und in Ostdeutschland weiter in Planung oder bereits im Bau. Sollte das womöglich der Grund gewesen sein, weshalb Merkel kein Interesse an den Netzausbauvorschlägen des Forums zeigt?

Wie dem auch sei, herausgekommen ist bei den Gesprächen der Kanzlerin mit Vertretern von E.on, EnBW, RWE, dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und einige Stadtwerkeverbünden allerdings nichts Greifbares. Das Handelsblatt lobt zwar, daß die Energiepolitik durch das Treffen endlich zur Chefsache gemacht worden sei, aber das ist es denn schon fast. Das von der Industrie und auch anderen geforderte Energieministerium wird es vorerst nicht geben.

Hauptsächlich ging es wohl, soviel ist den spärlichen Äußerungen zu entnehmen, im Kanzleramt um neue Kraftwerke und hier vor allem um Gaskraftwerke. Merkel scheint gewillt, deren Errichtung zu subventionieren. Bereits im Sommer 2011 hatte sie 15 Prozent der Investitionssumme ins Spiel gebracht, einen Zuschuß, den sie auch gerne für neue Kohlekraftwerke zahlen würde. Für das Klima wäre das allerdings wenig erfreulich, weil die hohen Treibhausgasemissionen des Energiesektors über Jahrzehnte festgeschrieben würden. Zum Glück aber ist bisher fraglich, ob sich derlei Unterstützung gegenüber der EU-Kommission und den anderen EU-Mitgliedsländern durchsetzen ließe.

Gaskraftwerke sind allerdings gegenüber solchen, die Kohle- und vor allem Braunkohle nutzen, aus zwei Gründen die bessere Lösung. Zum einen stoßen sie pro »erzeugter« Kilowattstunde erheblich weniger Treibhausgas aus. Zum anderen sind sie erheblich flexibler, und das ist wichtig angesichts der fluktuierenden Produktion von Wind- und Sonnenstrom. Gaskraftwerke lassen sich innerhalb weniger Minuten hoch- und runterfahren. Kohlekraftwerke brauchen dafür viele Stunden, Atomkraftwerke sogar Tage. Diese lassen sich daher nur wirtschaftlich betreiben, wenn sie rund um die Uhr laufen.

Das Problem für die Stadtwerke und Energiekonzerne, die gerne große Gaskraftwerke bauen würden, ist die mangelnde Wirtschaftlichkeit unter den Bedingungen eines wachsenden Anteils von Sonnen- und Windstrom. Bisher konnten sie damit rechnen, ihre Anlage 4000 von 8760 Stunden im Jahr laufen zu lassen und ihren Strom vor allem tagsüber in Zeiten mit hohem Bedarf teuer verkaufen zu können. Doch diese Spitzen werden inzwischen meist vom Solarstrom abgedeckt, und die Gaskraftwerke sind oft nur noch 2000 Stunden pro Jahr am Netz. Da viele Betriebskosten unabhängig von der Laufzeit sind, macht dies ihren Strom teurer.

Wegen dieses Dilemmas fordern die alten Unternehmen der Energiewirtschaft, die wegen der Unterstützung der »Erneuerbaren« gerne Foul schreien, nun Geld vom Staat. Allerdings wären auch andere Lösungen denkbar. Zum einen ist fraglich, ob tatsächlich Gasgroßkraftwerke als Ergänzung für Sonne und Wind benötigt werden. Viele kleine Einheiten, deren Abwärme zugleich genutzt wird, würden diesen Zweck auch und vermutlich sogar besser erfüllen. Außerdem könnten die Gaskraftwerke ja auch einen Teil der Arbeit der mit Braunkohle betriebenen Anlagen übernehmen, aber das würde natürlich die Marktmacht von RWE und Vattenfall weiter untergraben. Und da sei Merkel vor.

Quelle: www.jungewelt.de vom 04.05.12

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 04. Mai 2012 um 11:02 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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