Wolfgang Huste Polit- Blog

Europa auf dem falschen Weg. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlichte am Dienstag ein Gespräch zwischen Sahra Wagenknecht (Die Linke) und dem US-Ökonomen Michael Hudson, der u.a. als Patenkind Leo Trotzkis und als »Kopf der Occupy-Bewegung« vorgestellt wurde. Ein Auszug:

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Wagenknecht: Ich finde die Lage sehr beängstigend, weil ich glaube, daß man in Europa auf dem völlig falschen Weg ist. Er führt nicht zur Rettung Europas, er hat ja schon nicht zur Rettung der Griechen geführt. Griechenland ist ärmer und kaputter als zu Beginn der vermeintlichen Hilfen. Es hat auch mehr Schulden als damals. All das sollte uns davon abhalten, diesen Weg weiterzugehen. Bald wird es heißen, die Rettungsmilliarden für die Griechen seien alle verbrannt. Doch das stimmt nicht. Das Geld ist nicht weg, es hat nur den Besitzer gewechselt. Aus dem Geld der Steuerzahler sind private Vermögen geworden. (…) Heute werden die Zinsen alter Schulden fast nur noch durch neue Schulden finanziert. Aber das verschärft das Problem immer weiter. Lange Zeit war es so, daß die Banken, dank deregulierter Finanzmärkte, das Schuldenwachstum finanziert und damit unverschämte Gewinne gemacht haben. 2008 war damit weitgehend Schluß. Seitdem werden die Schulden der Banken sozialisiert, das heißt, auf den Steuerzahler übertragen. Das im Zuge des vorangegangenen Finanzmarktbooms entstandene Vermögen wird dagegen in keiner Weise haftbar gemacht. So sind die Staatsschulden überall drastisch angestiegen, in einigen Ländern bis an die Grenze der Tragfähigkeit. Im Rahmen der Euro-Rettungsschirme werden jetzt die Schulden dieser Länder auf die noch solventen Staaten übertragen. (…) Aber selbst Deutschland hat inzwischen eine Schuldenquote von mehr als achtzig Prozent, und wenn die Milliardenbeträge, für die wir bereits heute haften, fällig werden, gehen wir stramm auf hundert Prozent zu. Das muß im Crash enden.

Hudson: Statt der Banken wird eine Ideologie gerettet, nämlich jene, daß all die Schulden irgendwann tatsächlich zurückgezahlt werden müssen. Doch das Problem kann auch ganz anders gelöst werden. (…) Schon einen Tag nach dem Schuldenschnitt könnten die Banken und die Versicherungen ihre wichtigen Funktionen wiederaufnehmen. Die Chefin der amerikanischen Einlagensicherung, Sheila Bair, hat das mal ausführlich erklärt. Sie hätte beispielsweise die Einlagen der sehr leichtsinnigen Citibank retten, die normalen Bankfunktionen bewahren und die problematischen Zweige der Bank schließen können. Verluste hätten nur die Zocker an der Spitze erlitten. (…) Man rettet in Wahrheit die Interessen des oberen Prozents. Wenn wir in der Logik der Sozialisierung von Schulden und Privatisierung von Gewinnen weitermachen, dann ist der Preis für die sogenannte Bankenrettung die Zerstörung der Gesellschaft.

Wagenknecht: (…) Wenn die Staaten derart am Gängelband der Finanzmärkte hängen, ist Demokratie gar nicht möglich. Und wir erleben ja in Europa aktuell eine brutale Politik gegen die Interessen der großen Mehrheit.

Hudson: Wir befinden uns in einer vorrevolutionären Situation. Eine Bewegung wie Occupy ist da sehr wichtig, weil sie eine ganz andere pädagogische Agenda betreibt und verbreitet. Viele Leute sind ja unzufrieden, sehen sich aber außerstande, neue Regeln zu entwerfen oder zu erfinden. Darum braucht man die Arbeit von Occupy, und zwar am besten dort, wo das Problem sitzt, an der Wall Street.

Quelle: www.jungewelt.de vom 01.08.12

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 01. August 2012 um 11:55 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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