Wolfgang Huste Polit- Blog

Vaterlandsverräter. Koalitionspolitiker kontra Riexinger. Von Werner Pirker

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Bernd Riexinger, Kovorsitzender der Partei Die Linke, hat sich als der personifizierte »innere Feind« zu erkennen gegeben. Weil er in Athen an der Demonstration gegen Merkels Spardiktat teilgenommen hatte, bezeichnete ihn der Schwarzwälder Bote als »vaterlandslosen Gesellen im Ausland«, der sich »vor den Karren griechischer Wirklichkeitsverweigerung und Selbstmitleids« habe spannen lassen. Es sei »beispiellos und empörend«, daß der Vorsitzende einer im Bundestag vertretenen Partei die »antideutschen Proteste in Athen als Bühne nutzt, um Politik gegen die Interessen des eigenen Landes zu machen«, ereiferte sich die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt. Als wäre Riexinger im schwarzen Block marschiert, warf ihm FDP-Generalsekretär Döring vor, gewalttätige Eskalationen billigend in Kauf genommen zu haben.

Ein auf dem neoliberalen Konsens beruhender nationaler Schulterschluß aller Bundestagsparteien wird im herrschenden Politikbetrieb offenbar als selbstverständlich vorausgesetzt. Deutsche Politiker, die das von der EU auf Merkels Geheiß über Griechenland verhängte Kürzungsdiktat ablehnen und sich mit der zum Aderlaß befohlenen griechischen Bevölkerung solidarisch erklären, handeln demnach gegen die Interessen des eigenen Landes. Das nennt man gemeinhin Landesverrat.

Bei allem Patriotismus werden die Eliten und meinungsführenden Medien in Deutschland nicht müde, »mehr Europa« zu fordern. Immer mehr nationale Kompetenzen sollen an Brüssel abgetreten werden. Deutschland wähnt sich als führende Kraft der europäischen Einigung und des nationalen Souveränitätsverzichts. Da hört sich das Gezeter über vaterlandslose Gesellen dann doch etwas anachronistisch an. Doch die beiden Haltungen – »Europagläubigkeit auf der einen, deutschnationale Borniertheit auf der anderen Seite« – schließen einander keineswegs aus. Mehr Europa heißt für das deutsche Kapital die Überwindung nationalstaatlicher Beschränkungen, die sich aus parlamentarischer Demokratie und Sozialstaatlichkeit ergeben. Mehr Europa bedeutet aber auch die Expansion deutscher politischer und ökonomischer Macht über die nationalen Grenzen hinaus. Zwei der drei Troika-Verantwortlichen in Athen sind Deutsche mit direktem Draht zum Kanzleramt. Die brachiale Umsetzung des Belastungspakets in Griechenland ist als Exempel für das neoliberale Durchregieren gedacht.

Der Linken-Vorsitzende hat seine Teilnahme an der Anti-Merkel-Demonstration mit der Verteidigung der Interessen deutscher Steuerzahler begründet. Es dürfte ihm dabei weniger um die Zurückweisung des primitiven Landesverratsvorwurfes gegangen sein als darum, den Zusammenhang von neoliberalen Zumutungen im eigenen Land und der nationalen Unterwerfung der Peripherie aufzuzeigen. Es gilt freilich auch von der Illusion Abschied zu nehmen, daß die hierarchische Konstruktion der EU demokratisch veränderbar wäre.

Quelle: www.jungewelt.de vom 11.10.12

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 11. Oktober 2012 um 18:12 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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