Ziviler Ungehorsam soll die bisherige Symbolpolitik ersetzen. Darüber waren sich die Teilnehmer der Aktivierungskonferenz des Bündnisses »Magdeburg nazifrei« am Samstag einig. Sie verabschiedeten eine Resolution, in der sie sich dafür aussprachen, Blockaden gegen den Neonaziaufmarsch am 12. oder 19. Januar in Magdeburg zu organisieren. »Friedliche Blockaden sind als Akt der freien Meinungsbekundung rechtlich zu schützen«, heißt es darin unter anderem. Das Bündnis beschloß außerdem, bundesweit für die Proteste zu mobilisieren.
Der jährliche rechte Aufmarsch in Magdeburg ist mittlerweile einer der größten im Land. Als Anlaß dient den Neofaschisten der Jahrestag des Bombenangriffs der Alliierten am 16. Januar 1945 auf Magdeburg. Sie gedenken dabei ausschließlich der »deutschen Opfer«, ohne die Verbrechen der Nazis im Zweiten Weltkrieg zu thematisieren. In den letzten Jahren wuchs die Zahl der Teilnehmer kontinuierlich bis zuletzt auf rund 1300 an. »Magdeburg nazifrei« befürchtet, Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt werde den Rechten künftig als Ersatz für Dresden dienen. Dort hatten Antifaschisten den jährlichen und bundesweit größten Aufmarsch bereits dreimal in Folge erfolgreich verhindert. »Die Nazidemo in Magdeburg ist bundesweit die einzige, die immer größer wird.« Das Bündnis vermutet, das liege zum einen an fehlendem Problembewußtsein in der Politik, die bisher ausschließlich an einer bunten »Meile der Demokratie«, fernab vom Geschehen, festhielt. Probleme bereite zudem die repressive Strategie, mit der die Polizei gegen Antifaschisten vorgehe, während sie die Neonazis abschirme. Grund zur Annahme, daß der Aufmarsch 2013 auf Rekordniveau anwächst, sei aber auch, daß der Magdeburger NPD-Funktionär Andy Knape jüngst zum Vorsitzenden der NPD-Jugendorganisation JN gewählt wurde. »Er ist einer der Anmelder des Januar-Aufmarsches, Leiter des Ordnungsdienstes der NPD und ein Zugpferd für die Mobilisierung nach Magdeburg«, informierte eine Bündnissprecherin.
Auf der Konferenz erfuhren die Teilnehmer Wissenswertes über die Strukturen der Neonaziszene in Sachsen-Anhalt und zum rechten Terrornetzwerk NSU. Informiert wurde auch über Rechtsgrundlagen und Möglichkeiten des zivilen Ungehorsams. Der Historiker Wolfgang Wippermann mahnte, es sei dringend notwendig, die derzeit gängige Politik der Ausgrenzung zu überwinden. Der Ehrenvorsitzende des Vereins »Miteinander«, Hans-Jochen Tschiche betonte, daß kontinuierliche antifaschistische Arbeit weiterhin enorm wichtig sei. »Mit den Neonazis marschiert der Untergang der Demokratie und Humanität. Diese Menschen haben Europa in Trümmern hinterlassen und in Blut ertränkt. Die heutigen Nazis sind nicht besser als ihre Großväter. Das darf man nie vergessen«, mahnte er. Blockaden hält Tschiche für ein geeignetes Mittel des Widerstands. Diese sollten, ergänzte Axel Roth vom Bündnis »Dresden nazifrei«, nicht nur gefordert, sondern selbst organisiert werden. »Das hat die Erfahrung aus Dresden gezeigt.«
»Magdburg nazifrei« wies weiterhin auf geplante Veranstaltungen zur Vorbereitung auf die Proteste hin. Am 27. und 28. November wollen der Linksjugendverband [’solid] und die Jugend- und Hochschulgruppe der Linken jeweils ab 12 Uhr ein Blockadetraining auf dem Campus der Otto-von-Guericke-Universität durchführen. Am 27. November wird es am Abend zusätzlich eine Infoveranstaltung unter dem Motto »Demo-ABC« geben. »Magdeburg nazifrei« lädt am 9. Dezember ab 10 Uhr zu einem Aktionstraining in das Eine-Welt-Haus Magdeburg ein.
www.magdeburg-nazifrei.com
Quelle. www.jungewelt.de vom 30.Oktober 2012
« Polizeischikanen gehen weiter – Autonomes Zentrum Köln: Vertrag wird gekündigt »
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