Ver.di-Chef Frank Bsirske hat die Bundestagsabgeordneten in einem Schreiben auf die Wichtigkeit der am Dienstag vor dem Bundesarbeitsgericht stattfindenden Verhandlung zum Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen hingewiesen. »Ein Gerichtsurteil historischen Ausmaßes steht bevor«, formuliert der Gewerkschaftsvorsitzende. Im Gegensatz zu anderen Staaten und selbst zum Vatikan würden die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten bei Diakonie und Caritas hierzulande nicht »in Tarifverträgen zwischen gleichberechtigten und voneinander unabhängigen Vertragsparteien (Arbeitgeber und Gewerkschaften)« festgeschrieben, sondern in kircheninternen Arbeitsrechtlichen Kommissionen. Die Beschäftigten könnten darin »nicht auf gleicher Augenhöhe mit einem Arbeitgeber verhandeln, sie sind strukturell unterlegen«.
Bsirske kritisiert in dem Brief, die kircheneigenen Regelungen hätten sich Mitte der 1990er Jahre vom Flächentarif des öffentlichen Dienstes abgekoppelt. Dies stellt er in Zusammenhang mit der zeitgleich erfolgten Änderung des Refinanzierungssystems: »Seit Mitte der 90er Jahre wurde der gesamte soziale Sektor nach und nach einem Wettbewerb unterworfen, der über den Konkurrenzdruck Preis- und Personalkostensenkungen bis heute nach sich zieht.« Als Folge dieser Politik werde »Arbeit in zunehmendem Maße auch in kirchlichen Wirtschaftsunternehmen entsichert und schlechter bezahlt«.
Immer mehr Beschäftigte bei Diakonie und Caritas seien »zutiefst unzufrieden« und hätten begonnen, sich mit ver.di für Tarifverträge einzusetzen. In einigen Fällen mit Erfolg: So habe die Gewerkschaft in der Diakonie »Himmelsthür«, im evangelischen Krankenhaus Oldenburg sowie in den Hamburger Krankenhäusern Diakonieklinikum und Albertinen Tarifverträge ausgehandelt. Bislang sind das wenige Ausnahmen, was auch daran liegt, daß die Kirchen ihren Beschäftigten das Streikrecht absprechen. Bsirske stellt klar: »Ver.di möchte Tarifverhandlungen, Streikrecht und Mitbestimmungsrechte auch für alle Beschäftigten von kirchlichen Einrichtungen erreichen.« Das sei nicht nur durch die Koalitionsfreiheit im Grundgesetz, sondern auch durch die Grundrechtecharta der Europäischen Union und die Europäische Menschenrechtskonvention gedeckt. (dab)
Quelle: www.jungewelt.de vom 19.11.12
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