Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU will nicht mehr die gesamte Partei Die Linke, sondern nur noch einzelne ihrer »extremistischen Zusammenschlüsse« durch den Verfassungsschutz bespitzeln lassen. Noch 2012 war bekanntgeworden, daß mindestens 27 Abgeordnete der Linksfraktion im Bundestag vom Geheimdienst überwacht wurden. Das soll nun ein Ende haben. Überwacht werden nach Friedrichs Weisung weiterhin die Kommunistische Plattform (KPF), das Marxistische Forum, die Antikapitalistische Linke, die Sozialistische Linke und die Arbeitsgemeinschaft Cuba Sí. Ein wirklicher Fortschritt ist das nicht, eher eine Täuschung der durch die Verwicklung des Verfassungsschutzes in den Nazisumpf beunruhigten Öffentlichkeit. Denn weiterhin werden wohl auch Bundestagsabgeordnete, die einer dieser Strömungen angehören, überwacht. Da letztere aber in der Mitte der Partei agieren, gerät zwangsläufig weiterhin die Gesamtpartei ins Fadenkreuz des Verfassungsschutzes.
Daß von den überwachten Strömungen und Arbeitsgemeinschaften eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ausgeht, glaubt wohl auch der Bundesinnenminister nicht. Bei der Bundesregierung sollte sich herumgesprochen haben, daß das Grundgesetz zwar keine besondere Wirtschaftsordnung vorschreibt, wohl aber die insbesondere von den nun als »extremistisch« gebrandmarkten Strömungen der Linken befürwortete Möglichkeit der Vergesellschaftung von Grund und Boden, Produktionsmitteln und Naturschätzen. Es enthält nicht nur den Schutz des Eigentums, sondern auch dessen gerade von der Linken immer wieder angemahnte Sozialpflichtigkeit. Antikapitalistische Forderungen mögen Besitzenden und Profiteuren der Krise unverschämt erscheinen, verfassungsfeindlich sind sie nicht. Marxistische Gesellschaftskritik ist durch die Meinungsfreiheit des Grundgesetzes gedeckt.
Das scheinbare Zurückrudern zielt auf etwas anderes. Friedrich und der Verfassungsschutz maßen sich an, bei den Auseinandersetzungen innerhalb der Linken Partei zu ergreifen. Wer den antikapitalistischen Gehalt des Erfurter Programms stärker betont, soll als »Extremist« gebrandmarkt und aus dem innerparteilichen wie gesellschaftlichen Diskurs ausgeschlossen werden. Das neoliberale Meinungskartell mit seinen Geheimdienstblockwarten läßt eine Linke nur soweit zu, wie sie sich selbst als abhängiger und wirkungsloser linker Flügel eines angeblich existenten linken Lagers aus SPD und Grünen begreift. Eine Linke mit einem eigenständigen antikapitalistischen und antimilitaristischen Programm, die eine klare Gegenposition zu allen neoliberalen Kriegsparteien einnimmt, soll dagegen außerhalb des vom Geheimdienst definierten Verfassungskonsenses gestellt werden. Friedrichs Spalte- und-Herrsche-Spielchen ist leicht durchschaubar und der Verfassungsschutz ein denkbar schlechter Politikberater für linke Politik.
www.jungewelt.de vom 25.01.13
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