Trotz mannigfaltiger Versuche von sächsischer Polizei, Justiz und etablierter Politik, die jährlichen antifaschistischen Proteste in Dresden zu behindern, rufen Neonazigegner für den 13. Februar erneut dazu auf, einen angekündigten »Trauermarsch« der Rechten zu verhindern. Diese wollen in diesem Jahr einen neuerlichen Versuch unternehmen, anläßlich des Jahrestages der Bombardierung Dresdens durch die Alliierten durch die Elbmetropole zu marschieren und die Luftangriffe für ihre Propaganda über einen angeblich gegen die Zivilbevölkerung gerichteten »Bombenholocaust« zu mißbrauchen. Offenbar wollen die Neofaschisten in diesem Jahr erst in den Abendstunden in der sächsischen Landeshauptstadt in Erscheinung treten. Im Internet rufen sie ihre Anhänger zur Anreise bis 18 Uhr auf. Auch die NPD kündigt im Internet ihre Teilnahme an.
Der unter anderem von der extrem rechten »Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland« (JLO) organisierte Aufmarsch war bis zum Jahr 2009 die größte Demonstration der Neofaschisten in ganz Europa. 2010 gelang es Antifaschisten, den Aufzug durch eine bundesweite Mobilisierung zu Massenblockaden erstmalig zu verhindern. Auch 2011 und 2012 nahmen Tausende Nazigegner auf den Dresdner Straßen Platz und verhinderten sämtliche Aufmarschversuche.
Während sich immer mehr Organisationen dem bundesweiten Bündnis »Dresden nazifrei!« anschlossen, welches von radikalen Linken bis hin zur SPD Unterstützung findet, versuchten Polizei und Justiz, mit allen erdenklichen Methoden die antifaschistische Massenbewegung zu stoppen. So wurden etwa Abgeordnete wie André Hahn, früherer Fraktionschef der Linkspartei im sächsischen Landtag, wegen ihrer Beteiligung an den Protesten vor Gericht gezerrt. Erst vor wenigen Wochen verurteilte das Amtsgericht Dresden den Berliner Antifaschisten Tim H. sogar wegen »Rädelsführerschaft bei besonders schwerem Landfriedensbruch« zu einer Haftstrafe von insgesamt 22 Monaten ohne Bewährung. Er soll bei den Protesten 2011 angeblich per Megaphon dazu aufgerufen haben, Polizeiketten zu »durchfließen«. Beweise gibt es keine. Indes ist der sächsischen Justiz das Skandalurteil noch immer nicht hoch genug. So ging nicht nur die Verteidigung, sondern auch die Staatsanwaltschaft dagegen in Berufung. Sie will den 36jährigen bis dato strafrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Berliner Familienvater für einen noch längeren Zeitraum hinter Gittern sehen (jW berichtete).
»Diese Kriminalisierung erwächst aus der Extremismusdoktrin, welche antifaschistisches Engagement mit Naziaktivitäten gleichsetzt. Diese Ideologie ist umso skandalöser vor dem Hintergrund des Versagens des sogenannten Verfassungsschutzes und weiterer staatlicher Institutionen«, kommentiert das Bündnis »Dresden nazifrei!« die staatliche Repressionsstrategie in ihrem diesjährigen Aufruf.
Unterdessen ist es den sächsischen Behörden trotz ihrer offensiven Kriminalisierungsstrategie gegen die politische Linke bisher nicht gelungen, diese von antifaschistischen Protesten abzuhalten. So kündigte etwa der sächsische Linken-Politiker Klaus Bartl, der ebenfalls wegen der Beteiligung an den Massenblockaden vor Gericht stand, am Dienstag im Gespräch mit junge Welt an, sich auch in diesem Jahr »selbstverständlich wieder an den antifaschistischen Protesten beteiligen« zu wollen.
Aus Solidarität mit Tim H. veranstalten Berliner Antifagruppen am 11. Februar eine »Solidaritätsgala« mit »Easy Skanking Sound« und Holger Burner im Festsaal Kreuzberg (20 Uhr, Skalitzer Str. 130). Zuvor wollen die Aktivisten (ab 19 Uhr) dort über den aktuellen Stand der Repression und der in diesem Jahr geplanten Proteste informieren.
sachsendrehtfreistaat.blogsport.de und www.dresden-nazifrei.com
Quelle: www.jungewelt.de vom 06.02.13
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