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Tiefbrauner Vorwand. Hetzschrift unter falschem Namen: Offensichtliche Neonaziprovokation führte in München zu Hausdurchsuchung bei bekanntem linken Aktivisten. Von Claudia Wangerin

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Walter Listl ist in München als langjähriger Aktivist und Sprecher des Bündnisses gegen Krieg und Rassismus sowie als Bezirkssprecher der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) bekannt. Zuletzt zitierten ihn Medien als Kundgebungsredner bei den Protesten der Friedensbewegung gegen die Münchner »Sicherheitskonferenz«. Das von der CSU-dominierten Staatsregierung betriebene Portal »Bayern gegen Linksextremismus« nennt ihn namentlich als »maßgeblichen Aktivisten« des Bündnisses, in dem »neben demokratischen auch linksextremistische Parteien und Gruppierungen« vertreten seien. Dennoch kam es weder der Staatsanwaltschaft München I noch dem zuständigen Ermittlungsrichter des Amtsgerichts unlogisch vor, daß ausgerechnet in Listls Namen ein Neonazipamphlet verschickt wurde. In Maschinenschrift hatten der oder die unbekannten Verfasser »Millionen Asylbetrüger, Zigeuner und Juden« sowie einen »linksvertrottelten Polit- und Medienmob« gegeißelt. Wegen des Elaborats mit der Überschrift »Hallo multikulturellbereicherte Kanaken- und Judenbüttel« wurde gegen Listl ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet, das am Donnerstag zu einer Hausdurchsuchung führte.

Die Beamten suchten nach einer nicht vorhandenen Schreibmaschine, beschlagnahmten dann aber Listls Terminkalender mit Telefonverzeichnis. Der Betroffene äußerte am Freitag gegenüber junge Welt den Verdacht, die Hetzschrift sei nur ein willkommener Vorwand für die Durchsuchungsaktion gewesen, da über seine Aktivitäten in antifaschistischen und antirassistischen Zusammenhängen genug Erkenntnisse bei Justiz und Polizei vorlägen. Es handle sich ganz offensichtlich um eine Provokation von Neonazis. »Man kann davon ausgehen, daß dies auch der Ermittlungsrichter erkennen mußte«, so Listl in einer Beschwerde an das Amtsgericht. Mit der Polizeiaktion gegen ihn sei für die Rechtsextremen bereits ein Teilerfolg zu verbuchen.

Briefe gleichen antisemitischen Inhalts wurden auch mit dem Absender des 87jährigen Münchner Antifaschisten und KZ-Überlebenden Martin Löwenberg verschickt, der in seiner Jugend während des Hitlerfaschismus nach den Nürnberger Gesetzen selbst als »jüdischer Mischling ersten Grades« eingestuft war. Sowohl Listl als auch Löwenberg standen mehrfach als Verantwortliche im Sinne des Presserechts mit vollem Namen und Adressen auf antifaschistischen Flugblättern. Auch der Name der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e.V. (a.i.d.a.) wurde für den Versand von Hetzschriften mißbraucht, ebenso die Personalie eines für a.i.d.a. tätigen Journalisten. Mitarbeiter der Archivstelle wollen nun Anzeige gegen Unbekannt erstatten. Zu Hausdurchsuchungen kam es bei ihnen und Martin Löwenberg in diesem Zusammenhang nicht. Zur Durchsuchung bei Listl aufgrund der Hetzschrift, die »legitime Notwehr gegen diesen zunehmenden Kanaken- und Judenstaat« propagiert, erklärte am Freitag das Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus: »Kein auch nur mit etwas Vernunft ausgestatteter Mensch käme auf die Idee, daß dieses Nazipamphlet von einem der angegebenen Absender stammen könnte.« Bündnissprecher Claus Schreer warf Polizei, Staatsanwaltschaft und Ermittlungsrichter vor, »Nazis als Hilfstruppe für ihre eigenen Zwecke« zu nutzen – »für ihre Repressionsmaßnahmen gegen Linke und Antifaschisten«.

Quelle: www.jungewelt.de vom 09.02.13

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 09. Februar 2013 um 11:18 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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