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Braune Bande im Revier. Wer gab dem »Nationalsozialistischen Untergrund« die Opfer vor? SMS-Protokolle eines mutmaßlichen Terrorhelfers und Polizeispitzels könnten Antworten geben. Von Sebastian Carlens

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Die Abgeordneten des deutschen Bundestages müssen wohl außerplanmäßig tagen. Anfang September soll das Parlament zu einer Sondersitzung zusammenkommen, berichtete die Nachrichtenagentur AFP am Freitag. Beraten werden soll über den Haushalt 2014 – aber nicht nur: Auch der Untersuchungsausschuß zum »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) bekäme durch den Extratermin die Gelegenheit, seinen Abschlußbericht später vorzulegen. Bislang hinterläßt jede Sitzung des Gremiums mehr Fragen, als sie Antworten geben kann. Nun könnten weitere Zeugen vorgeladen werden.

Die Anklageschrift der Generalbundesanwaltschaft (GBA), die der jungen Welt vorliegt, kann nicht erklären, wie die NSU-Terroristen, die mutmaßlich zehn Menschen erschossen haben sollen, auf ihre jeweiligen Opfer stießen. Doch in allen Orten, in denen der NSU Migranten ermordet haben soll, existieren neofaschistische Strukturen. Auch in Dortmund, wo am 4. April 2006 der Kioskbetreiber Mehmet Kubasik regelrecht hingerichtet wurde: Hier treibt seit Jahren ein »Nationaler Widerstand« sein Unwesen, der sich nach einem Verbot jüngst als Partei »Die Rechte« reorganisierte. Und auch der NSU könnte gute Beziehungen ins Revier gepflegt haben. Laut einem Bericht der WAZ vom Donnerstag legen Handyprotokolle des als Terrorhelfer beschuldigten Thomas Starke nahe, daß dieser Anschlagsziele im Ruhrpott vorgeschlagen haben könnte. »Bin gestern nachmittag mal hier ein Stück gelaufen«, soll Starke, der zeitweise im Großraum Dortmund gearbeitet hat, einem Chemnitzer Kontaktmann per SMS mitgeteilt haben. »Nur Türken, da fällt dir nichts mehr ein.« Die Antwort ließ nicht auf sich warten: »Isses so schlimm mit den Kanaken? Da weiß man ja, wo nächstes Mal aufgeräumt werden muß.«

Starke, dem gute Kontakte zum neofaschistischen Netzwerk »Blood and Honour«, das wiederum auch im Ruhrpott aktiv sein soll, nachgesagt werden, gehörte zu den NSU-Helfern der ersten Stunde: Er besorgte 1998 die erste konspirative Wohnung und beschaffte mehrere Kilo des Sprengstoffes TNT – gegenüber der GBA ist er geständig. Im Jahr 2000 war Starke vom Berliner Landeskriminalamt (LKA) als »Vertrauensperson 562« angeworben worden. Was er in über zehn Jahren Spitzeltätigkeit berichtete, könnte allerdings für immer ungeklärt bleiben: So soll er dem LKA bereits im Jahr 2002 Erkenntnisse zum Verbleib der NSU-Mitglieder mitgeteilt haben, doch sein V-Mann-Führer hatte die Dokumente auf einem Laptop abgespeichert, der angeblich »wegen Korruptionsverdachts« beschlagnahmt wurde. Andere Akten wanderten in den Schredder.

Der Kiosk von Mehmet Kubasik lag zwischen zwei bekannten Neonazitreffpunkten in der Dortmunder Nordstadt. Laut WAZ-Recherchen soll eine Zeugin nach dem Mord zwei Männer auf Fahrrädern beobachtet haben, von denen einer wie ein »Junkie bzw. Nazi« ausgesehen habe. Die Polizei soll diesen Hinweis unter den Teppich gekehrt haben: So sei zunächst von einem »deutschen Junkie« als möglichem Täter die Rede gewesen sein. Ermittelt wurde allerdings vorrangig gegen Ausländer. Eine von der WAZ zitierte »Quelle aus dem Verfassungsschutz« soll angegeben haben, daß der Mord ein Fanal für die Dortmunder braunen »Kameraden« gewesen sei; ein Aufruf, weitere Migranten zu töten. Wurde den Killern ihr Opfer direkt von einem LKA-Spitzel, dessen Kommunikation zudem anscheinend lückenlos überwacht wurde, vorgegeben?

Quelle: www.jungewelt.de vom 16.02.13

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 16. Februar 2013 um 11:19 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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