Wolfgang Huste Polit- Blog

»Es gibt keine gemäßigten Rebellen mehr«. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschien in der Freitagausgabe ein Gastbeitrag von Jürgen Todenhöfer. Der Autor, von 1972 bis 1990 MdB der CDU, veröffentlichte 2011 das Buch »Feindbild Islam. Zehn Thesen gegen den Haß«. In dem FAZ-Artikel »Es gibt keine gemäßigten Rebellen mehr« schildert er Eindrücke von Begegnungen in der vom Krieg gezeichneten syrischen Hauptstadt Damaskus:

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(…) Zweimal spreche ich mit dem syrischen Präsidenten Assad. Er wohnt mit seiner Familie nicht in einem der Staatspaläste, sondern mitten in der Stadt, in der umgebauten früheren deutschen Botschaft. Er wirkt noch schmaler als früher. Und härter. Ich frage nach seinen Zielen. Er nennt »die Befreiung Syriens von Al-Qaida« und die »Wiederherstellung einer säkularen Gesellschaft, in der alle Religionen einen Platz haben«. Muslime, Christen, alle. Für einen fairen Frieden sei er zu tiefgreifenden Zugeständnissen bereit. Doch wer wolle schon Frieden in Syrien? Er werde das Land nicht dem Chaos überlassen. Deshalb werde er bei der Präsidentschaftswahl 2014 wieder kandidieren. Und weiter kämpfen. (…)

Es ist meine sechste Syrien-Reise seit Beginn der Unruhen. Ich habe lange mit Vertretern der Opposition gesprochen und Stunden mit dem syrischen Präsidenten. Was als legitimer demokratischer Aufstand eines Teils der Bevölkerung begann, ist zu einer Mischung aus fanatischem Religionskrieg und antiiranischem Stellvertreterkrieg entartet. Beide Seiten haben jedes Maß verloren. Auch die Rebellen. Selbst die UN werfen der einst gemäßigten FSA Folter, Mord und Vergewaltigung vor. Salem schilderte mir seelenruhig, wie er und seine Kampfgefährten »Verräter« und Soldaten folterten und dann hinrichteten: »Wir machen es wie die andere Seite.«

Die schweigende Mehrheit Syriens verfolgt diesen Krieg mit fassungslosem Entsetzen. Ich frage einen Arzt, der irgendwo zwischen den Fronten steht, nach der Rolle Assads :» Er hat vor allem am Anfang Fehler gemacht. Aber er ist nicht Stalin, eher Putin«, antwortet er.

Saudi-Arabien und Katar ziehen im Hintergrund die Fäden. Sie haben Al-Qaida zu einem phänomenalen Siegeszug verholfen. Ich habe Al-Qaida in Afghanistan, Pakistan und im Irak erlebt. Gegenüber Al-Nusra waren das Zwergorganisationen. Zum Riesen wurde Al-Qaida in Syrien. Mit jedem Kriegstag wird Al-Qaida mächtiger, attraktiver, ja sogar respektierter. Die Sender Al-Dschasira und Al-Arabija berichten täglich von ihren »Heldentaten«. Peter Bergen, ein anerkannter amerikanischer Fachmann, nennt Al-Nusra die »effektivste und disziplinierteste« Kampftruppe gegen Assad. Fähig, eines Tages auch »den Westen anzugreifen«.

Die von Washington abgenickten saudisch-katarischen Geld- und Waffenlieferungen sowie die westliche Unterstützung für die Rebellen heizen den Syrienkrieg weiter an. Sie wirken wie ein Marschallplan für Al-Qaida. De facto betreiben die amerikanischen Zauberlehrlinge das Geschäft Al-Qaidas. Zwar setzen sie offiziell noch immer auf »gemäßigte Rebellen«. Doch die gibt es nicht mehr. Selten war die amerikanische Politik im Nahen und Mittleren Osten kurzsichtiger und gefährlicher.

Quelle: www.jungewelt.de vom 04.05.13

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 04. Mai 2013 um 09:26 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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