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Strom könnte günstig sein. Greenpeace-Studie: Sinkende Preise am Markt. Betreiber geben Effekt nicht weiter. Verzerrungen bei EEG-Umlage treiben Kosten für Privatverbraucher und Kleinunternehmer. Von Wolfgang Pomrehn

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Eine Anfang der Woche veröffentlichte Untersuchung des Öko-Instituts weist einmal mehr auf die sinkenden Preise an der Leipziger Strombörse hin. Das große Angebot an Solar- und Windstrom führt dort dazu, daß sich Großabnehmer inzwischen so günstig wie sehr lange nicht mehr mit elektrischer Energie eindecken können. In den zurückliegenden Monaten bewegte sich der Preis für Grundlaststrom oft unter vier Cent pro Kilowattstunde. Private Verbraucher bezahlen hingegen etwas über 28 Cent.

Die Autoren der im Auftrag von Greenpeace erstellten Studie gehen davon aus, daß der Börsenpreis sich in den nächsten Jahren dauerhaft auf diesem Niveau bewegen wird. Angesichts des weiter kräftigen Ausbaus der erneuerbaren Energieträger ist das naheliegend. Allein im ersten Halbjahr 2013 wurden Solaranlagen mit einer Leistung von rund 1,8 Gigawatt (GW) und Windkraftanlagen mit einer Leistung von einem GW installiert. Damit läßt sich ein halbes der größeren AKW ersetzen. Besonders in den Mittagsstunden führt das große Angebot von Sonnenstrom inzwischen an vielen Tagen dazu, daß die teuren Spitzenlastkraftwerke kalt bleiben. Ergebnis: Auch der durchschnittliche Preis für Spitzenlaststrom, also Energie, die zu den Zeiten des höchsten Verbrauchs abgerufen wird, geht drastisch zurück.

Da liegt die von Greenpeace erhobene Forderung nahe, daß die Versorgungsunternehmen diese Niedrigpreise auch an die Kunden weitergeben. Doch davon kann bei rund 28 Cent bisher keine Rede sein. Bei einem durchschnittlichen Haushaltsverbrauch von etwa 3800 Kilowattstunden im Jahr macht das immerhin rund 1070 Euro, wobei die Grundgebühr noch nicht mitgerechnet ist. Die Stromrechnung ist damit für viele Rentner, Arbeitslose und Geringverdiener inzwischen eine gewaltige Belastung.

Umweltminister Peter Altmaier (CDU) meint, den Schuldigen dafür gefunden zu haben – die Energiewende. Bereits im Frühjahr hat er angekündigt, den Strompreis zum Wahlkampfthema machen zu wollen. Die Boulevard-Presse assistierte ihm dabei letzte Woche wieder einmal, indem das Schreckgespenst weiter steigender Preise aufgrund einer weiteren Anhebung der Umlage für Sonne, Wind&Co. an die Wand gemalt wurde. Auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde würde diese sogenannte EEG-Umlage im nächsten Jahr steigen, drohte am Freitag Springers Bild. Das Blatt berief sich auf Informanten in der Bundesnetzagentur.

Auch das Öko-Institut geht von einer weiteren Steigerung aus, und zwar von derzeit 5,3 auf etwa 6,3 Cent pro Kilowattstunde. Allerdings weist sie darauf hin, daß die Summe aus Börsenstrompreis und Umlage leicht zurückgeht. Würden die Versorger, die sich zum Teil ja in Leipzig eindecken, diesen Effekt an ihre Kunden weitergeben, müßte der Strompreis in den nächsten Jahren sinken.

Greenpeace weist bei der Gelegenheit erneut darauf hin, daß die mit der Stromrechnung bezahlte EEG-Umlage auch deshalb so hoch ist, weil die Kosten der Energiewende einseitig den Privathaushalten und Gewerbetreibenden aufgehalst werden. 1691 Unternehmen würden sich derzeit im Umfang von vier Milliarden Euro der Umlage entziehen. Würden die Ausnahmen auf jene Unternehmen beschränkt, die durch hohe Energiekosten im internationalen Wettbewerb Probleme haben könnten, würde dies die privaten Stromkunden um 1,6 Cent pro Kilowattstunde entlasten.

Greenpeace fordert außerdem, daß die Stromsteuer reformiert wird, die bisher unter anderem der Subvention des Steinkohlebergbaus dient. Würde diese künftig nicht mehr auf Wind- und Sonnenstrom erhoben, könnte die durchschnittliche Kilowattstunde noch einmal um bis zu 0,8 Cent billiger werden. Macht zusammen 2,4 Cent und für den oben gewählten Durchschnittshaushalt eine Ersparnis von gut 90 Euro im Jahr.

Derweil droht Ungemach für den Strompreis auch von anderer Seite. Eine kürzlich veröffentliche Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich verweist darauf, daß die weltweiten Uranvorräte langsam zur Neige gehen. 2015 würde vermutlich der Höhepunkt der Förderung erreicht. Das Problem: Die 434 derzeit weltweit noch betriebenen Atomkraftwerke, von denen 48 japanische seit 2011 stillstehen, verbrauchen seit Anfang der 1990er ohnehin schon mehr Uran, als gefördert wird. Nur die Tatsache, daß Rußland die USA bisher im erheblichen Umfang aus ihren Reserven und mit alten Nuklearsprengköpfen beliefert, macht das möglich. Entsprechende Verträge laufen jedoch zum Ende des Jahres aus.

Danach könnte es auf dem Weltmarkt eng werden, falls nicht Washington und Moskau ihre militärischen Bestände anbieten. Zur Zeit sind etwa zehn Prozent des Verbrauchs nicht durch die laufende Förderung gedeckt, dieser Anteil wird nach 2015 rasch auf rund 20 Prozent anwachsen.

In Deutschland laufen noch immer acht Atomkraftwerke, die 2012 16 Prozent der Bruttostromerzeugung geliefert haben. Netto ist ihr Anteil um einige Prozentpunkte geringer, denn die Anlagen sind selbst große Stromverbraucher. Die meisten der verbliebenen Meiler sollen nach den 2011 beschlossenen sogenannten Ausstiegsgesetzen noch bis 2021 beziehungsweise 2022 weiterlaufen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 03.07.13
Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 03. Juli 2013 um 18:11 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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