Lazaros ist einer von 2200 Wachleuten an griechischen Schulen, denen über Nacht gekündigt wurde. »Am Freitag war ich noch arbeiten, am Samstag arbeitslos«, sagte er gegenüber jW. 15 Jahre hat er Schüler an staatlichen Schulen vor Drogenhändlern, Vandalismus oder auch den Angriffen von Mitschülern beschützt. »Ohne Wächter geht es nicht«, meint Lazaros, der überzeugt ist, daß sein Job in Kürze vom schlecht bezahlten Angestellten einer privaten Sicherheitsfirma übernommen werden wird, deren Inhaber sich die Dienstleistung vom Staat teuer bezahlen läßt.
Gegen die Entlassung Tausender öffentlich Angestellter, gegen die Auslagerung staatlicher Aufgaben an Privatunternehmen setzten sich viele Menschen am Dienstag in Griechenland mit einem neuen Generalstreik zur Wehr. Die Teilnahme an den Demonstrationen am Mittag blieb dabei hinter den Erwartungen der aufrufenden Gewerkschaftsdachverbände GSEE (private Wirtschaft) und ADEDY (öffentlicher Dienst) zurück. Trotzdem zogen allein in der Hauptstadt zum wiederholten Mal Tausende in zwei getrennten Demonstrationen vor das griechische Parlament. Zusammen mit ihren zwar streikenden, den Protest jedoch nicht auf die Straße tragenden Kolleginnen und Kollegen legten die Gewerkschafter dabei bereits zum dritten Mal in diesem Jahr das öffentliche Leben des Landes weitgehend still. Schulen, Behörden, viele Bankfilialen und andere staatliche Einrichtungen blieben geschlossen, in den Krankenhäusern wurden nur Notfälle versorgt. Während die Nahverkehrsmittel in den großen Städten arbeiteten, um die Streikenden zu den Kundgebungen zu bringen, traten ihre Kollegen bei der griechischen Bahn in den Ausstand. Auch die Schiffe blieben im Hafen, da die Hafenarbeiter für ihre immer noch dienstverpflichteten und damit einem Streikverbot unterliegenden Kollegen auf den Fähren in die Bresche sprangen. Die Fluglotsen legten über die Mittagsstunden ebenfalls die Arbeit nieder, was zu Ausfällen und Verspätungen von Flügen führte.
Der gestrige Generalstreik war Bestandteil einer mehrtägigen Kampagne gegen die Verabschiedung der Konkretisierungsbestimmungen für die Entlassung von 15000 öffentlich Angestellten bis Ende 2014 und die Verschiebung weiterer Zehntausender in eine maximal achtmonatige »Warteschleife«. Wer nach Ablauf der Frist nicht anderweitig vom Staat übernommen wird, landet danach ebenfalls auf der Straße. Opfer dieser neuen Runde in der von einheimischer Regierung und ausländischen Gläubigern ausgearbeiteten Kahlschlagspolitik waren nach den im Juni auf einen Schlag entlassenen etwa 2700 Angestellten der öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehanstalt ERT am vergangenen Wochenende alle 2200 Wachmänner an den Schulen, die 3500 direkt den Gemeinden unterstehenden Polizisten und etwa 2400 Lehrer geworden. Ihre Stellen hatte man noch vor der Abstimmung über die Gesetzesvorlage gestrichen.
Bereits seit dem vergangenen Wochenende sind vielerorts die Gemeindearbeiter im Ausstand, die teilweise auch die Rathäuser besetzt haben. Auch der Termin für die nächste große Protestdemonstration steht schon fest – der morgige Donnerstag. Anlaß ist der Besuch eines der Hauptverantwortlichen für die in Griechenland umgesetzte menschenverachtende Austeritätspolitik, des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble in Athen.
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