Der Fall des seit sieben Jahren in der Psychiatrie weggesperrten Gustl Mollath soll nicht neu aufgerollt werden. Das Landgericht Regensburg hat am Mittwoch die Wiederaufnahmeanträge der Staatsanwaltschaft und seines Anwalts Gerhard Strate abgewiesen. Man könne in beiden Gesuchen keinen zulässigen Wiederaufnahmegrund erkennen, teilte das Gericht am Mittwoch mit. Der 56jährige Nürnberger sitzt seit 2006 in der geschlossenen Anstalt in Bayreuth ein, weil er seine Exfrau mißhandelt, Autoreifen zerstochen und ein »paranoides Wahnsystem« im Zusammenhang mit mutmaßlichen Schwarzgeldgeschäften seiner Exgattin und ihrer Bankerkollegen zusammengesponnen haben soll. Mollath-Anwalt Strate kündigte gestern gegenüber junge Welt an, gegen den Entscheid vorzugehen.
Das Gesetz erlaube nur in engen Grenzen die Wiederaufnahme eines rechtskräftigen Urteils, heißt es in der Begründung des Landgerichts. »Nicht ausreichend ist, wenn im Rahmen eines Urteilsverfahrens Fehler gemacht werden oder ein Urteil Sorgfaltsmängel erkennen läßt.« Dabei wird eingeräumt, daß es im Strafverfahren gegen den Untergebrachten zu »Verfahrensfehlern« gekommen ist. Da jedoch keine strafbare und strafrechtlich verfolgte Verletzung der Amtspflicht zu beklagen sei, könne es auch keinen neuen Prozeß geben.
Wie jW berichtete, hatte der Regensburger Oberstaatsanwalt, Wolfhard Meindl, in einer ersten Fassung seines Wiederaufnahmeantrags gleich fünf mögliche Akte von Rechtsbeugung durch Exrichter Otto Brixner, der die Zwangseinweisung seinerzeit veranlaßte, aufgeführt. In dem schließlich eingereichten Gesuch fand sich keiner der Vorwürfe wieder. Auch sonst ist Brixner fein raus. Selbst bei »Erweislichkeit einer Amtspflichtverletzung« könne eine nachträgliche Verurteilung »mittlerweile wegen eingetretener Verjährung auch nicht mehr erfolgen«, so das Landgericht.
Mollath sieht sich als Opfer eines Komplotts. Ein interner Revisionsbericht der Hypo-Vereinsbank (HVB) stützt in weiten Teilen seine Darstellung, wonach Petra Mollath jahrelang illegal Gelder ihrer Kunden am deutschen Fiskus vorbei außer Landes geschafft hat. Für das Landgericht ist der Rapport indes nicht geeignet, den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth aus dem Jahr 2006 zu erschüttern, »da es im Urteil bei der Überprüfung der Schuldfähigkeit von Herrn Mollath explizit für möglich gehalten wird, daß es Schwarzgeldverschiebungen von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat«.
Diese Darstellung erscheint rückblickend einigermaßen zynisch, schließlich hatte sich damals weder die Staatsanwaltschaft noch die Steuerfahndung für Mollaths Anschuldigungen interessiert. Vielmehr waren es eben diese »Phantastereien«, die Brixner bei Mollath »Wahnhaftigkeit« diagnostizieren ließen und den entscheidenden Grund für dessen Zwangspsychiatrisierung lieferten. Fast drollig erscheint heute das Gebaren von Justizministerin Beate Merk (CSU), die seit einigen Wochen medienwirksam für Mollaths Schonung plädiert. Sie werde umgehend Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts einlegen, tat sie gestern kund.
Das will auch Mollaths Anwalt Strate. Ihn überrasche der Beschluß gar nicht, befand er im jW-Gespräch. Das Landgericht habe »über Monate das ganze Repertoire juristischer Finessen ausgeschöpft, um die eigentlich unzweifelhaften Wiederaufnahmegründe abzuschmettern«. An Strates Zuversicht ändert das nichts: »Wir werden ihn schon bald rauskriegen.« Zur Not gehe man bis vors Bundesverfassungsgericht.
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