Wolfgang Huste Polit- Blog

»Wir haben den Ablauf effektiv gestört«. Rund 750 Demonstranten haben am Sonntag den Fliegerhorst Büchel in der Südpfalz blockiert. Ein Gespräch mit Berthold Keunecke

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Rund 750 Friedensaktivisten haben am Sonntag den in der Südeifel gelegenen Fliegerhorst Büchel blockiert, wo die letzten in Deutschland verbliebenen Atombomben der USA stationiert sind – rund 200 haben die Nacht zum Montag sogar dort übernachtet. Wie war die Stimmung?

Hervorragend! Es waren sehr verschiedene Menschen dabei: Unter anderem Frauenrechtlerinnen, religiöse Leute, Motorradfahrer – und eben wir, die »Lebenslaute«, die mit ihrer klassischen Musik sehr bürgerlich ist. Für jede Aktion formieren wir uns neu, zuvor trainieren wir und teilen uns in Bezugsgruppen auf, üben drei oder vier Tage lang, was wir aufführen wollen. Jeder, der teilnimmt, wird an jeder einzelnen Entscheidung nach dem Konsensprinzip beteiligt. Letztlich kann ja auch jeder juristisch dafür in Haftung genommen werden. Wir sind ein offenes Netzwerk, diesmal waren 60 Leute von uns dabei. Im vergangenen Jahr haben wir den Rüstungskonzern Heckler & Koch mit 100 Leuten abgeriegelt, um gegen dessen Rüstungsexporte zu demonstrieren. Im Juni haben wir dann das Innenministerium in Berlin blockiert, um Rechte von Flüchtlingen einzufordern.Wie sind die Proteste verlaufen?

Unser Ziel haben wir erreicht, den Betriebsablauf auf dem Fliegerhorst effektiv zu stören. Wir – alle Demonstranten zusammen! – haben insgesamt acht Tore besetzt. Über 18 Stunden lang konnten keine Autos in den Fliegerhorst fahren. Das Gute ist: Eine Musikblockade wird von der Polizei nicht so einfach beiseite geräumt. Wir verbreiten eine gute, friedliche Stimmung mit klassischer Musik. Unsere Instrumente machen im Grunde keine Angst – nur insofern, daß die Polizei einsehen muß, vorsichtig damit umzugehen, weil sie teuer sind. Unsere Musik schützt uns.Wie war die Reaktion auf die Blockade?

Vor dem Tor, für dessen Blockade wir zuständig waren, haben wir uns mit Absicht so hingesetzt, daß die Soldaten im ersten Fahrzeug, das sich näherte, sofort sahen: Kein Durchkommen mehr! Eine halbe Stunde später kamen zwei Wachleute zu Fuß, die ebenfalls umkehren mußten. Sie sind zwar woanders offenbar reinkommen; es ist nicht gelungen, den Fliegerhorst zu hundert Prozent dicht zu machen. Am nächsten Morgen, Schichtwechsel: Vier Busse mit Bundeswehrsoldaten kamen – mußten aber woanders durch einen Fußgängereingang. Wir haben uns dann aufgeteilt, um besser blockieren zu können.Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag 2009 den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland vereinbart. Im März 2010 hat sie der Bundestag fraktionsübergreifend aufgefordert, sich dafür einzusetzen …

Es ist ein Erfolg der Bewegung, daß jetzt alle Parteien sagen, sie wollten keine Atomwaffen mehr. Reden ist aber eine Sache, Handeln die andere: In ihren Beschluß haben sie einen Haken eingebaut: Das müsse aber im Konsens mit der NATO stattfinden – daß die das nicht abnicken würde, war den rechten Parteien klar. So war es auch. Die USA bleiben dabei, die Waffen modernisieren zu wollen. Deshalb fühlen wir uns herausgefordert, den Protest auf eine neue Ebene zu heben und ihn zu eskalieren.Wie wollen Sie sich weiterhin Nachdruck verschaffen?

Wir haben für die Aktion bewußt einen Zeitpunkt vor den Bundestagswahlen gewählt. Insofern hoffen wir, daß die nächste Bundesregierung unsere Einschätzung umsetzt, daß Atomwaffen ein Verbrechen sind. Wir wollen, daß sie der US-Regierung sagt: »Es tut uns leid, das geht bei uns nicht mehr. Es gibt einen Atomwaffensperrvertrag und der politische Wille in der Bundesrepublik läßt das nicht mehr zu.«Waren auch Politiker bei den Protesten dabei?

Ich habe gehört, daß Claudia Roth von Bündnis 90/Die Grünen sowie Inge Höger von den Linken da waren. Letztere ist schon lange als Antikriegspolitikerin in Erscheinung getreten. Die Linke, für die sie im Bundestag sitzt, ist die einzige Partei, die die Kriegseinsätze nicht mitgetragen hat. Wir warten jetzt auf Taten, sonst wird es weitere Aktionen geben.

Quelle: www.jungewelt.de vom 13.08.13
Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 13. August 2013 um 10:55 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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