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Stromriesen am Jammern.RWE und E.on beklagen Gewinnrückgänge und attackieren Energiewende. Dennoch läuft das Geschäft nicht schlecht, auch dank Staatshilfe.Von Wolfgang Pomrehn

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Der deutsche Energie-Multi RWE beklagt sich über einen Rückgang seines Nettogewinns im ersten Halbjahr 2013 um fast 40 Prozent. Nur rund eine Milliarde Euro blieb unterm Strich. Eigentlich auch kein allzu schlechtes Ergebnis in einer Zeit, in der nicht nur wegen der Umstellung auf erneuerbare Energieträger, sondern auch wegen des Alters des Kraftwerkparks in der Branche viel investiert werden muß. Wer jedoch bei bestenfalls minimalem Wirtschaftswachstum zweistellige Renditen erwartet, muß von einem solchen Ergebnis natürlich enttäuscht sein.

Ein genauerer Blick zeigt, daß der Rückgang des Nettogewinns vor allem das Ergebnis von Abschreibungen im niederländischen Auslandsgeschäft ist. Das Konzernergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen, der sogenannte EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization), stieg hingegen um neun Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. Der Zuwachs war jedoch vor allem Ergebnis eines für RWE erfolgreich abgeschlossenen Rechtsstreits mit Gasprom. Entsprechend zeigte sich der Vorstand zuversichtlich, die für dieses Jahr gesetzten Gewinnziele zu erreichen, warnt seine Aktionäre allerdings vor den mittelfristigen Entwicklungen am Strommarkt. Das Unternehmen habe im ersten Halbjahr 2013 fast zwei Drittel seines operativen Ergebnisses eingebüßt. Schuld wird dem Ausbau der Solarenergie gegeben.

Bei E.on, dem anderen deutschen Stromriesen, sind ähnliche Töne zu hören. Dort ging der EBITDA um rund 15 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro zurück. Während außerhalb der EU das Geschäft kräftig expandiert, gibt es heftige Klagen über das europäische Kraftwerksgeschäft. Die Anlagen seien zu wenig ausgelastet und der Großhandelspreis an den Strombörsen zu niedrig. Schuld seien politische Eingriffe und die europäische Wirtschaftskrise.

E.on und RWE gehören weltweit zu den größten Unternehmen ihrer Art. Nur in wenigen anderen Staaten ist die Strom- und Gaswirtschaft so stark konzentriert wie hier. Bei den großen Parteien scheint das niemandem richtig zu interessieren. Den Bürgern allerdings schon. Kürzlich ergab eine Forsa-Umfrage, daß immerhin 20 Prozent der Befragten mit der Energiewende auch das Ziel der Zerschlagung der Stromkonzerne verbinden.

Dahin ist es noch ein weiter Weg. Im Augenblick kontrollieren die Riesen noch deutlich über die Hälfte des deutschen Kraftwerksparks, auch die Atommeiler. Insofern ist die Ankündigung von RWE und E.on, Gas- und Kohlekraftwerke stillegen zu wollen, interessant. RWE spricht von Kapazitäten von 3100 Megawatt in Deutschland und den Niederlanden, E.on gar von 11000 Megawatt, die vom Netz genommen werden sollen. Jochen Stay von der Antiatomkampagne »ausgestrahlt« veranlaßte das zu der Bemerkung, dann sollten vielleicht lieber die deutschen AKW abgeschaltet werden. Immerhin beträgt die Leistung der verbliebenen neun Reaktoren zusammengerechnet gut 12000 Megawatt. Sie könnten also rechnerisch spielend durch jene Kapazitäten ersetzt werden, die E.on und RWE jetzt aus betriebswirtschaftlichen Gründen vom Markt nehmen wollen. Im Falle der Gaskraftwerke wäre das auch sinnvoll, denn sie sind wesentlich flexibler als die AKW und passen daher besser zu Wind- und Solarstrom.

Die beiden veralteten Siedewasserreaktoren des AKW Gundremmingen, die seit nunmehr 29 Jahren in Betrieb sind, wären Kandidaten für eine sofortige Stillegung. Von dort wird gemeldet, daß am Block B der Reaktordruckbehälter leckt. In diesem befinden sich die Brennstäbe und größere Mengen hochgradig kontaminierten Wassers bei einem Druck von gut 69 Atmosphären. Sollte in diesem Behälter ein größeres Loch aufreißen, würde die Kühlung des Reaktorkerns versagen und dieser außer Kontrolle geraten.

Stay: »Alleine in Bayern wurden in den letzten Monaten bereits Gaskraftwerkskapazitäten in einer Größenordnung außer Betrieb genommen, die der Stromproduktion der beiden Reaktoren des AKW Gundremmingen bei Augsburg entspricht. Auch (der Stromkonzern) EnBW hat angekündigt, in Baden-Württemberg vier konventionelle Kraftwerksblöcke stillzulegen. Es ist also falsch, wenn nun behauptet wird, die süddeutschen Atomkraftwerke würden dringend benötigt.« Für die großen »Versorger« würden sich die AKW nur deshalb noch rechnen, weil sie kaum versichert werden müssen. Folgen eines größeren Atomunfalls hätte die Gesellschaft und nicht der Betreiber zu tragen.

Was ist aber von den Klagen, zu halten, daß sich das Geschäft mit Kohle- und Gaskraftwerken nicht mehr lohne? Zunächst ist wichtig zu wissen, daß vor allem Steinkohle gemeint ist. Braunkohlekraftwerke laufen hingegen auf Hochtouren und sind hauptverantwortlich für den steigenden deutschen Stromexport. Das Nachsehen haben das Klima und der deutsche Steuerzahler: Bei der Verstromung von Braunkohle entstehen deutlich mehr Treibhausgase als in einem Gaskraftwerk. Und aufgrund alter Privilegien aus Kaiserszeiten können RWE, Vattenfall und Mibrag die Braunkohle aus dem Boden holen, ohne dafür nennenswerte Abgaben zu zahlen.

 

Quelle: www.jungewelt.de 16.08.13

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 16. August 2013 um 10:26 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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