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»Die müssen weg«. Duisburger Politik und Polizei befördern Stimmungsmache gegen Sinti und Roma. Rassisten wollen am Jahrestag der »Reichspogromnacht« aufmarschieren. Von Markus Bernhardt

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Die Auseinandersetzungen um in Duisburg lebende Sinti- und Roma-Familien nehmen an Schärfe zu. So macht die rechte Splitterpartei »Pro NRW« seit Wochen mit Kundgebungen gegen die Flüchtlinge mobil und versucht die in der Duisburger Bevölkerung durchaus verankerten rassistischen Vorurteile zu bestärken. Ausgerechnet für den 9. November, den 75. Jahrestag der sogenannten Reichspogromnacht, haben die extremen Rechten nun erneut Kundgebungen in der Ruhrgebietsmetropole angemeldet.

Dabei wird »Pro NRW« kaum benötigt, um durch rgelmäßige Provokationen eine neue Eskalationsstufe bei der Stimmungsmache gegen die maßgeblich aus Bulgarien und Rumänien stammenden EU-Bürger zu erreichen. Fielen doch in der Vergangenheit gerade die etablierte Politik der Stadt und ihre Polizei dadurch auf, das populistische Geschäft der Rechten zu betreiben.

»Die Menschen, die hierhin kommen, stammen aus einem sozialen Umfeld, das völlig konträr zu unserem ist. Was die verstehen, ist eine deutliche Ansprache«, konstatierte etwa erst kürzlich Duisburgs Sozialdezernent Reinhold Spaniel (SPD). Zuvor hatte schon Sören Link, Oberbürgermeister der Stadt und SPD-Rechtsaußen, die Bundesregierung aufgefordert, dafür zu »sorgen, daß ein Wiedereinreiseverbot endlich Realität wird«. Noch deutlicher hatte sich im August Polizeisprecher Roman van der Maat positioniert. »Selbst sozial Engagierte sagen doch, daß nur wenige Roma integrationswillig sind (…) Die anderen kommen mit unserer Gesellschaft nicht klar. Die müssen weg«, hatte der qua Gesetz zur Neutralität verpflichtete Beamte in einem Gespräch mit der taz gefordert.

Eine erste Schlappe erlitten die Duisburger Ermittlungsbehörden unterdessen bezüglich einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen Rassisten und Neonazigegnern, die sich am 23. August zugetragen hatte. Im Anschluß an eine sogenannte Bürgerversammlung war es zu einem Angriff von mit Pfefferspray und mindestens einem »Totschläger« bewaffneten Rechten auf eine Gruppe von Flüchtlingsunterstützern gekommen (jW berichtete). Obwohl mehrere Augenzeugen des brutalen Angriffs diese Version nicht nur gegenüber junge Welt bestätigt hatten, verdrehten Polizei, Staatsanwaltschaft und Lokalmedien die tatsächlichen Geschehnisse und fabulierten einen Angriff von Linken auf unbescholtetene Bürger herbei. Infolgedessen war es zu einer medialen Hatz gegen Flüchtlingsunterstützer, einer sogenannten »Funkzellenabfrage« und der Erstürmung eines von den Sinti- und Roma-Familien bewohnten Hauses gekommen. Außerdem hatten die Behörden eine Hausdurchsuchung bei einem ehemaligen Ratsherren von Bündnis 90/Die Grünen veranlaßt, der sich gerade von den Folgen einer schweren Krankheit erholt und körperlich kaum in der Lage gewesen seien dürfte, sich an »gewalttätigen Auseinandersetzungen« zu beteiligen.

Im Falle eines anderen beschuldigten Antifaschisten hob die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Duisburg nun vor wenigen Tagen den Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichts Duisburg auf und lehnte den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung der Durchsuchung der Wohnung ab, wie Rechtsanwalt Marcel Keienborg mitteilte. »Das Vorgehen der Ermittlungsbehörden wirkt beinahe überfallartig«, kritisierte Keienborg in einer Erklärung. Gegen wieviele Antirassisten derzeit ermittelt wird, ist bislang noch immer unklar.

Das »Duisburger Netzwerk gegen Rechts« erneuerte am Sonntag seine Kritik an der Polizei. So würde es etwa im Flüchtlingshaus »In den Peschen« unentwegt zu »Razzien, Kontrollen und regelrecht schikanösen Besuchen« der Beamten kommen. »Es ist nicht hinnehmbar, daß die Duisburger Polizei weiterhin die rumänischen und bulgarischen Zuwanderer kriminalisiert und in der bereits sehr aufgeheizten Stimmung innerhalb der Stadt weiter Hatz auf linke Unterstützer macht, statt rechte Straftäter und Zündler in die Grenzen zu weisen«, kritisierte »Netzwerk«-Sprecher Thomas Zmrzly am Sonntag gegenüber junge Welt.

»Die Stimmung in Duisburg ist ohnehin schon aufgeladen, es wird damit gedroht, Häuser, in denen Roma wohnen, anzuzünden. Daß ›Pro NRW‹ ausgerechnet am 9. November zusätzlich Öl ins Feuer gießen will, können und werden wir nicht akzeptieren«, stellte auch Jan Lis von der antifaschistischen Organisation »See Red! Interventionistische Linke Düsseldorf« klar, die sich seit Monaten für die Rechte der Duisburger Sinti und Roma engagiert. »In den letzten Jahren hat ›Pro NRW‹ in Duisburg vor allem gegen Muslime gehetzt und macht jetzt gegen Roma und Flüchtlinge mobil. Die Betroffenen wechseln, das Prinzip bleibt gleich und heißt Rassismus«, so Lis weiter.

Quelle: www.jungewelt.de vom 28.10.13
Dieser Beitrag wurde am Montag, 28. Oktober 2013 um 10:53 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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