Es begann am 12. Oktober, dem spanischen Nationalfeiertag. Jorge Arzuaga, ein 25jähriger Ingenieur aus Bilbao, trat in einen unbefristeten Hungerstreik – nicht irgendwo, sondern an der Puerta del Sol, dem zentralen Platz der Hauptstadt Madrid. Er habe zwei Wege für Protest gesehen, erklärte er damals: »Hungerstreik oder Gewalt«. Er entschied sich für den friedlichen Weg, fordert den Rücktritt der Regierung und vorgezogene Neuwahlen.
In den vergangenen Tagen schlossen sich vier junge Leute unter großem Aufsehen in spanischen Medien dem Protest an. Im Gespräch mit junge Welt berichtete der 24jährige Álex, ein arbeitsloser Sportlehrer, daß täglich mehr Menschen zu ihnen kämen, um ihre Solidarität zu erklären. Außer ihm nehmen der 22jährige Alejandro und die 24jährige Fran, beide Studenten, an dem Streik teil. Älteste der Gruppe ist Gisela, eine 45 Jahre alte Informatikerin, die seit anderthalb Jahren erwerbslos ist und versuchen muß, ihre beiden Kinder durchzubringen. »Ich bin lieber hier und protestiere, als daß ich zu Hause sitze und nichts tue«, sagte sie Journalisten.
Das Beispiel von Jorge Arzuaga fand weit über die Hauptstadt hinaus Nachahmer. So schlossen sich ihm in Sevilla auf der Plaza de la Constitución Mané Flores und Manuel Fernández an. Auf der Plaza del Pilar in Zaragoza fordert Javier wie die fünf in Madrid den Rücktritt der Regierung. In Asturien verweigern fünf Bergleute die Nahrungsaufnahme, die in Folge ihrer Arbeit eine Quecksilbervergiftung mit schweren gesundheitlichen Folgen erlitten haben, sich aber von Behörden und Unternehmern im Stich gelassen fühlen. Sie sammelten in einer symbolischen Aktion Lebensmittel, um diese an Familien weiterzugeben, die ebenfalls hungern – aber nicht aus eigenem Entschluß.
Die Behörden stellen sich bislang taub. Am vergangenen Dienstag machte das Gerücht die Runde, die Hungerstreikenden sollten von der Puerta del Sol vertrieben werden. Spontan versammelten sich Dutzende Menschen, um das zu verhindern. Tatsächlich sollten die Demonstranten zur Seite rücken, damit der traditionelle Weihnachtsbaum für die staatliche Lotterie aufgestellt werden konnte. Die Polizei forderte die Streikenden zum Verlassen des Platzes während der Einweihungszeremonie auf. Die weigerten sich und würden daraufhin wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt.
Ebenso wie in Griechenland sind in Spanien mehr als 55 Prozent der unter 25jährigen erwerbslos, unabhängig von ihrem Bildungsgrad. In einigen Regionen wie Almería sind es sogar bis 75 Prozent. Tausende junger Leute haben das Land verlassen. Die zweite am meisten betroffene Gruppe sind die älteren Erwerbslosen. Rund 60 Prozent der über 45jährigen sind länger als zwei Jahre ohne Job. Sie erhalten keine Arbeitslosenhilfe mehr, andere Unterstützungsleistungen gibt es in Spanien nicht, abgesehen von einer kleinen Hilfe in Höhe von weniger als 500 Euro für Familien.
Am Donnerstag hatte die spanische Regierung angekündigt, zum Jahresende auf weitere Notfallkredite der EU für Banken zu verzichten. Am Freitag hieß es in Bankenkreisen, Interessenten – auch aus dem Ausland – für den Kauf von zwei Instituten verlangten von der Regierung mehr Staatshilfen.
« Rechter Mob in der Provinz Sachsen: Neonazis mobilisieren über Facebook zu Fackelmärschen gegen Flüchtlinge. Von Susan Bonath – Erschüttert, erfreut und inspiriert. Am Sonnabend erhielt Esther Bejarano den Blue Planet Award der Stiftung Ethik und Ökonomie (Ethecon). Die Laudatio hielt die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch (Die Linke). Wir dokumentieren einen Auszug: »
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