Wolfgang Huste Polit- Blog

Erschüttert, erfreut und inspiriert. Am Sonnabend erhielt Esther Bejarano den Blue Planet Award der Stiftung Ethik und Ökonomie (Ethecon). Die Laudatio hielt die Bundestagsabgeordnete Gesine Lötzsch (Die Linke). Wir dokumentieren einen Auszug:

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Ich habe Esther Bejaranos »Erinnerungen – Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen rechts« gelesen. Ich war erschüttert, erfreut und inspiriert.

Ich war erschüttert, wie die Faschisten Menschen ausgrenzten, demütigten, einsperrten, folterten und vernichteten. Das Orchester, in dem Esther Bejarano in Auschwitz spielte, hatte die Aufgabe, zum täglichen Marsch der Arbeitskolonnen durch das Lagertor, zu musizieren. Dieser Zynismus, dieser Sadismus verbunden mit Häme und Demütigungen macht mich immer wieder fassungslos. (…) Ich war erfreut, weil Esther Bejarano so viele Menschen traf, die ihr halfen und damit ihr Leben retteten. Sie hatte Solidarität in Auschwitz, in Ravensbrück und auch nach dem Krieg erlebt und gelebt. (…) Ich war inspiriert, weil Esther Bejarano mit ihrem Buch bei mir ein Nachdenken ausgelöst hat. Dazu möchte ich eine Stelle aus ihrem Buch zitieren. Es war in den ersten Tagen nach dem Krieg, und Esther Bejarano kam bei einem Bauern unter. Sie bekam ein Zimmer mit ihren Freundinnen und etwas zu essen. Das Zitat: »Eines Tages ging der Bauer mit uns in den Garten. Er nahm einen Spaten und begann an einer bestimmten Stelle zu graben. Es kam eine Kiste zum Vorschein. Wir halfen ihm, sie aus der Erde hochzuziehen. Gemeinsam trugen wir die Kiste ins Haus. Der Bauer meinte, jetzt könne ihm ja nichts mehr passieren. Dabei öffnete er die Kiste, in der viele Bücher lagen. Bücher, die im Nazireich verbrannt (wurden): von Marx und Engels bis Heine, Feuchtwanger, usw.« Die Nazis haben Millionen Menschen vernichtet und sie wollten auch die Kultur dieser Menschen vernichten, doch das ist ihnen nicht gelungen.

Esther Bejarano ist eine großartige Botschafterin dieser geschundenen Kultur. (…) Mitbegründerin und Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist Ehrenpräsidentin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten, VVN-BdA. Wenn sie gebraucht wird, ist Esther Bejarano da und stellt sich mit all ihren Mitteln Dummheit, Haß, Rassismus entgegen: Sie klärt auf, sie spricht über ihre Erfahrungen. Sie schreibt Bücher, Gedichte – und sie singt! Mit den Rappern der Microfone Mafia, Tochter Edna und ihrem Sohn Joram hat Esther Bejarano über 100 Konzerte im In- und Ausland gegeben. (…)

Esther Bejarano hat in einem Interview mit dem Neuen Deutschland ihre Empörung über die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ausgedrückt und sagte: »Aber wenn Notleidende dem Elend entfliehen und nach Europa kommen, dann muß man sie auch anständig aufnehmen. Das ist eine Katastrophe, was sich vor unser aller Augen abspielt. Ich habe keine Worte dafür.« Nur wer selbst auf der Flucht war und sein nacktes Leben retten mußte, wie Esther Bejarano, weiß, was es heißt, ein Flüchtling zu sein. Ihre Solidarität mit den Flüchtlingen aus Kriegsgebieten teilen viele Menschen in unserem Land. Wir müssen Flüchtlinge aufnehmen, das ist nicht nur unsere historische Pflicht, das sollte einfach eine humanistische Selbstverständlichkeit sein. Doch auch das reicht nicht. Wir müssen Kriege verhindern und Politiker stoppen, die auch noch Rüstungsgüter für den Export in Krisengebiete freigeben. (…)

Quelle: www.jungewelt.de vom 19.11.13
Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 19. November 2013 um 12:13 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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