Erneut ist die Antifaschistin und Friedensaktivistin Esther Bejarano für ihr Lebenswerk geehrt worden. So verlieh die »Stiftung Ethik&Ökonomie« (ethecon) der 1924 geborenen Bejarano im Rahmen ihrer diesjährigen Tagung, die am vergangenen Sonnabend in Berlin stattfand, den »Internationalen Blue Planet Award 2013«.
Die Stiftung begründete ihre Wahl damit, daß Bejarano mit ihrem »anhaltenden Engagement für Frieden und gegen Antisemitismus, Rassismus und Faschismus einen ethisch überragenden Beitrag zu Rettung und Erhalt unseres ›Blauen Planeten‹ geleistet« habe. Aus diesem Grund habe man sich entschieden, die Antifaschistin, die eine der letzten Überlebenden des »Mädchenorchesters von Auschwitz« ist, das aus Häftlingen des Vernichtungslagers gebildet worden war, für »diese herausragende Leistung menschlicher Ethik« auszuzeichnen.
Tatsächlich gilt Bejarano trotz ihres hohen Alters als eine der umtriebigsten Kämpferinnen gegen alte und neue Faschisten und das Kriegsgetrommel der westlichen Welt. Sie ist nicht nur Mitbegründerin und Vorsitzende des »Auschwitz-Komitees« in der Bundesrepublik, sondern auch Ehrenpräsidentin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA). Doch nicht nur das: Sie ist auch eine Art personifizierter Gegenentwurf zu Ausbeutung, Diskriminierung und Machtgeilheit.
Schon deshalb dürfte nicht ernsthaft verwundern, warum ethecon ihren Negativpreis, den sogenannten »Black Planet Award«, am Sonnabend ausgerechnet an – die selbstredend nicht anwesenden – Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, verlieh.
Besagter Negativpreis prangert Personen an, die »schockierende Verantwortung für Ruin und Zerstörung der Erde tragen und damit die Gefahr eines ›Schwarzen Planeten‹ heraufbeschwören«. Konkret wurden die Manager von der Stiftung für »zahllose Mißstände und Verbrechen im Namen der Profite, wie beispielsweise Spekulation mit Nahrungsmitteln, Landraub im großen Stil, Manipulation von Zinssätzen, Geschäftemacherei mit riskanten Hypotheken und die Ermöglichung von Steuerhinterziehung über Steueroasen« verantwortlich gemacht.
Ein »Berührungspunkt zwischen der Positiv-Preisträgerin und den Negativ-Preisträgern« ergebe sich hingegen durch die Geschichte der Deutschen Bank, betonten Vertreter der Stiftung am Sonnabend. So habe die »verbrecherische Verbindung« des Bankhauses »mit dem Hitler-Faschismus auch das Mitwirken an der Finanzierung des KZ Auschwitz umfaßt«.
In eben dieses KZ war Esther Bejarano am 20. April 1943 gemeinsam mit allen anderen Insassen des Zwangsarbeiterlagers Neuendorf bei Fürstenwalde/Spree und über 1000 weiteren Juden, die zuvor im Berliner Sammellager in der Großen Hamburger Straße interniert waren, mit Viehwaggons deportiert worden. Sie überlebte Auschwitz wahrscheinlich nur aufgrund ihrer Tätigkeit als Musikerin im weiblichen Häftlingsorchester, dem sogenannten »Mädchenorchester von Auschwitz«. Dieses hatte zur Aufgabe, zum täglichen Marsch der Arbeitskolonnen durch das Lagertor aufzuspielen. Als Bejarano von den Nazis aus Auschwitz ins KZ Ravensbrück verschleppt wurde, gelang ihr auf einem der folgenden »Todesmärsche« die Flucht.
Nachdem die Antifaschistin aufgrund ihrer schweren Traumatisierung lange Jahre über erlebte Qualen geschwiegen hatte und erst nach einem über 15jährigen Aufenthalt in Israel/Palästina nach Deutschland zurückkehrte, gründete sie Anfang der 1980er Jahre gemeinsam mit ihrer Tochter Edna und ihrem Sohn Joram die Gruppe Coincidence, die noch heute mit jüdischem und antifaschistischem Liedgut auftritt. Seit einigen Jahren musiziert Bejarano, die inzwischen in Hamburg lebt, außerdem mit den Rappern von Microphone Mafia, mit denen sie – gemeinsam mit ihren Kindern – im Juni 2009 das Album »Per La Vita« (Für das Leben) veröffentlichte.
Erst kürzlich erschien zudem Bejaranos Autobiographie »Erinnerungen: Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen Rechts«. Darin berichtet die antifaschistische Überzeugungstäterin nicht nur von ihrer Zeit als Akkordeonistin im »Mädchenorchester von Auschwitz«, der Befreiung vom Faschismus, sondern auch von ihrem Neuanfang in Israel, wo sie ihren Mann kennenlernte und eine Familie gründete, bevor sie ins Land der Täter, nach Deutschland, zurückkehrte und hier erst nach und nach wieder Vertrauen faßte.
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