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»Sandy« und die Folgen. Ende der Hurrikansaison: Wie sieht es in den vor einem Jahr zerstörten Gebieten der US-Ostküste und auf Kuba heute aus? Von Volker Hermsdorf

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Mit diesem Samstag gilt die Hurrikansaison 2013 im Atlantik offiziell als beendet. Insgesamt 13 tropische Wirbelstürme richteten diesmal nur geringe Schäden in der Region an. Im vergangenen Jahr hatte der Hurrikan »Sandy« dagegen den Osten Kubas und Teile der US-amerikanischen Ostküste verwüstet. In beiden Regionen sind die Schäden noch immer nicht vollständig beseitigt. Das ist aber auch die einzige Parallele.

Nachdem »Sandy« Ende Oktober 2012 die niedrig gelegenen Gebiete von New Jersey und New York überschwemmt hatte und mindestens 161 Tote hinterließ, meinten Anwohner der küstennahen Sozialwohnungsquartiere des »Big Apple« in örtlichen Medien zynisch: »Wir sind ersetzbar, die in Manhattan nicht.« Ein Jahr später ist für den ärmeren Teil der Bevölkerung klar: »Die haben uns vergessen.« Noch immer ist ein Viertel der rund 30000 Opfer in New York obdachlos. In Midland Beach am Ostufer von Staten Island leben Menschen zwischen Schlamm und Müll in ihren mit Brettern notdürftig reparierten Häusern. Auf der Rockaway-Halbinsel im Stadtteil Queens sind frühere Supermärkte mit Sperrholz verbarrikadiert, viele Anwohner, die ihr weniges Hab und Gut verloren haben, stehen vor Suppenküchen nach einer warmen Mahlzeit an. Hier lebten 20 Prozent der Bevölkerung schon vor »Sandy« unterhalb der Armutsgrenze, jetzt sind es mehr. Auch in Coney Island, dem südlichsten Zipfel von Brooklyn, sieht es in den überwiegend von Hispanos und Afroamerikanern bewohnten Vierteln der Armen nicht besser aus. »Vorher war es schlimm, jetzt ist es die Hölle«, heißt es dort.

Doch nicht allen geht es nach »Sandy« schlechter. Während ein Teil der Bürger in behelfsmäßig ausgebesserten Wohnungen unter dem die Gesundheit gefährdenden Schimmelbefall leidet, bis ans Lebensende die Hypothek samt Zinsen für ein zerstörtes Haus abzahlt hat oder gleich obdachlos geworden ist, läßt eine andere Gruppe die Champagnerkorken knallen. Dort, wo sozial Schwache ihr Dach über dem Kopf verloren haben, entstehen jetzt schicke Lofts für eine betuchte Klientel. Noch während »Sandy« die Küstenregion verwüstete, veröffentlichte das US-Wirtschaftsmagazin Forbes Tips wie diesen: »Zehn Aktien, mit denen man vom Hurrikan profitieren kann.« So ist das eben. »Im Kapitalismus gibt es nach Katastrophen immer Verlierer und Gewinner«, stellt die Süddeutsche Zeitung fest.

Die Armen waren schon vorher Verlierer. Obwohl keine Naturkatastrophe so lange vorhersehbar ist wie ein Hurrikan, verließen nur wenige die gefährdeten Gebiete. Denn obwohl die Evakuierung angeordnet worden war, mußten die Bewohner selbst sehen, wie sie sich in Sicherheit brachten. Die meisten konnten sich das nicht leisten. Die Journalistin Luisa Lema, eine Aktivistin der Basisorganisation »Women’s Press Collective«, nannte auf einer Versammlung von Hurrikanopfern Kuba als Beispiel dafür, wie eine Regierung seine Bevölkerung erfolgreich vor den Folgen derartiger Naturkatastrophen zu schützen versucht.

Dort war »Sandy« am 25. Oktober 2012 frühmorgens in der Nähe der Stadt Santiago de Cuba auf die Küste getroffen und hatte schwere Schäden angerichtet. Der Katastrophenschutz der sozialistischen Insel hatte zuvor über 340000 Menschen der betroffenen Gebiete in Sicherheit gebracht. Trotzdem kamen elf Menschen ums Leben. Daß es nicht mehr Opfer gab, ist dem in aller Welt als vorbildlich geltenden ausgeklügelten kubanischen System der Hurrikanvorbereitung zu verdanken. Dazu gehört zum Beispiel die Organisation von Transportmitteln zur Evakuierung. Ist ein Sturm im Anmarsch werden vorsorglich Rettungstrupps in die bedrohten Regionen abkommandiert, Alte, Schwache, Kranke und Kinder frühzeitig in Sicherheit gebracht. An erster Stelle im sozialistischen Kuba steht die Rettung von Menschenleben.

Die materiellen Schäden durch »Sandy« waren dagegen für Kuba katastrophal. Über 171000 Gebäude erlitten Schäden, knapp 16000 Wohnungen wurden komplett zerstört, weitere 22000 waren teilweise unbewohnbar. Militär, Katastrophenschutz und Freiwillige machten sich zwar sofort an die Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten, Venezuela, die ALBA-Staaten, Rußland, China und Vietnam schickten Medikamente, Lebensmittel und Baumaterial, doch die Zerstörungen an Gebäuden, Strom-, Gas-, Wasser- und Telefonleitungen sind auch nach einem Jahr noch nicht völlig beseitigt. Immerhin hilft die Regierung den Menschen mit einem 50prozentigen Preisnachlaß auf Baumaterialien bei der Instandsetzung ihrer Häuser. Die Tageszeitung Granma berichtete am 4. November, daß der Staat in der Provinz 29400 neue Wohnungen baut, die vor allem an bedürftige Bevölkerungsschichten vergeben werden. Darüber hinaus sollen insgesamt 150000 Wohnungen und staatliche Einrichtungen repariert werden.

Quelle: www.jungewelt.de vom 30.11.13
Dieser Beitrag wurde am Samstag, 30. November 2013 um 10:33 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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