Unter dem Deckmantel einer »Rückbindung an den Maidan« haben sich die Faschisten einen weiteren Einflußkanal geschaffen. Mit parlamentarischer Unterstützung von Politikern der »Vaterlandspartei« verlangen »Vertreter des Maidan«, in allen Ministerien Staatssekretärsposten zu bekommen. So könnten sie Korruption kontrollieren, erklärte »Vaterlands«-Politiker Arseni Jazenjuk. Was er nicht sagte: Genauso können sie natürlich an dieser Korruption teilhaben und interne Mittel und internationale Hilfsgelder in die eigene Tasche stecken oder an ihre politischen Formationen weiterleiten. Jazenjuk ist in den letzten Tagen verstärkt als Wortführer »des Maidan« aufgetreten. Er versucht offenbar, seine Bekanntheit als Anführer der Proteste in eine neue politische Machtbasis zu verwandeln, nachdem seine Stellung in der »Vaterlandspartei« durch das Comeback von Julia Timoschenko geschwächt ist.
Befürchtungen, daß die neue ukrainische Staatsmacht nicht viel besser sein wird als die vorherige, sind offenbar nicht unbegründet. Die Ukrainska Prawda – wohlgemerkt ein Blatt, das den Maidan mehr als nur wohlwollend begleitet hat – schrieb wenige Tage nach dem Machtwechsel von »Byzantinismus in Reinkultur« in den Korridoren und Hinterzimmern des Parlaments. Die »Donezker«, die das Rückgrat der Janukowitsch-Administration stellten, würden verdrängt, und die »Lieben Freunde« – ein Kürzel für die Oligarchencliquen im Umfeld der »orangen« Koalition der Jahre 2005 bis 2010 – kämen zurück. Im Zusammenhang damit versuchen die in der Partei der Regionen versammelten Nutznießer der alten Staatsmacht offenbar, den Rest ihres Einflusses zu retten. Der verbliebene Rest der Partei kündigte an, nicht in die Regierung einzutreten – in der sie ohnehin niemand haben will –, aber die Kabinettsbildung durch ihr Abstimmungsverhalten zu erleichtern.
Was zuerst wie eine unnötige Unterwerfungsgeste aussah, könnte noch an Tragweite gewinnen. Denn in der »Vaterlandspartei« ist ein offener Machtkampf ausgebrochen. Die amtierende Führung der Partei um Jazenjuk hatte die Rückkehr Julia Timoschenkos aus der Haft offenbar nicht wirklich auf der Agenda. Wie ukrainische Medien berichten, besetzt Timoschenko inzwischen führende Posten im Land mit ihren persönlichen Vertrauten, unter anderem dem amtierenden Präsidenten und Parlamentsvorsitzenden Oleksander Turtschinow. Daß die Regierungsbildung, die ursprünglich für Dienstag geplant war, auf Donnerstag verschoben wurde, ist in diesem Zusammenhang kein großes Wunder. Es gibt noch viel zu kungeln. Womöglich ist selbst der angeblich ausgestellte Haftbefehl gegen den gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch eine Fiktion. Eine Recherche ukrainischer Journalisten in der Fahndungsdatenbank des Innenministeriums ergab keinen Eintrag zu seiner Person.
Auf internationaler Ebene deutet sich inzwischen eine russisch-französische Koalition an, die den geopolitischen Ehrgeiz der Maidan-Förderer in Berlin, Warschau und Washington zu bremsen sucht. Rußlands Außenminister Sergej Lawrow sagte in Moskau, es sei im russischen Interesse, daß die Ukraine Teil der europäischen Familie sei und bleibe. Es dürfe aber nicht dazu kommen, daß die Staatsmacht in Kiew von Nationalisten und Radikalen übernommen wird. Fast wortgleich erklärte in Paris Außenminister Laurent Fabius, die Ukraine gehöre zu Europa, aber nicht zur EU. Sie könne deshalb nicht die EU und Rußland gegeneinander ausspielen. Frankreich hatte bereits in der Vergangenheit EU-intern versucht, die deutsch-polnisch-schwedische »Östliche Partnerschaft« auszubremsen und deshalb im EU-Rat die Zusage einer Mitgliedschaftsperspektive an die Ukraine durch sein Veto verhindert.
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