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Massenflucht in Gaza. Israel fordert eine Viertelmillion Palästinenser auf, ihre Häuser zu verlassen, um sie zerstören zu können. Publizist Todenhöfer kritisiert Kriegführung und Medienberichterstattung. Von Rüdiger Göbel

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Die israelische Regierung eskaliert ihren Krieg gegen die Palästinenser in Gaza immer weiter. Am Strand von Gaza wurden am Mittwoch vier Kinder getötet und mehrere weitere verletzt. Augenzeugen zufolge hatten sie Fußball gespielt. Nach den neuerlichen Luftangriffen auf den mit 1,8 Millionen Einwohnern dichtbesiedelten Küstenstreifen ist die Zahl der Toten bis Mittwoch nachmittag auf 214 gestiegen. Mehr als 1600 Menschen sind seit Beginn der Offensive am 8. Juli verletzt worden. Das von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu angeführte Kriegskabinett in Tel Aviv will die Attacken offensichtlich deutlich intensivieren. Mindestens eine Viertelmillion Palästinenser im nördlichen Gazastreifen wurde von der israelischen Armee dazu aufgefordert, ihre Wohnhäuser zu verlassen.

Der Aufruf zur Massenflucht nach nirgendwo – der Gazastreifen ist von der Außenwelt abgeriegelt – erfolgte durch automatisierte Telefonanrufe, SMS-Kurznachrichten und Flugblätter. Um der Forderung »Nachdruck« (dpa) zu verleihen, hat die israelische Armee am Mittwoch die fraglichen Gegenden um Beit Lahia, Sadschaija und Saitun mit Artillerie beschossen.

Der Telefonterror zeigte Wirkung: Bis zum Nachmittag hatten rund 21000 Menschen in Schulen des Hilfswerks der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge (­UNRWA) Zuflucht gesucht. Ob sie dort Schutz finden, ist fraglich, bei vergangenen Kriegen gegen die Bevölkerung des Gazastreifens hatte die israelische Führung auch Bildungseinrichtungen und Krankenhäuser bombardieren lassen. Das Innenministerium in Gaza warnte die Palästinenser Medienberichten zufolge, dem Fluchtaufruf Folge zu leisten. Die Nachricht der Israelis solle nur »Chaos und Verwirrung stiften«, hieß es laut dpa demnach in einer Mitteilung. Wie die Agentur unter Verweis auf den israelischen Rundfunk weiter meldete, sind mittlerweile mehrere zehntausend Palästinenser ohne Strom. Verantwortlich dafür seien aus Gaza abgefeuerte Raketen auf israelisches Gebiet, die zwei Leitungen beschädigt hätten. Nach Angaben des Militärs feuerten am Mittwoch militante Palästinenser insgesamt 42 Raketen auf Israel. Bei einem Angriff mit Mörsergranaten auf den Erez-Grenzübergang war am Dienstag erstmals ein Israeli getötet worden.

Der Publizist Jürgen Todenhöfer, der sich zur Zeit in Gaza aufhält, äußerte sich entsetzt über die israelische Kriegführung und die Berichterstattung in den deutschen Mainstreammedien. Schlagzeilen wie »Israel unter schweren Beschuß« stellten die Tatsachen auf den Kopf, kritisierte der frühere CDU-Politiker und langjährige Burda-Manager auf seiner Facebook-Seite. »Gaza liegt unter schwerem Beschuß!« Der Krieg sei ein »Gefecht David gegen Goliath«, so Todenhöfer. »Nur daß dieser David aus dem winzigen Gaza selten trifft. Und völlig chancenlos ist.« Die »sinnfreie Hamas-Ballerei« mit den »massiven mörderischen Raketenschlägen« der Israelis zu vergleichen, sei »vollkommen realitätsfremd«, die Beschießung Gazas »für jeden erkennbar maßlos«. Es sei eine Schande, wie die Welt zulasse, »daß die Wahrheit über diesen Krieg in fast grotesker Weise auf den Kopf gestellt wird«.

Die von Israel ins Feld geführte Begründung für die Offensive läßt Todenhöfer nicht gelten: »Wahrer Grund dieses massiven Bombenterrors ist nicht die weitgehend wirkungslose und dilettantische Schießerei der Hamas und des ›Islamischen Dschihad‹. Die ich ebenfalls ausdrücklich verurteile. Sie begann nach der Tötung von sechs Hamas-Kämpfern in Gaza und sechs palästinensischen Zivilisten in der Westbank.« Netanjahu wolle keinen Frieden mit den Palästinensern. »Jeder führende US-Politiker von Obama bis Kerry würde das resigniert bestätigen«, so Todenhöfer. »Netanjahu will vor allem kein freies, unabhängiges Palästina.«kurzlink.de/todenhoefer-gaza

Quelle: www.jungewelt.de vom17.07.14

Dieser Beitrag wurde am Donnerstag, 17. Juli 2014 um 15:17 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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