Wolfgang Huste Polit- Blog

»Das ist nicht solide, das ist Misswirtschaft«. Linke weiter gegen militarisierte Außenpolitik: Vertragsstrafe für Rüstungskonzern hätte ein Viertel der Summe für Kindergelderhöhung abgedeckt. Gespräch mit Gesine Lötzsch. Interview: Claudia Wangerin

Freitag, 06. März 2015 von Huste

Gesine Lötzsch ist Abgeordnete der Fraktion Die Linke und Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Deutschen Bundestag

Als Vorsitzende des Haushaltsausschusses haben Sie das Nein Ihrer Fraktion zur Anschaffung von 186 Militärhubschraubern der Typen NH90, MH90 und »Tiger« mit den Worten begründet, es sei verantwortungslos, der Bundeswehr mehr Geld zu versprechen, ohne die unhaltbaren Zustände in ihr zu beenden. Finden Sie es mit Blick auf Ihr Parteiprogramm gut oder schlecht, wenn die Armee aufgrund technischer Mängel nicht überall einsatzfähig ist?

Die Linke war immer gegen eine Interventionsarmee. Folgerichtig haben wir uns im Haushaltsausschuss natürlich gegen eine Vertragsanpassung bei der Beschaffung der Hubschrauber ausgesprochen. Der Skandal ist doch, dass das Verteidigungsministerium Steuergelder aus dem Fenster wirft und gleichzeitig der Finanzminister erklärt, dass er bereit ist, noch mehr Geld in dieses Fass ohne Boden zu stecken. Beim »Tiger« beträgt die Kostensteigerung 10,6 Prozent und beim NH 90 sogar 19,45 Prozent. Das ganze Paket kostet mehr als acht Milliarden Euro. Dafür bekommt die Bundeswehr Hubschrauber, die nur sehr bedingt einsetzbar sind.

Wieviel weniger müsste nach Ihrer Einschätzung für die Ausrüstung einer reinen Verteidigungsarmee ausgegeben werden?

Das ist natürlich schwer zu berechnen. Der Hubschrauber »Tiger« zum Beispiel war nicht für den Auslandseinsatz ausgelegt. Deshalb wurden für den mörderischen Afghanistan-Krieg extra Triebwerke bestellt, die auch in hochgelegenen und heißen Gegenden funktionieren. Bei vielen Waffensystemen ist nicht ohne weiteres zu sagen, ob sie ausschließlich der Landesverteidigung dienen oder auch für Auslandseinsätze geeignet sind. In den Haushaltsberatungen 2014 haben wir Kürzungsvorschläge für die Bundeswehr in Höhe von 3,2 Milliarden Euro gemacht.

Oskar Lafontaine hat beim Erfurter Programmparteitag statt einer Interventionsarmee ein ziviles »Willy-Brandt-Korps« für internationale Katastrophenhilfe vorgeschlagen. Spielt es noch eine Rolle in der innerparteilichen Debatte?

Ja, unsere Fraktion diskutiert zur Zeit einen Antrag zum »Willy-Brandt-Korps«.

Quelle: www.jungewelt.de vom 06.03.15

Sie bemängeln unter anderem, dass das Verteidigungsministerium im aktuellen Fall auf Vertragsstrafen für die Rüstungskonzerne verzichtet hat. Wird damit nicht der Eindruck erweckt, die Anschaffung der Hubschrauber an sich sei unbedingt nötig?

Nein, ich bin der Meinung, dass es keinen Grund gibt, Airbus die Vertragsstrafe einfach zu erlassen. Wir brauchen dieses Geld. Ich frage mich, warum der Finanzminister solche Geschenke an Airbus akzeptiert. Derselbe Finanzminister erzählt uns immer wieder, dass er in Europa Vorbild sein muss, wenn es um eine solide Haushaltspolitik geht. Was er da macht, beziehungsweise zulässt, ist nicht solide, das ist Misswirtschaft.

In welcher Größenordnung hätten sich solche Vertragsstrafen bewegen können?

Es geht um rund 100 Millionen Euro. Mit dem Betrag könnten wir schon ein Viertel der Kindergelderhöhung für das nächste Jahr bezahlen. Wenn unsere Abrüstungsvorschläge angenommen werden würden, dann könnten wir das Kindergeld natürlich ganz anders anheben.

Sie haben eine neue Führungskultur, Transparenz, Integrität und politische Verantwortung als Bedingungen für Geldzuwendungen an das Heer genannt. Was verstehen Sie darunter?

Ich habe die vernichtende Kritik der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG aufgegriffen. Die kommt zu dem Schluss, dass beim Management von Rüstungsprojekten Führungskultur, Transparenz, Integrität und politische Verantwortung fehlen. Jede andere Organisation würde nach einer solchen Kritik aufgelöst werden. Wenn Die Linke die Bundeswehr in gleicher Weise kritisiert, dann wir das als Polemik abgetan. Wenn aber die Vorwürfe von der KPMG kommen, dann müsste jedem klar sein, dass es sehr schlecht um die Bundeswehr bestellt ist. Ich glaube, dass der Druck einiger Politiker auf die Bundeswehr sehr groß ist, High-Tech-Schrott von Airbus zu kaufen. Als Linke werden wir die Regierung immer wieder dafür kritisieren, dass sie die Außenpolitik militarisiert. Wir werden aber auch immer wieder kritisieren, dass diese Militarisierung letztendlich nur den Rüstungskonzernen unverdient die Steuergelder in die Taschen spült.

Ein Land schmiert ab. Die Wirtschaftslage der Ukraine nähert sich der Katastrophe. Zinsen auf Rekordhoch, Währung am Boden, Bankrott in Sicht. Von Reinhard Lauterbach

Freitag, 06. März 2015 von Huste

Mitte Februar gab es in Kiew eine neue Form von Demonstrationen. Schuldner von Devisenkrediten versammelten sich zu einem sogenannten Finanzmaidan vor der Nationalbank. Sie verlangten den Rücktritt von Nationalbankchefin Walerija Gontarewa. Die habe durch ungeschickte Interventionen am Devisenmarkt die Landeswährung Griwna (UAH) in den Keller geschickt. Für einige Tage lag der Kurs der Griwna zur US-Währung bei 40, dem Fünffachen des Werts vor dem Euromaidan, also den Protesten gegen den damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch vor gut einem Jahr. Das bedeutet, dass die ukrainische Währung inzwischen 80 Prozent ihres Außenwerts eingebüßt hat. Tagelang gab es keine legale Möglichkeit, Devisen zu kaufen, die zahllosen kleinen Wechselstuben stellten mangels Angebot den Betrieb ein. Spontan entstand wieder ein Valuta-Schwarzmarkt mit Kursen, die um 20 Prozent über den offiziellen lagen. Ukrainische Staatsanleihen sanken an den Finanzmärkten auf 42 Prozent ihres Nennwerts.

Die Demonstration der wütenden Schuldner wurde nach zwei Tagen von der Polizei auseinandergejagt, und die Nationalbankchefin überstand auch einen Abwahlantrag im Parlament. Doch Anfang dieser Woche erhöhte Gontarewa den ukrainischen Leitzins auf unbezahlbare 30 Prozent. Natürlich glaubt niemand, dass irgendjemand im realen Wirtschaftsverkehr diesen Zins tatsächlich zahlt. Es ist ein verzweifelter Versuch, Banken und Unternehmen zu veranlassen, ihr Geld in ukrainischer Währung zu belassen, und so den akuten Ausbruch einer Krise des ukrainischen Finanzsystems hinauszuzögern. Die ist latent ohnehin schon im Gang. 20 ukrainische Banken mussten im vergangenen Jahr ihre Schalter schließen, Anfang der Woche ging das viertgrößte Institut, die Delta-Bank, in Konkurs, und selbst die vergleichbar solide aufgestellte »Privatbank« des Oligarchen Igor Kolomojskij musste sich um einen Notkredit der Zentralbank bemühen. Der Grund ist ein starker Anstieg der »notleidenden« Unternehmenskredite. Der wiederum ist nicht erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Wirtschaftsleistung bzw. das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Ukraine im 2014 um 20 Prozent zurückgegangen ist und selbst langjährige Filetstücke der ukrainischen Volkswirtschaft wie der Raketenproduzent »Piwdenmasch« in Dnipropetrowsk wegen ausbleibender Aufträge aus Russland Kurzarbeit einführen müssen.

Die Devisenreserven der Zentralbank sind unterdessen auf unter sechs Milliarden US-Dollar gesunken, die im wesentlichen schon für die Rückzahlung fälliger ukrainischer Anleihen zurückgehalten werden müssen. Denn von denen sind allein in diesem Jahr 5,4 Milliarden fällig. Zusätzlich hat die Ukraine Gasschulden gegenüber Russland in Milliardenhöhe, von denen sie als eine eher symbolische Geste unter Druck der EU Ende Februar 15 Millionen US-Dollar zurückgezahlt hat – nach Angaben des russischen Konzerns Gasprom entspricht der Betrag der ukrainischen Gasrechnung eines Tages. Kiew stellt sich stur und hofft offensichtlich, mit der Hilfe westlicher Geldgeber irgendwie über die Runden zu kommen. Der Internationale Währungsfonds hat neue Kredite in Höhe von 18 Milliarden US-Dollar in Aussicht gestellt, aber verteilt über vier Jahre; Bedingung für ihre Auszahlung sind weitere brutale Sozialkürzungen und Schnitte im Staatshaushalt. Letztere würden aber die ukrainische Realwirtschaft endgültig abwürgen.

So hofft die Ukraine auf einen Schuldenschnitt als letzte Rettung. Ihre Auslandsschulden sind im Laufe des Jahres 2014 von 40 auf 100 Prozent des BIP gestiegen. Schwierig wird es nicht nur sein, die internationalen Investoren, die sich die ukrainischen Anleihen genau wegen ihrer hohen Verzinsung ins Depot gelegt hatten, von einem Verzicht auf ihre Ansprüche zu überzeugen. Das Problem ist, dass unter den ausländischen Gläubigern mindestens einer ist, für den das Investment keine in erster Linie ökonomische, sondern eine politische Entscheidung war: Russland. Moskau hatte im Dezember 2013 zur Unterstützung von Janukowitsch ukrainische Euro-Bonds für drei Milliarden US-Dollar gekauft, wobei dieser Kredit jederzeit fällig gestellt werden kann, wenn die Ukraine mit dem Schuldendienst in Verzug gerät. Russland hat bisher auf den Einsatz dieses Druckmittels verzichtet – sicher auch, weil es weiß, dass in Kiew aktuell diese drei Milliarden Dollar ohnehin nicht zu holen sind. Rein ökonomisch kann sich Russland zurücklehnen: Es rechnet darauf, dass der Westen schon aus Prestigegründen die ukrainischen Schulden letztlich trotz aller Sanktionen übernehmen muss. Und Moskau kann versuchen, sich sein Stillhalten mit politischen Zugeständnissen bezahlen zu lassen. Denn einem Schuldenschnitt müssten alle Gläubiger zustimmen. Moskau ist also in der Position, die ganze Sanierung der ukrainischen Staatsfinanzen platzen lassen zu können. Wie es eine US-Fondsmanagerin formulierte: Russland könne die Ukraine schneller schädigen, als ihr der Westen zu helfen im Stande sei.

Maulkörbe in Kiew

Eines der wesentlichen Argumente für die »europäischen« Qualifikationen der Ukraine ist für deren Advokaten seit Jahren der gegenüber Russland wesentlich »freiere« Charakter der Gesellschaft. Belegt wird dies traditionell mit dem Vorhandensein einer im Vergleich zu den »Kremlmedien« pluralistischeren Presselandschaft und einer lebhaften Diskussion in der Öffentlichkeit. Daran ist so viel Wahres, dass die Medien in der Ukraine verschiedenen Oligarchen gehören und daher auch die Schattierungen von deren jeweiligen Interessen widerspiegeln. Nun ist die Ukraine aber dabei, diesen vermeintlichen Vorteil gegenüber Russland zu verspielen. Die Presse wird in wachsendem Maße gleichgeschaltet; zuletzt hat die Ukraine am Donnerstag angekündigt, künftig keine russischen Medien mehr bei Behörden und Ministerien zu akkreditieren. Gleichzeitig werden auch den ukrainischen Journalisten und sogar der Bevölkerung Maulkörbe angelegt. Zuletzt ist ein Abgeordneter der »Volksfront« von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk mit einem Vorschlag zur Verschärfung des Strafrechts hervorgetreten. Der Antrag sieht vor, die »böswillige Herabwürdigung des Staates und seiner Repräsentanten« mit Zwangsarbeit bis zu zwei Jahren, Geldstrafe oder Gefängnis bis zu drei Jahren zu ahnden. Die Tatmerkmale sind dabei so weit gefasst – es reicht, dass eine Äußerung »geeignet« ist, das Ansehen des Staates zu schmälern –, dass unter den neuen Paragraphen mit entsprechendem politischen Willen jedes Gemecker in der Schlange oder in der Straßenbahn strafbar gemacht werden kann. Die Bestimmung verrät auch beim Strafmaß das Vorbild der »Verordnung zur Abwehr heimtückischer Diskreditierung der nationalen Regierung« vom 21. März 1933 aus der Anfangsphase des deutschen Faschismus.

Bereits vor einigen Wochen hatte der ukrainische Gesetzgeber im Zusammenhang mit der wenig erfolgreichen Mobilisierung von Reservisten für den Krieg im Osten des Landes die Kriegsdienstverweigerung unter Strafe gestellt. Auffällig ist dabei, dass die Verweigerung selbst mit bis zu zwei Jahren Haft leichter bestraft wird als die Werbung für sie (maximal fünf Jahre). Den ukrainischen Machthabern scheint ihre sogenannte freie Öffentlichkeit unheimlich zu werden. (rl)

Quelle: www.jungewelt.de vom 06.03.15

Rassismus am Verwaltungsgericht Düsseldorf: Dr. Heusch hetzt gegen Muslime

Dienstag, 03. März 2015 von Huste

Zu den heute bekannt gewordenen Äußerungen des Präsidenten des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts, Dr. Andreas Heusch, und zur derzeitigen Rechtssprechung des VG Düsseldorf erklärt Azad Tarhan, Sprecher für antifaschistische Politik der LINKEN.NRW:

„Erst heute sind der breiten Öffentlichkeit Zitate aus einem Vortrag bekannt geworden, den der derzeitige Präsident des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, Dr. Andreas Heusch, auf einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung im Dezember 2006 gehalten hat. Dr. Heusch führte dort unter anderem aus:

Dabei sind es nicht nur die radikalen Muslime und ihre weltweiten Terrorakte, die uns in Angst und Schrecken versetzen. Mit Besorgnis beobachten wir auch, dass uns selbstverständlich gewordene Formen des Zusammenlebens in weiten Teilen einer wachsenden, durch den Islam geprägten Teilgesellschaft ihre Geltungskraft eingebüßt haben. Mit dem zahlenmäßigen Anwachsen der Muslime in Deutschland ist auch ihr Selbstbewusstsein gewachsen. Entsprechend treten sie mit oft weit gespannten Forderungen an die einheimische Bevölkerung wie auch an den Staat heran.

Wenn ein Richter in einem öffentlichen Vortrag einen Gegensatz zwischen „Muslimen“ und „Einheimischen“ konstruiert und es als Problem betrachtet, dass BürgerInnen das Selbstbewusstsein haben, sich mit Forderungen an den Staat zu wenden, fehlen diesem Richter ganz offensichtlich die Grundvoraussetzungen für eine unabhängige, vorurteilsfreie und allein dem Recht verpflichtete Amtsführung. Mehr noch: Durch solch ungebührlichen Äußerungen bereitet Dr. Heusch dem Rassismus der PEGIDA-Bewegung den Weg. Menschen muslimischen Glaubens oder solche, bei denen Dr. Heusch einen muslimischen Glauben annehmen könnte, müssen angesichts des von ihm verbreiteten antimuslimischen Rassismus beim Verwaltungsgericht Düsseldorf den Eindruck haben, nicht mehr darauf vertrauen zu können, vor dem Gesetz gleich behandelt zu werden.

Vor diesem Hintergrund verwundert es wenig, dass das Verwaltungsgericht seit Wochen Beschlüsse fasst, die einerseits die Versammlungsfreiheit der rassistischen antimuslimischen DüGiDa-Bewegung überhöht und andererseits antirassistische Proteste dermaßen behindert und kriminalisiert, dass sich das Oberverwaltungsgericht Münster wiederholt gezwungen sah, Beschlüsse des VG Düsseldorf aufzuheben.

Dr. Heusch ist kein unbeschriebenes Blatt in Sachen stark tendenziösen Verhaltens: kurz nach seiner Amtseinführung hatte er – entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – ein christliches Kreuz im Verwaltungsgericht anbringen lassen und damit die gebotene Neutralitätspflicht des Gerichts verletzt. Bereits am Montag machte die „taz“ zudem darauf aufmerksam, dass in Juraforen über das „Heilig-Kreuz-Gericht Düsseldorf“ ein Austausch darüber stattfände, dass BewerberInnen beim Bewerbungsgespräch gefragt worden seien, ob sie die „kirchliche Heirat“ noch nachholen wollten.

Die rassistischen Aussagen des Dr. Heusch und die seit Jahren andauernde Missachtung der Neutralitätspflicht durch Dr. Heusch sind weder hinnehmbar noch vom wichtigen Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit gedeckt. Von daher fordern wir Dr. Heusch auf, sein Amt als Gerichtspräsident unverzüglich aufzugeben. NRW-Justizminister Thomas Kutschaty ist zudem aufgefordert, unverzüglich aufzuklären, ob es bei Bewerbungsgesprächen am Düsseldorfer Verwaltungsgericht unzulässige Fragen zu Religionszugehörigkeit und religiöser und privater Lebensführung gegeben hat. Sollte dies der Fall sein, sind gegebenenfalls disziplinarrechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einzuleiten.“

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