Wolfgang Huste Polit- Blog

„Die meisten Menschen leben innerhalb des kapitalistischen Staates weit unter ihren soziokulturellen und ökonomischen Möglichkeiten!“. Ein Diskussionsbeitrag von Wolfgang Huste

Donnerstag, 30. Juli 2015 von Huste

Gysi: „Der Kapitalismus kann eine höchst effiziente und produktive Wirtschaft hervorbringen, es gibt so gut wie nie einen Mangel an Waren und Dienstleistungen.“. Dieser Satz, isoliert betrachtet, ist von seiner inhaltlichen Aussage her prinzipiell richtig! Auch Karl Marx und Friedrich Engels erkannten sachlich an, dass die Gesellschatsformation Kapitalismus gegenüber den vorherigen Gesellschaftsformationen (Feudalismus, Slavenhaltergesellschaft, Urgesellschaft) ungeheure Produktivkräfte entwickelte, freisetzte- und den allgemeinen Fortschritt innerhalb der technologischen, naturwissenschaftlichen und auch medizinischen Entwicklung beförderte. Wer das leugnet, ist politisch blind. Marx und Engels haben den Kapitalismus niemals auf einer moralischen Ebene kritisiert, im Sinne von „Gut oder Böse“- sondern sehr nüchtern, objektiv und analytisch. Die Quintessenz zu diesem Thema kann sinngemäß lauten: Die meisten Menschen leben innerhalb und unter dem Kapitalismus, innerhalb der komplexen Struktur des kapitalistischen Staates, also des gedachten und allgemeinen Gesamtkapitalisten, der bekanntlich weitestgehend die Interessen der Einzelkapitalisten schützt und fördert, auf Kosten der Allgemeinheit und der Natur, weit unter ihren soziokulturellen und ökonomischen Möglichkeiten! Die Errungenschaften des hoch entwickelten Kapitalismus kommt bekanntlich in erster Linie nur einer Minderheit zugute. Die Mehrheit der Weltbevölkerung lebt dagegen im tiefen Schatten der Lebensmöglichkeiten, eher im tief schwarzen Keller. Sie erhalten nur die Krümel vom BIP eines Landes, vom technologischen, wissenschaftlichen und medizinischen Fortschritt. Allein schon deshalb ist der Kapitalismus eine völlig undemokratische Gesellschaftsformation, ganz abgesehen davon, dass der Kapitalismus nicht nur Ungleichheit, Massenelend, Massenentlassungen, die Ausbeutung der Natur und Kriege „produziert“, sondern davon lebt, dass dies sein eigentliches Wesen ausmacht. In dieser Hinsicht ist der Kapitalismus durchaus auch moralisch zu verurteilen. Deswegen lautet ja auch die Parole in ganz Europa: „Empört euch – gegen den Kapitalismus, seid eher wütend als nur empört!“. Seid wütend gegen die ausführenden Organe des kapitalistischen Staates, zu denen auch prokapitalistische Parteien, die Klassenjustiz, sein Militärapparat und seine willfährigen Intitutionen/Gruppen gehören! Aber zeigt auch konkrete Alternativen zum Status quo auf, zeigt möglichst konkrete Handlungsmöglichkeiten und Handlungsperspektiven auf, die man auch „vor Ort“ in politisch und ideologisch gut fundierte Aktionen umsetzen kann.

Bochum sucht einen Maulwurf in Dortmund. Hat ein Polizist Daten an Nazis weitergeleitet?

Mittwoch, 08. Juli 2015 von Huste

Dortmund

Dortmund – Zentrum einer besonders rücksichtslosen Nazi-Szene
Foto: dpa/Caroline Seidel

Gibt es im Dortmunder Polizeiapparat einen Maulwurf, der interne und sensible Informationen an Nazis weitergibt? Können Nazis deswegen eine Rollstuhlfahrerin terrorisieren? Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren soll das klären. Die Partei »Die Rechte«, Zentrum der besonders rücksichtlosen Nazi-Szene in Dortmund, macht wieder einmal von sich reden.

Vor einer Woche veröffentlichte sie über das Soziale Netzwerk Twitter ein polizeiliches Schreiben, das persönliche Daten einer Demonstrationsanmelderin enthält. Unter anderem den Namen und die Mobilfunk-Nummer. Zeitweilig war auch ein Foto online, in dem jemand den Behördenbrief, es handelt sich um einen Auflagenbescheid, in der Hand hielt.

Dorothea Moesch hatte eine Flüchtlingsunterstützerdemo im Stadtteil Mengede angemeldet. Nun wird die Rollstuhlnutzerin von anonymen Anrufern terrorisiert. Die sozialdemokratische Lokalpolitikerin, die sich seit Längerem gegen Nazis engagiert, wird nach eigenen Angaben beleidigt und mit dem Tod durch Verbrennen bedroht. Einmal behauptete ein Anrufer, ein Nazi-Kommando stünde vor der Haustüre. Ein Fehlalarm – doch seine Wirkung verfehlte er nicht.

Bedrohungen und Übergriffe auf Nazi-Gegner sind in Dortmund nichts Ungewöhnliches. Die Nazis glauben, Dortmund sei »ihre« Stadt und sie wurden und werden zum Teil noch durch das laxe Vorgehen der Behörden über Jahre in dieser Meinung bestärkt. Doch nun scheint eine neue Dimension erreicht: Wie kam der polizeiliche Auflagenbescheid in die Hände der Nazis?

Nach ersten Medienberichten schaltete Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange das Landeskriminalamt ein, das die Zuständigkeit an die Polizei Bochum übertrug. In Dortmunds Nachbarstadt wird nun ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eröffnet. Infrage kommen Straftatbestände wie Verletzung von Dienstgeheimnissen oder ein Verstoß gegen diverse Normen des Datenschutzes, so ein Behördensprecher zu »nd«. Im Klartext: Bochums Polizei soll herausfinden, ob es in Dortmunds Polizei ein Leck gibt, über das Informationen an Nazis fließen.

»Dass auch heute noch Polizisten mit Nazis sympathisieren, ist nicht auszuschließen«, meint die Dortmunder Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke mit Blick auf die 1950er-Jahre, als der ehemalige SS-Obersturmbannführer Kriminaloberrat Dr. Josef Menke die dortige Kripo leitete und auf Betreiben des NRW-Innenministeriums gar zum Direktor des Landeskriminalamtes befördert werden sollte, was erst eine Intervention der Gewerkschaft ÖTV verhinderte. In den 1980ern seien Mitglieder eines Sondereinsatzkommandos in Dortmund auf »Migrantenjagd« gegangen, erinnert die LINKE-Politikerin.

Seit 1999 kamen in Dortmund fünf Menschen durch Nazi-Attacken zu Tode. Darunter auch drei Polizisten, was heutige »Die Rechte«-Kader bejubelten. Jelpke fordert ein Verbot von »Die Rechte«: »Muss es in Dortmund erst wieder Tote geben?«, fragt sich die Innenpolitikerin

Mittlerweile wurde ein mutmaßlicher Droh-Anrufer ermittelt. Er soll Kontakte zu Dortmunder Neonazis unterhalten.

Quelle: Neues Deutschland vom 08.07.15

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