Wolfgang Huste Polit- Blog

Tag der internationalen Solidarität. Rede zum 1. Mai 2018 von Wolfgang Huste

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Der 1.Mai ist seit über einem Jahrhundert der traditionelle internationale Kampftag der Arbeiterinnen und Arbeiter, die heute auf Tausenden Plätzen und Straßen überall in der Welt für ihre Rechte, gegen Ausbeutung und Unterdrückung, gegen Armut und Perspektivlosigkeit und für die internationale Solidarität demonstrieren. Auch heute hat dieser Tag nichts von seiner Aktualität eingebüßt: Die reichsten 62 Menschen verfügen über soviel Vermögen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung – eine Folge der kapitalistischen Eigentumsordnung. Armut und Kriege sind keine Naturereignisse wie Ebbe und Flut, wie Erdbeben oder Vulkanausbrüche. Kriege und Armut werden gemacht, sind die konkreten Auswirkungen des real existierenden Kapitalismus an der Macht. Ein französischer Sozialist sagte es einmal so: „Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen!“. Weltweit äußert sich diese kapitalistische Realität in der massenweisen Flucht der Menschen aus den erbärmlichen Lebensbedingungen ihrer Heimatländern. Aber auch hierzulande leben immer mehr Menschen unter ärmlichen Bedingungen. Schuld daran sind unter anderem Dumpinglöhne, ein mickriger Mindestlohn, der geradewegs zur Altersarmut führt, aber auch hohe Miet- und Energiekosten, ebenso Massenentlassungen und steigende Beiträge bei den Krankenkassen. Unsere Forderung muss lauten: Schluss mit dem Raubbau an unseren Lebensgrundlagen! Schluss mit dem allgemeinen Sozialabbau! Für ein Verbot von Massenentlassungen, gegen Einschränkungen beim Betriebsverfassungsgesetz und beim Streikrecht. Kämpfen wir gemeinsam für eine solidarische, für eine tolerante, für eine demokratische Gesellschaft und insbesondere für den Ausbau des Sozialstaates!

In ganz Europa, demnach auch in Deutschland, verschärfen sich die Arbeitsbedingungen. Spätestens seit der Umsetzung der Hartz-Gesetze und der Agenda 2010 ist Deutschland ein Niedriglohnland. Immer mehr Menschen müssen von Zeitarbeit leben oder in mehreren ,,Mini-Jobs‘‘ arbeiten. Wer keine Arbeit findet, steht unter dem Zwangsregime der Jobcenter. Soziale Arbeit, Erziehung und unbezahlte Hausarbeit werden nach wie vor überproportional von Frauen verrichtet, was eine strukturelle Diskriminierung darstellt. Frauen werden in der Regel für gleichwertige Arbeit schlechter als Männer bezahlt, das ist mittlerweile jedem bekannt. Gegen diese Bedingungen beginnen sich Menschen verstärkt zu organisieren und zu wehren. Tausende ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen gehen auf die Straßen und Plätze, ebenso Beschäftige des öffentlichen Dienstes, auch Menschen, die unter schlechten, krank machenenden Bedingungen im Pflegebereich arbeiten. Die Reaktion von marktradikalen Politikern und Unternehmer freundlichen Medien lässt nie lange auf sich warten und äußert sich in Hetze gegen kämpferische Belegschaften. Wir sagen: Das Grundrecht auf Streik ist nicht verhandelbar! Unterstützen wir auch dieses Jahr solidarisch unsere KollegInnen im Kampf für unsere Rechte, für eine bessere, armutsfeste Entlohnung, für bessere Arbeitsbedingungen!

Ein immer größerer Anteil unseres Lohnes wird für unsere unmittelbaren Lebensbedürfnisse ausgegeben, dazu gehören steigende Mietzahlungen ebenso wie explodierende Stromkosten. Wir fordern die Neuauflage des sozialen, geförderten Wohungsbaus. Wir kämpfen für bezahlbaren Wohnraum und für ein gutes Leben für alle Menschen! Es wird Zeit, dass wir nicht nur – bildlich gesprochen – die Krümel vom Kuchen einfordern, die bescheidene Erhöhung des Lohngroschens, sondern die ganze Torte, oder treffender, wie es die Spontis sagen: „Wir fordern nicht nur die Erhöhung des Lohngroschens, wir wollen nicht nur die Krümel vom Kuchen, auch nicht die Torte – wir wollen die gesamte Bäckerei!“. Es muss also unser Ziel sein, dass die arbeitende Bevölkerung von diesem großen, gesellschaftlichen Kuchen zumindest auch große Stücke abbekommt, nicht nur die Krümel- und selbst die Krümel werden uns hier und da von den Unternehmern und marktradikalen Politkern kaum gegönnt.

Einerseits wird kräftig gekürzt, insbesondere in den Kommunen, andererseits werden marode Banken mit Steuergeldern gerettet und das Militärbudget, der zweitgrößte Haushaltsposten, auf 37 Milliarden erhöht – Tendenz steigend. Die Bundeswehr befindet sich in zahlreichen Auslandseinsätzen. Zugleich liefert die BRD als drittgrößter Waffenexporteur Kriegswaffen in Krisengebiete und unterstützt autoritäre Regime wie die Türkei, das Teile der eigenen Bevölkerungen foltert und drangsaliert, insbesondere Kurdinnen und Kurden. Erdogans Regime führt einen völkerrechtswidrigen Krieg auf syrischem Boden – und zu alldem schweigt unsere Regierung, wo klare Kante gegen Erdogans repressiver Politik dringendst angesagt sein muß. Multinationale Konzerne ruinieren die Lebensmittelversorgung in ganzen Erdregionen und hinterlassen Umweltzerstörung, Armut, Hunger und Elend – während sie zugleich soviel Reichtum anhäufen wie nie zuvor. Der Sponti-Spruch: „Bei Banken und Konzernen sind sie fix, fürs Soziale und gute Löhne tun sie nix!“ ist immer noch und immer wieder gültig. Die Ausplünderung durch westliche Konzerne und die von den westlichen Regierungen entfachten oder geschürten Kriege sind die Hauptursache für die weltweiten Flüchtlingsströme. Wir sagen: Schluss mit der Organisierung und Durchführung von Kriegen durch neoliberale Politiker, durch Militaristen, Banken und Konzerne!

Vermehrt kommen Menschen aus ihrer Heimat nach Deutschland, um Schutz vor Krieg, Verfolgung, bitterster Armut und Perspektivlosigkeit zu finden. Die Geflüchteten sind Sondergesetzen unterworfen, auf sie wartet Armutsverwaltung und ein entwürdigender Asylprozess, der sie über Jahre, verschärft durch das neue „Integrationsgesetz“, entmündigt – oder es droht ihnen die Abschiebung. Der Zuzug von Familienangehörigen wird ihnen oftmals verwehrt. Seehofer gelingt es, eine ohnehin schon fürchterliche Entscheidung noch weiter zu verschlimmern. Dass Seehofer mit seinem Gesetzentwurf dem Familiennachzug noch strengere Einschränkungen auferlegt als im Koalitionsvertrag vorgesehen, zeigt, wie wenig der Heimatminister vom Grundrecht auf Familie hält – wenn es um Flüchtlinge geht. Meine Meinung: Seehofer gehört eher in ein bayrisches Heimatmuseum, als ein lebendes und abscheckendes Beispiel für einen reaktionären, rassistischen Politiker. Es gibt überhaupt keine legitime Grundlage dafür, Sozialleistungsbeziehern den Familiennachzug zu verweigern. Den Kindern bedürftiger Eltern das Recht auf Zusammenleben abzusprechen, bedeutet, rassistische mit sozialer Ausgrenzung zu kombinieren. Dabei ist der Schutz der Familie im Grundgesetz verankert, und das Kindeswohl ist nicht nur Teil unseres Grundgesetzes, sondern auch des Völkerrechts. Diese Rechte dürfen nicht zur Disposition gestellt werden – weder aufgrund der Herkunft noch aufgrund der Vermögensverhältnisse. Statt immer weiterer Schikanen gegen Flüchtlinge fordere ich, den Familiennachzug für alle Flüchtlinge wieder zu ermöglichen. Das wäre nicht nur im Interesse der Geflüchteten, sondern auch der Aufnahmegesellschaft, um eine schnelle und gute Integration zu ermöglichen.

Grauenhaft ist auch die Tatsache, dass viele Flüchtlinge, die vor Krieg und Elend zu uns geflüchtet sind, wiederum terrorisiert werden. Im Jahr 2017 gab über 2300 gewalttätige Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte, im Jahr zuvor waren es sogar 3500. Die Grundlage dieser Angriffe sind Hetze und Terrorhysterie, die durch Medien, bürgerliche Parteien und rechte Gruppen betrieben werden. So wird vom eigentlichen Problem abgelenkt: dem maroden System, genannt Kapitalismus, das all diese negativen Entwicklungen hervorbringt.

Wir sagen: Schluss mit Rassismus und Ausgrenzung, Schluss mit der Ausbeutung der südlichen Länder durch die Industriestaaten! Wir sind bunt, wir sind vielfältig, wir sind solidarisch, wir sind demokratisch, wir sind viele! Wir kämpfen mit euch für eine solidarische Perspektive für alle Menschen – jenseits von Rassismus, Faschismus, Rechtspopulismus, Patriarchat und Ausbeutung! Wir kämpfen mit euch zusammen für eine Gesellschaft ohne Armut, ohne Unterdrückung. Wir kämpfen für ein gutes Leben für alle! In diesem Sinne sage ich: Empörung allein ist nicht genug! Engagiert euch, organisiert euch, vernetzt euch, setzt euch ein für alle Menschen, die sich nicht auf der Sonnenseite des Lebens befinden. Stoppen wir gemeinsam den allgemeinen Sozialabbau und den Abbau von demokratischen Rechten. Stoppen wir auch rechtspopulistische, rechtsradikale und rassistische Parteien, die mittlerweile in ganz Europa in den Parlamenten vertreten sind, auch bei uns in Deutschland. Setzen wir uns gemeinsam ein für eine Welt ohne Kriege, ohne Hass, ohne Ausgrenzungen, demnach ohne Rassismus und Faschismus. Setzen wir uns gemeinsam ein für eine tolerante, bunte, vielfältige, soziale und friedliche Gesellschaft. Setzen wir uns gemeinsam auch für starke, kämpferische, widerständige Gewerkschaften und fortschrittliche Bürgerinitiativen ein, die sich zugunsten der Allgemeinheit, der Natur, zugunsten der Umwelt, engagieren. In diesem Sinne und zum Abschluß rufe ich euch zu: „Hoch lebe die internationale Solidarität!“.

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 02. Mai 2018 um 11:44 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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