Wolfgang Huste, Mitglied im Stadtrat für DIE LINKE: „Auch in Bad Neuenahr-Ahrweiler gibt es ein großes Wohnviertel, in dem einige Straßen immer noch in der unheilvollen Tradition der NS-Ideologie, des reaktionären Revanchismus und des Nationalismus stehen. Diese revanchistischen Straßennamen, die man teilweise auch noch in anderen Städten findet, sind in erster Linie ein „Kotau“ vor den damaligen und auch heutigen Vertriebenen- und Heimatverbänden, oder vor anderen erzkonservativen, auch reaktionären Gruppen und Organisationen, die teilweise immer noch der Ideologie und der Lebensweise nachtrauern, die im damaligen „Großdeutschen Reich“ an der Tagesordnung war. Man sollte sich zumindest über den ideologischen Hintergrund im Klaren sein, darüber nachdenken, auch öffentlich diskutieren, ob es in einer modernen Demokratie, in einer modernen Stadt, nicht weit eher Sinn macht, solche Straßen umzubenennen, zum Beispiel in Bertha-von-Suttner-Straße, Clara-Zetkin-Straße, Thomas-Mann-Straße, Kurt – Tucholsky-Straße, Erich-Kästner-Straße oder nach anderen demokratisch, fortschrittlich und weltoffen gesinnten Persönlichkeiten, die auch über unsere Stadtgrenze hinweg bekannt sind. Die von mir und anderen kritisierten Straßennamen lauten konkret: Tilsiter Straße, Stettiner Straße, Küstriner Straße, Danziger Straße, Breslauer Straße, Marienburger Straße. Die Orte, nach denen die Straßen benannt wurden, tragen jetzt polnische oder russische Namen. Nicht nur für polnische und russische Touristen, deren Vorfahren im damaligen Krieg von deutschen Soldaten überfallen, ermordet und/oder gequält wurden, sind die von mir zitierten revanchistischen Straßennamen eine ständige Provokation, eine ständige Erinnerung an sehr finstere Zeiten!Das Ministerium für Vertriebene wurde 1969 im Zuge der Ostpolitik von Willy Brandt unter heftigem Protest aufgelöst. Unter dem Minister Theodor Oberländer waren 75 % der Planstellen mit ehemaligen Mitgliedern der NSDAP besetzt. Im Schulatlas war Deutschland dreigeteilt: Bundesrepublik Deutschland, SBZ und Ostdeutschland (unter polnischer Verwaltung). Die Politik suggerierte, dass es wieder zu einem Deutschland in den Grenzen von 1937 kommen würde. In diesem politischen Klima kam es zur Benennung der strittigen Straßennamen Tilsiter, Stettiner, Breslauer usw.. Ich finde es sehr befremdlich, wenn wir immer noch an diesen Straßennamen krampfhaft festhalten, die objektiv in einer NS-Ideologie stehen, im Sinne des damaligen „Großdeutschen Reiches“. Es gibt weit bessere, zeitgemäßere Alternativen zu diesen revanchistischen Straßennamen; Namen, die eine weltoffenere, tolerante und demokratische Gesinnung vermitteln. So könnte man auch im Zuge der Erinnerungskultur die Straßen nach den Opfern des Naziregimes benennen. Die Stadt steht hier in der Mitverantwortung und sollte sich dem stellen. Ein Kompromiss wäre es, wenn man unterhalb der jetzigen Straßennamen mit einer kleinen Zusatztafel erklärt, wie die Straßen heute in den entsprechenden Ländern heißen.“
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Das Ministerium für Vertriebene wurde 1969 im Zuge der Ostpolitik von Willy Brandt unter heftigem Protest aufgelöst. Unter dem Minister Theodor Oberländer waren 75 % der Planstellen mit ehemaligen Mitgliedern der NSDAP besetzt. Im Schulatlas war Deutschland dreigeteilt: Bundesrepublik Deutschland, SBZ und Ostdeutschland (unter polnischer Verwaltung). Die Politik suggerierte, dass es wieder zu einem Deutschland in den Grenzen von 1937 kommen würde. In diesem politischen Klima kam es zur Benennung der strittigen Straßennamen Tilsiter, Stettiner, Breslauer usw..
Comment: Anonymous – 17. Juli 2018 @ 12:32
Eine konsequente Entnazifizierung, eine konsequente Bekämpfung von rechtspopulistischen oder faschistischen Organisationen hat es nach 1945 nie gegeben, bis heute nicht. Bis heute sind Antifaschismus und Antirassismus keine Staatsdoktrinen, Antikommunismus und Antisozialismus dagegen schon. Innerhalb der Gesellschaftsformation Kapitalismus, in der wir sozialisiert werden, aber schon. Konsequent werden eher Linke verfolgt. Auf dem rechten Auge ist der Staat eher blind.
Comment: Anonymous – 17. Juli 2018 @ 23:23
In den ehemals deutsch belagerten Koloniegebieten Südwest-Afrikas wird in jüngerer Zeit diskutiert, ob die verbreitet nach deutschen Kolonialverbrechern benannten Straßen und Plätze noch zeitgemäß sind, in gleicher Weise ist es legitim, die von Wolfgang Huste monierten Straßennamen als Zeugnis imperialer Ambitionen in Frage zu stellen. Immerhin machen v.a. die älteren, mitunter recht stramm rechtsnational gesinnten Mitglieder der Vertriebenen- und Heimatverbände nicht selten deutlich, dass „Ostpreussen“ in ihren bizarren Welbildern weiterhin als Teil des neuen (alten) großdeutschen Reichs, vorzugsweise in den Grenzen vor 1918, zu beanspruchen ist, die von Wolfgang Huste angeregte Diskussion ist insoweit keineswegs an den Haaren herbeigezogen.
Comment: matana – 22. Juli 2018 @ 17:15