Wolfgang Huste Polit- Blog

Brauner Geheimbund. Beiträge aus Internetforum belegen Verbindungen zwischen militantem Neonazinetzwerk und NPD. Sachsens Neofaschisten diskutierten, »Polizeiwache abzufackeln«. Von Markus Bernhardt

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Kurz vor dem für das kommende Wochenende anberaumten Parteitag der NPD gerät die neofaschistische Organisation, die sich aus Angst vor einem neuerlichen Verbotsverfahren in der Öffentlichkeit nur allzu gern von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung distanziert, in die Bredouille. So sorgt die Veröffentlichung interner Forenbeiträge des neofaschistischen Internetportals »Freies Netz« (FN) aus Sachsen durch Leipziger Antifaschisten für ungewolltes Aufsehen. Beim sogenannten »Freien Netz« handelt es sich fernab der betriebenen Internetpräsenz um eine der bedeutendsten Vereinigungen militanter Neonazis, die vorranging in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aktiv sind.

Insgesamt 1300 Forenbeiträge haben die Leipziger Aktivisten der Gruppe »Gamma – antifaschistischer Newsflyer für Leipzig und Umgebung« ausgewertet. Sie kommen dabei zu dem Schluß, daß die extremen Rechten aus den Reihen des »Freien Netzes« aus »instrumentellen und strategischen Gründen« die Nähe zur NPD suchen. Die am Sonntag veröffentlichten Beiträge belegen außerdem, daß führende Neonazis aus Leipzig und Umgebung eine »NS-Ersatzorganisation« schaffen wollen und dafür die NPD-Jugendgruppierung »Junge Nationaldemokraten« (JN) nutzen. »Der Landesvorstand der JN in Sachsen ist komplett mit revolutionären Kräften besetzt, die auf Linie sind, der Landesführer ist einer von uns, und die Ausrichtung der JN wird kontinuierlich in Richtung ›NS-Ersatzorganisation‹ vorangetrieben«, heißt es etwa in einem der Forenbeiträge der Neofaschisten.

»Die Partei garantiert den Anschein von Legalität, leitet Geld an Kameradschaftsgruppen weiter und bietet bezahlte Posten. Das FN nutzt seine Kontakte, um Entscheidungen innerhalb der NPD zu beeinflussen und die eigenen, neonazistischen Leitlinien durchzusetzen oder ihre Berücksichtigung gar zu erpressen«, schlußfolgern die Leipziger Neonazigegner in ihrer Auswertung. Darüber hinaus bietet die Veröffentlichung einen eindrucksvollen Einblick in das Innenleben der gewaltbereiten Szene samt ihrer antisemitschen und völkisch-rassistischen Ideologiekonstrukte und zeichnet ein aufschlußreiches Bild über die Aktivitäten der Hintermänner des »Freien Netzes«. So wurde in dem internen Forum etwa angeregt, eine »Polizeiwache anzugreifen und abzufackeln«. Ein Nutzer kommentierte diesen Vorschlag mit dem Eintrag »Ohne einen abzustechen? Ist ja langweilig«.

Außerdem diskutierten die militanten Faschisten, verkleidet als Punks Sachbeschädigungen an Ladengeschäfte und Fahrzeugen zu verüben, um bei der Bevölkerung Vorbehalte gegenüber Linken zu schüren.

Die sächsische Linksfraktion bezichtigt den dortigen NPD-Fraktionschef und Vorsitzenden des Landesverbandes, Holger Apfel, der als möglicher Herausforderer des amtierenden Bundesvorsitzenden der neofaschistischen Partei gilt, die Radikalisierung der extremen Rechten »wesentlich gefördert« zu haben. So hätten unter Apfel, der versucht, sich einen gemäßigten Anschein zu geben, wichtige Führungspersonen des »Freien Netzes« bezahlte Posten und Mandate in Sachsen erringen können.

Fernab der NPD dürfte die aktuelle Veröffentlichung indes vor allem den Inlandsgeheimdienst in Erklärungsnöte bringen. Der hatte im aktuellen Verfassungsschutzbericht erneut erklärt, daß es sich beim »Freien Netz« einzig um ein Internetportal handelt.

Unterdessen mehren sich Hinweise, daß keineswegs nur sächsische Strukturen der neofaschistischen NPD und ihrer Jugendorganisation über exzellente Kontakte zu militanten Kameradschaften und sogenannten »Autonomen Nationalisten« verfügen. So warnte etwa der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Wochenende vor einer Unterwanderung der Landes-NPD durch neonazistische Kameradschaften, die in etlichen Kreisverbänden schon das Sagen hätten.

Quelle: www.gamma.noblogs.org

Dieser Beitrag wurde am Montag, 07. November 2011 um 10:48 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Kommentiert: Von Staats wegen gefördert. Von Markus Bernhardt

    Die Auswertung von über 1300 internen Forenbeiträgen von Mitgliedern des neofaschistischen Netzwerkes »Freies Netz« in Sachsen wirft ein bezeichnendes Licht auf Verfassungsschutz, Polizei und Justiz. Während die sächsischen Schlapphüte in ihrem neuen Verfassungsschutzbericht einmal mehr behaupteten,das »Freie Netz« sei nicht mehr als eine Internetseite, zeichnen die aktuellen Veröffentlichungen ein gänzlich anderes Bild. Unter den Augen des Inlandsgeheimdienstes ist es den militanten Rechten – mittlerweile über Jahre hinweg – möglich, ungestört am Aufbau von »NS-Ersatzorganisationen« zu arbeiten, die Strukturen der staatlich alimentierten NPD zu nutzen und über Brandanschläge sowie gegen die Bevölkerung und Antifaschisten gerichtete Gewalttaten zu schwadronieren.

    Mit Neonazis hat man in dem seit 1990 durchweg von der CDU geführten Freistaat offensichtlich keinerlei Probleme. Vielmehr verwenden etablierte Politik sowie Polizei- und Justizapparat in Sachsen – der Berliner Historiker Wolfgang Wippermann nannte es einmal das »rechtskonservativste und unfreieste Bundesland der Republik« – ihre Zeit dafür, engagierte Nazigegner und Demokraten wie etwa den SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle oder den Linksfraktionschef André Hahn mittels inszenierter Vorwürfe zu diskreditieren und kriminalisieren.

    Um den Kampf gegen kriminelle Vereinigungen wie das »Freie Netz« überhaupt ernsthaft führen zu können, müßten sowohl die politischen Mandatsträger der Landesregierung als auch die Führungsetagen im sächsischen Landeskriminalamt und in der Staatsanwaltschaft komplett ausgetauscht werden. Ansonsten gelten im Freistaat auch in den nächsten zwei Jahrzehnten eigene Regeln. Und diese beinhalten den rechtswidrigen Kampf gegen Demokraten und Neonazigegner – und ein Verharmlosen und dadurch bedingtes Fördern gewaltbereiter Neofaschisten.

    Quelle: http://www.jungewelt.de vom 07.11.11

    Kommentar: Huste – 07. November 2011 @ 10:49

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