Wolfgang Huste Polit- Blog

Das Kapital soll zahlen. Von Heike Schrader, Athen

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Mit einem 48stündigen Generalstreik wollen die Erwerbstätigen Griechenlands heute und morgen auf die erneute Unterordnung ihrer Regierung unter die Forderungen der Troika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank reagieren. Am Donnerstag vormittag, nur wenige Stunden nach der Einigung der Chefs der drei Regierungsparteien mit Ministerpräsident Loukas Papadimos, riefen die beiden Gewerkschaftsdachverbände GSEE (private Wirtschaft) und ADEDY (öffentlicher Dienst) zum Ausstand am Freitag und Sonnabend auf.

Angestellte von zwei staatlichen Dienststellen, denen durch die neuen Kürzungen die Auflösung droht, besetzten am Donnerstag morgen das griechische Arbeitsministerium. Für den Abend hatten sowohl die kommunistisch orientierte Gewerkschaftsfront PAME als auch zahlreiche Organisationen der außerparlamentarischen Linken, Basisgewerkschaften und die Linksallianz SYRIZA zu getrennten Demonstrationen in Athen und anderen Städten des Landes aufgerufen. Aleka Papariga, die Generalsekretärin der KP Griechenlands (KKE), forderte, für die Schulden müßten diejenigen zahlen, die sie zu verantworten haben: Die Regierungsparteien »PASOK, Nea Dimokratia, LAOS zusammen mit den Kapitalisten«.

In der Nacht zum Donnerstag hatten sich die Vorsitzenden der drei Koalitionsparteien mit Ministerpräsident Papadimos weitgehend auf die von den Gläubigern im Gegenzug für ein neues 130 Milliarden Euro schweres Kreditprogramm geforderten weiteren Einschnitte geeinigt. Nachdem es zunächst geheißen hatte, die Gespräche seien an der Frage von Rentenkürzungen gescheitert, verkündete Athen gestern kurz vor Beginn einer Sitzung der Finanzminister der Euro-Zone in Brüssel jedoch, man habe eine »endgültige Einigung« erreicht. Diese sieht dem Vernehmen nach unter anderem die Entlassung von insgesamt 150000 Staatsbediensteten bis Ende 2015 vor. 15000 von ihnen sollen noch in diesem Jahr ihren Arbeitsplatz verlieren. Zudem wird eine vollständige Zerschlagung des Tarifrechts in der privaten Wirtschaft angestrebt. Alle Löhne der nach dem allgemeinen nationalen Tarifvertrag Bezahlten werden um 22 Prozent gesenkt. Damit sinkt der bereits jetzt nicht zum Leben ausreichende Mindestlohn von 751 auf 586 Euro brutto im Monat. Nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern bleiben davon 480 Euro netto übrig. Neueingestellte, die jünger als 25 Jahre sind, sollen sogar nur 510 Euro brutto erhalten, das Arbeitslosengeld sinkt von 461 auf 323 Euro. Der 22prozentige Abschlag gilt für alle Lohnstufen im Tarifvertrag. Wer sich also in zehn Jahren Schufterei auf 962 Euro brutto hochgearbeitet hatte, muß nun wieder mit 750 Euro auskommen. Die bisher gültigen stufenweisen Lohnerhöhungen nach jeweils drei Arbeitsjahren werden bis mindestens Ende 2014 ausgesetzt.

Der neue Horrorkatalog soll noch am Sonntag im Eilverfahren durch das griechische Parlament gepeitscht werden. Dabei wird zunächst nur über den Rahmen abgestimmt, die einzelnen Maßnahmen sollen später als Gesetzesergänzungen eingebracht werden. Die drei Regierungsparteien verfügen über 252 der 300 Sitze im Parlament. Sowohl die Gewerkschaftsdachverbände als auch Parteien und Organisationen der Linken haben für diesen Tag bereits zu Protesten vor dem Parlament aufgerufen.

Quelle: www.jungewelt.de vom 10.02.12

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 10. Februar 2012 um 09:29 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Griechenland dient den Neoliberalen als ein gigantisches, soziales und ökonomisches Versuchslabor. Wenn die herrschenden Eliten, die Kapitalistenklasse, vertreten durch willfährige konservative bis reaktionäre PolitikerInnen und Grossbanken, sich mit ihrer brutalen Kürzungspolitik durchsetzen, dann werden sie ihre reaktionäre Politik auch in anderen europäischen Staaten so oder ähnlich brutal durchsetzen (wollen)! Nun ist ziviler Widerstand angesagt- überall in Europa! Verteidigen wir solidarisch, auch supranational, die sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse, die vorherigen Generationen hart erkämpft haben! Errungenschaften, die nun teilweise in wenigen Monaten von den herrschenden Eliten abgebaut, wenn nicht gar zerstört werden. Wir benötigen eine gut organisierte Großdemo gegen diese asoziale Politik auf der europäischen Ebene, z.B. in Brüssel, Straßburg oder Rom, aber auch auf der nationalen Ebene! Wo bleiben bei uns die gewerkschaftlichen Aufrufe, sich mit der griechischen Bevölkerung solidarisch zu erklären? Stattdessen biedert sich der Gewerkschaftsfunktionär Sommer gegenüber dem konservativen Bürgertum, den herrschenden Eliten, an, in dem er mit dem Satz: „DIE LINKE ist nicht regierungsfähig!“ den herrschenden Eliten in Deutschland eine Steilvorlage gibt und dazu aufruft (wenn auch indirekt), doch lieber wieder die Sozialabbauerpartei SPD zu unterstützen (die bekanntlich eher mit der CDU ins politische Bett geht als mit den Linken). Unser Motto sollte stattdessen lauten, insbesondere was die Sozialpolitik der Konservativen angeht: „Vorwärts immer- rückwärts nimmer!“.

    Comment: Wolfgang Huste – 10. Februar 2012 @ 13:18

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