Während die türkische Luftwaffe in der Nacht zum Montag Angriffe auf Lager der Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) im Nordirak flog, droht ein Hungerstreik von politischen Gefangenen in der Türkei zu eskalieren. »An diesem Montag werden sich alle Gefangenen in der Türkei und Nordkurdistan dem unbefristeten Hungerstreik anschließen«, hatte der Sprecher der Gefangenen aus der PKK, Deniz Kaya, am Sonntag die Ausweitung der seit dem 12. September von bislang rund 700 Gefangenen durchgeführten Protestaktion auf rund 10000 Teilnehmer angekündigt »Wir setzen unsere Körper für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage und für ein würdevolles Zusammenleben der Völker dem Tod aus.« Wie viele Gefangene am Montag tatsächlich begonnen haben, die Nahrungsaufnahme zu verweigern, war bis Redaktionsschluß nicht zu erfahren. Mehrere der bereits seit fast zwei Monaten im Hungerstreik befindlichen Gefangenen befänden sich inzwischen in akuter Lebensgefahr, warnte das Kurdische Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit »Civaka Azad« in Frankfurt am Main.
Die Protestierenden, zu denen auch zwei inhaftierte Parlamentarier und ein Bürgermeister der Partei für Frieden und Demokratie (BDP) sowie neun Journalisten gehören, fordern ein Ende der Isolationshaft von PKK-Führer Abdullah Öcalan. Dieser durfte seit Juli vergangenen Jahres keinen Besuch seiner Anwälte mehr auf der Gefängnisinsel Imrali erhalten. Stattdessen wird am heutigen Dienstag in Silivri bei Istanbul der Prozeß gegen 46 größtenteils inhaftierte Rechtsanwälte fortgesetzt, die aufgrund ihrer Verteidigertätigkeit für den PKK-Vorsitzenden nun selber des Terrorismus bezichtigt werden. Weitere Forderungen der Gefangenen betreffen eine Beendigung der Assimilationspolitik des türkischen Staates gegen die kurdische Bevölkerung sowie eine Aufhebung gesetzlicher Barrieren beim öffentlichen Gebrauch der kurdischen Sprache etwa im Unterricht und vor Gericht. Ein von der Regierung angekündigter Gesetzentwurf zur Möglichkeit, sich vor Gericht in kurdischer Sprache zu verteidigen, entpuppte sich bereits als Täuschungsmanöver, denn gerade bei den politischen Massenprozessen gegen auf Grundlage des »Antiterrorgesetze« angeklagte Kurden soll diese Regelung wegen der durch die Übersetzung drohenden Verzögerungen nicht zur Anwendung kommen.
In Diyarbakir und Istanbul ist die türkische Polizei in den letzten Tagen wiederholt mit Gasgranaten und Wasserwerfern gegen Demonstranten vorgegangen, die aus Solidarität mit den Gefangenen auf die Straße gegangen waren. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte während seines Deutschland-Besuchs letzte Woche noch bestritten, daß überhaupt ein Hungerstreik in türkischen Gefängnissen stattfindet. Nun nannte er diesen auf einer Veranstaltung zum zehnjährigen Regierungsjubiläum seiner islamisch-konservativen AK-Partei am Wochenende eine »Erpressung« und behauptete, die türkische Bevölkerung sei mehrheitlich für eine Wiedereinführung der Todesstrafe. Die regierungsnahe Tageszeitung Todays Zaman geht allerdings nicht davon aus, daß Erdogan tatsächlich die im Rahmen des EU-Beitrittsprozesses 2004 abgeschaffte Todesstrafe wieder einführen will.
Auf der heutigen Fraktionssitzung der Linksfraktion im Bundestag will sich deren Sprecherin für internationale Beziehungen, Sevim Dagdelen, dafür einsetzen, zum Hungerstreik in den türkischen Gefängnissen eine »aktuelle Stunde« des Parlaments zu beantragen.
Quelle: www.jungewelt.de vom 06. November 2012
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