Wie lokale Medien berichten, erhebt ein 50jähriger bundesdeutscher Staatsbürger iranischer Abstammung schwere Vorwürfe gegen Polizeibeamte in Mainz-Kastel. Der Mann war Ende Dezember vor einem Supermarkt Zeuge einer Schlägerei geworden und gibt an, daß er bei dem Versuch, den Streit zu schlichten, von vier herbeigerufenen Polizisten mißhandelt worden sei.
Anstatt sich um die in den Streit verwickelten Personen zu kümmern, hätten die Beamten ausgerechnet ihn zielstrebig an den Händen festgehalten und dann »brutal auf den Boden geworfen und sich mit ihrem schweren Körpergewicht auf mich gesetzt«, berichtet der 50jährige. Darauf hin habe ihm einer der Polizisten Erde in den Mund gesteckt sowie Nase und Mund zugehalten. Ein anderer habe ihm Hals und Hände verdreht und anschließend Handschellen angelegt.
Wenig später hätten ihn die Beamten in die örtliche Polizeiwache mitgenommen und dort in einer Zelle eingeschlossen. Später hätte man ihn mit dem Hinweis entlassen: »Jetzt kennen wir Sie.« Wegen starker Schmerzen habe der Mann ein Krankenhaus aufgesucht, wo die Ärzte Prellungen und Blutergüsse diagnostizierten. Die Rücksprache mit dem in Mainz angesiedelten Initiativausschuß für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz habe ihn darin bestärkt, seine Erfahrungen publik zu machen.
In der dadurch ausgelösten medialen und öffentlichen Diskussion wurden auch Parallelen zu anderen Übergriffen hessischer Polizeibeamter gezogen. Anfang November warf der aus Äthiopien stammende Bundesbürger Derege Wevelsiep Frankfurter Polizisten im Zusammenhang mit einer Fahrscheinkontrolle in der U-Bahn schwere Mißhandlungen und rassistisch motivierte Beleidigungen vor. Im November gab ein in Hessen lebender Deutsch-Marokkaner an, er sei nach einer Verkehrskontrolle von Polizisten zusammengeschlagen worden.
Das für Wiesbaden zuständige Polizeipräsidium Westhessen versprach »eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge« in Mainz-Kastel. Gegen die vier Polizisten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet. Die Beschuldigten rechtfertigen ihr Verhalten u. a. damit, daß sich der Geschädigte ihnen gegenüber auf Verlangen nicht ausgewiesen habe und vor Ort nicht klar ersichtlich gewesen sei, daß er den Streit hatte schlichten wollen.
Nun haben sich auch Kommunalpolitiker und Anwohner in Mainz-Kastel eingeschaltet und Anteilnahme gezeigt. Der Vorfall soll auch in der Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung zur Sprache kommen. Eine örtliche Initiative plant für Februar eine öffentliche Protestveranstaltung. Bei vielen Migranten im Stadtteil herrsche aufgrund negativer Erfahrungen mit der Polizei ein »Klima der Einschüchterung«, erklärte eine Aktivistin auf jW-Anfrage.
Über eine lückenlose Aufklärung hinaus fordern die hessischen Oppositionsparteien SPD, Grüne und Linke die Ernennung eines sogenannten Ombudsmanns. Eine solche unabhängige und öffentliche Beschwerdestelle für Betroffene bei Polizeiübergriffen müsse eigene Ermittlungen durchführen können und sollte nur gegenüber dem Parlament rechenschaftspflichtig sein, so Hermann Schaus von der Linksfraktion. Es müsse diskutiert werden, ob es Rassismus in der Polizei gebe, verlangte der Grünen-Abgeordnete Jürgen Frömmrich. Er regte an, mehr Migranten für den Polizeidienst zu gewinnen.
Quelle: www.jungewelt.de vom 30.01.13
« Heraus zum Massenstreik. Gegen die Machtübertragung an Hitler vor 80 Jahren: Einwohner im schwäbischen Mössingen protestieren am 31. Januar 1933 mit einem Generalstreik. Von Esther Broß – Vertraulich. Nicht zu publizieren. EU-Kommissarin Malmström will mit Internetfiltern, Klarnamen-Pflicht und Alarmknöpfen gegen Terrorismus rüsten. Von Holger Elias »
No comments yet.
Sorry, the comment form is closed at this time.