Mainzer Linke verzichtet auf Aufsichtsratsposten
10.09.10
Große Mehrheit gegen Teilnahme an der Holding
Klar und deutlich hat sich DIE LINKE. Mainz bei ihrem Sonderparteitag am vergangenen Mittwoch gegen die Entsendung eines Aufsichtsratsmitgliedes in die neu gegründete Zentrale Beteilungsgesellschaft Mainz mbH (ZBM) entschieden. 2 Ja-Stimmen, 18 Nein und 3 Enthaltungen waren das Ergebnis einer ausführlichen Debatte darüber, ob die Stadtratsfraktion den ihr angebotenen Aufsichtsratssitz in der Stadtholding einnehmen solle. Schon während der Stadtratssitzung am 1. September hatten die beiden Ratsmitglieder der Linken, Gudrun Hölzl und Dieter Hofem, gegen die Gründung der städtischen Holding gestimmt. Beide waren sich im Anschluss an das Parteivotum einig, dass es daher nur konsequent sei, die Mitwirkung an einer gewinnorientierten GmbH abzulehnen.
Gudrun Hölzl wie auch Dieter Hofem, beide seit Juli 2009 für DIE LINKE im Mainzer Stadtrat, hatten die Parteibasis zur Entscheidung aufgerufen. Diese sollte sachlich differenziert und gut begründet herbeigeführt werden – auf eine längere Präsentation von Für und Wider durch den Fraktionsvorsitzenden folgte der Erfahrungsbericht von Hartmut Bohrer, der seit über zehn Jahren in den rechtsrheinischen Gemeinden Mandatsträger ist und für die Linke Liste (LiLi) in der Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung sitzt. Nach einer abschließenden Einschätzung der strafrechtlichen Dimension bei der Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten durch Rechtsanwalt Wolfgang Ferner, Viertplazierter auf der Landesliste der LINKEN. Rheinland-Pfalz für die Landtagswahl 2011, und einer kontrovers geführten Diskussion wurde das klare Ergebnis erzielt.
„Wir werden uns nicht an einem System beteiligen können, das zu tiefst unseren sozialistischen Ansprüchen widerspricht. Wer den Profit über die Bedürfnisse der Menschen stellt, kann nicht mit unserer Mitwirkung rechnen“, so zusammenfassend der Stadtparteivorsitzende Dr. Hermann Stauffer. „Wir werden uns gerade in diesem Fall nicht in eine Verantwortung ziehen lassen für ein Konstrukt, das sich der demokratischen Kontrolle entzieht und keinerlei Öffentlichkeit zulässt.“ Die Gründung einer städtischen GmbH bewirke genau das Gegenteil von dem, was linke Politik fordere: Sie unterlaufe das Ziel der Rekommunalisierung, die Absicht, alle in den letzten Jahren aus dem städtischen Verbund ausgegliederten Betriebe wieder unter die Kontrolle der Volksvertretung im Stadtrat zurückzuführen.
„Sollten wir tatsächlich den Aufsichtsratsposten besetzen, tragen wir den Maulkorb der Schweigepflicht und das Knebelgeschirr der Unternehmenshörigkeit, wie es die Gesellschaftsvereinbarungen vorschreiben. Das entspricht nicht unserer Ansicht von Transparenz, von Bürgernähe und Teilhabe aller an der demokratischen Willensbildung“, brachte es Dieter Hofem während der Diskussion auf den Punkt. Der Gesellschaftervertrag verlange von seinen Aufsichtsräten Engagement im Sinne des Unternehmens und nicht mehr im Sinne der Stadt und ihrer Einwohner – das könne kein Abgeordneter der Linken in Mainz aufbringen.
Die Mitgliederversammlung war sich einig: Diese Haltung habe weder etwas mit Politikverweigerung noch mit mangelnder Politikfähigkeit zu tun, wie dies der LINKEN oft vorgeworfen werde – im Gegenteil: Gerade weil Mainz einen Stadtrat benötige, der sich seines demokratisch bestimmten Wählerauftrages bewusst ist, dürfe dieser nicht seine Verantwortung an einzelne, allein betriebswirtschaftlich verpflichtete Abgesandte delegieren. Bei Daseinsvorsorge und Teilhabe aller habe reines Unternehmerdenken nichts zu suchen. Die unabsehbaren finanziellen Konsequenzen, der Schaden für die Sozialgemeinschaft, stünden in keinerlei Verhältnis zu den Möglichkeiten Einfluss zu nehmen. Das basisdemokratisch herbeigeführte Votum gegen die „Holding“ sei, so das Fazit der Versammlung, ein eindeutiges Signal an alle politischen Akteure, ihr Handeln nicht eigenen oder fremden Machtinteressen und persönlichen Eitelkeiten zu unterwerfen.
DIE LINKE. Stadtratsfraktion Mainz
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