Die Trinkwasserversorgung in Berlin bietet ein eklatantes Beispiel dafür, was passiert, wenn wesentliche Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge der Menschen privatisiert und elementare Versorgungsbedürfnisse wie das Trinkwasser der privaten Profitgier überantwortet werden.
Seit der 1999 unter breitester Zustimmung der Berliner SPD von der damaligen Großen Koalition durchgeführten Teilprivatisierung hält das Bundesland Berlin nur noch 50,1% des Trinkwasserversorgungsbetriebe. Die heutigen privaten Miteigentümer Veolia und RWE halten zusammen jeweils weitere 24,95%. Wichtige Teile des Privatisierungsvertrags werden allerdings trotz gegenteiliger Absichtserklärungen beim damaligen Vertragsabschluss und trotz gravierender finanzieller Folgen immer noch vor der Öffentlichkeit und selbst den Mitgliedern des Berliner Abgeordnetenhauses geheim gehalten.
Quelle: http://www.berlinews.de/archiv/464.shtml
In den bis heute konkret geheim gehaltenen Vertragsklauseln sind exakt definierte „Gewinngarantien“ für die privaten Gesellschafter festgeschrieben. Werden diese gleich aus welchem Grund durch das tatsächliche Unternehmensergebnis nicht erreicht, muss die öffentliche Hand die entstandene Differenz durch öffentliche Zuschüsse zugunsten der privaten Miteigentümer ausgleichen. Die Privateigentümer tragen hinsichtlich ihrer Profite keinerlei Risiko und kassieren immer.
Allen Beteiligten und der Politik ist seit Jahren klar, dass derartige Gewinngarantien auf Dauer nur unter Inkaufnahme nahezu unerschwinglicher Wasserpreissteigerungen, zu Lasten der Trinkwasserqualität und der dringend notwendigen Investitionen erfüllt werden können. Selbst in der rot-roten Koalition ist aber bisher noch jeder Versuch der LINKEN, wenigstens die Geheimklauseln öffentlich zu machen und dann das Land Berlin aus dieser Zwickmühle zu befreien, an der unnachgiebigen Verweigerungshaltung Wowereits und seiner SPD gescheitert.
Jetzt aber scheint aufgrund wachsender Opposition in der Berliner SPD doch noch Bewegung in die Sache zu kommen – die LINKE hat möglicherweise innerhalb der SPD Verbündete gewonnen. Auf einer so genannten „Ideenkonferenz“ der Berliner SPD hat sich der Regierende Bürgermeister und SPD-Vorsitzende Wowereit offensichtlich widerwillig doch noch zur Offenlegung der umstrittenen kommunalen Wasserverträge bereit erklärt. Dabei sagte er: „Der Vertrag würde so heute nicht nochmals gemacht werden“. Allerdings sei es dem Senat zurzeit nicht möglich, etwas gegen die strittigen Klauseln zu unternehmen. Wowereit erklärte nach jahrelangem Hin und Her, die Klauseln zur Gewinnerwartung im Teilprivatisierungsvertrag der Berliner Wasserbetriebe (BWB) seien „tödlich“.
DIE LINKE verlangt nicht nur in Berlin sondern überall:
* Stoppt endlich die Privatisierung der Daseinsvorsorge der Menschen.
* Die Befriedigung der grundlegenden Lebensgrundbedürfnisse gehört in öffentliche Hand.
* Dort wo bereits Privatisierungen stattgefunden haben, sind diese so schnell wie möglich rückgängig zu machen.
* Dabei sind wo immer möglich Bürgernahe öffentliche Gebietskörperschaften wie Städte, Kreise und Gemeinden als Einrichtungsträger zu bevorzugen.
Anmerkung von Wolfgang Huste, Pressesprecher der Ökologischen Plattform RLP: „Auch in der Grafschaft stehen nun ganz aktuell Gespräche über die zukünftigen Wasserlieferanten an. DIE LINKE. Kreis Ahrweiler wird mit Argusaugen darauf achten, dass die Waserversorgung in der Grafschaft bzw. im Kreis Ahrweiler in der öffentlichen Hand bleibt. Wir lehnen nicht nur in diesem Zusammenhang jegliche PPP – Modelle entschieden ab (= Public Private Partnership). Eine Privatisierung der öffentlichen Energie- und Wasserversorgung ist eine modifizierte Form der freiwilligen Enteignung der Kommunen!“.
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egen Enteignung öffentlichen Eigentums
Die DKP Berlin nahm in einer Pressemitteilung am Donnerstag zum Ergebnis der Unterschriftensammlung für ein Volksbegehren über die Rekommunalisierung der hauptstädtischen Wasserversorgung Stellung:
Die Berliner haben gesprochen: »Schluß mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück!«
Mit dem gestrigen Tag endete die zweite Stufe des Volksbegehrens zur Offenlegung der Wasser-Geheimverträge in Berlin. Mit einem offiziellen Ergebnis ist erst nächste Woche zu rechnen, aber bei über 287.500 eingegangenen Unterschriften steht jetzt schon fest: Die zweite Stufe des Volksbegehrens konnte erfolgreich genommen werden. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Berlin schätzt hierzu ein:
1. Das Ergebnis des Volksbegehrens ist Ausdruck gesellschaftlicher Mehrheiten gegen die Enteignung öffentlichen Eigentums, wie es bei den Berliner Wasserbetrieben 1999 geschehen ist. Mit diesem Volksbegehren ist ein Pflock gesetzt worden im Kampf gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums – nicht mehr, aber eben auch kein bisschen weniger.
2. Das Volksbegehren hat gezeigt, daß die staatstragenden Parteien im Abgeordnetenhaus inklusive der SPD und Linkspartei in der Senatsregierung unfähig sind, diese gesellschaftlichen Mehrheiten für die Offenlegung der Wasser-Geheimverträge zu akzeptieren. Insofern ist davon auszugehen, daß das Berliner Abgeordnetenhaus mit großer Mehrheit das Volksbegehren auch in der zweiten Stufe ablehnt und es somit zum Volksentscheid kommen wird.
3. Insbesondere das Verhalten des Senats vor und während des Volksbegehrens zeigt, daß die Berlinerinnen und Berliner im Kampf gegen Privatisierung nur einem vertrauen können: Ihrer eigenen Kraft. Allen Beteuerungen aus der Führung der Berliner SPD und Linkspartei, auch für die Offenlegung der Geheimverträge zu sein und eine Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe anzustreben, werden bei der bevorstehenden Abstimmung über das Wasser-Volksbegehren im Abgeordnetenhaus auf den Prüfstand gestellt. Und sie werden sich als das entlarven, was sie sind: Ablenkungsmanöver und bestenfalls Lippenbekenntnisse im Vorfeld der Abgeordnetenwahlen 2011.
Die DKP Berlin gratuliert den Initiatoren des Volksbegehrens und vor allem dem Berliner Wassertisch zu diesem beeindruckenden Erfolg. Die DKP Berlin hat mit über 15.000 gesammelten Unterschriften ihren Teil zu diesem Erfolg beigetragen – und sie wird ihren Teil auch dazu beitragen, daß der bevorstehende Volksentscheid zu einem Erfolg wird. Kämpfen wir um unser Wasser – RWE und Veolia den Profithahn abdrehn!
Quelle: http://www.jungewelt.de vom 29.10.10
Comment: Wolfgang Huste – 29. Oktober 2010 @ 13:19
Rückkauf kommunaler Unternehmen ist kaum vorstellbar
Viele Städte bereuen den Verkauf kommunaler Unternehmen, bedeutete das doch das Ende der politischen Handlungsfähigkeit. Doch ein Rückkauf ist zu teuer. Bloß weg damit. Ob Energieerzeuger, Gasversorger oder Wasserbetrieb – jeder Verkauf des städtischen Tafelsilbers war Berlins Landesregierung in den 90er Jahren recht, um Berlins rasante Verschuldung zumindest abzubremsen. Es traf sich gut, dass die Politik überzeugt davon war, dass es die privaten Unternehmer ohnehin besser können als die kommunalen Versorger und Konkurrenz der Anbieter die Preise sinken lassen werde. Berlin stand damit nicht allein. Viele andere deutsche Kommunen gingen den gleichen Weg. Auch Politik hat eben ihre Moden. Das waren jene Zeiten, als die sogenannte Public-Private Partnership mit komplizierten Steuerabschreibungsmodellen in den USA als Allheilmittel für klamme Kommunen galt. Heute spricht niemand mehr davon – bis auf die Städte, die immer noch die Verluste von damals abzahlen. Inzwischen hat sich der Wind gedreht. Mit dem schnellen Geld haben Städte den Zugriff auf ökologische Zukunftsentwicklung aus der Hand gegeben und ihre politische Handlungsfähigkeit verkauft. Strom, Gas, Wasser und auch der öffentliche Nahverkehr gehören wieder zum Kanon jener Güter, die der Bürger in öffentlicher Verantwortung sehen will. Außerdem haben Privatunternehmen weder bewiesen, dass sie es besser machen, noch einen für die Bürger segensreichen Wettbewerb geschaffen. Es brauchte deshalb nicht einmal das erfolgreiche Volksbegehren gegen die hohen Wasserpreise in Berlin, um die rot-rote Koalition zum Umdenken zu bewegen. Im Gegenteil; sowohl bei SPD und Linke haben Parteitage längst die Rekommunalisierung der Betriebe der Daseinsvorsorge beschlossen. Für den Senat entsteht deswegen die paradoxe Situation, dass der bevorstehende Volksentscheid nicht bekämpft wird – zumal keinem Berliner klarzumachen sein wird, warum der Senat gegen niedrigere Wasserpreise sein kann. Die nun bekannt gewordenen Geheimklauseln zur Gewinngarantie, das bis Jahresende erwartete Ergebnis der Untersuchung des Bundeskartellamts und der Anfang 2011 anstehende Volksentscheid werden das Unternehmen weiter unter Druck bringen. Allein um den Grünen keine Steilvorlage für die Wahl im Herbst 2011 zu geben, wird Rot-Rot alles daransetzen, das empörende Vertragswerk zu ändern.
Auch andere Städte wollen sich wieder aus der teuren Abhängigkeit von privaten Monopolunternehmen lösen. Dresden und Darmstadt haben ihre Stromerzeuger zurückgekauft. Hamburg wiederum will mit einem neu gegründeten Stadtwerk weniger abhängig von den Konzernen werden; Stuttgart will folgen: Wo Wettbewerb fehlt, muss man ihn selber entfachen. Auch in Berlin wird diskutiert, einen Energieerzeuger in kommunaler Hand aufzubauen. Für die Stadt, mit weit über 60 Milliarden Euro verschuldet, ist ein solcher Weg wohl die einzige realistische Alternative. Ein Rückkauf, egal ob der Wasserbetriebe oder des Stromerzeugers, ist kaum vorstellbar. Denn trotz der damaligen Einnahme aus dem Verkauf der Wasserbetriebe ist der Schuldenberg seitdem noch gewachsen.
Quelle: Berliner Tagesspiegel, 01.11.2010
Comment: Wolfgang Huste – 04. November 2010 @ 18:28
Der Berliner Senat hat die Wasserverträge veröffentlicht. Einen Tag nach Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses des Volksbegehrens zur Offenlegung der Geheimverträge über die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe hat die Senatsverwaltung für Finanzen am Mittwoch die strittigen Dokumente ins Internet gestellt. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte der Schritt sei im Einvernehmen mit den privaten Anteilseignern RWE und Veolia erfolgt.
Der Senat betonte in seiner Presseerklärung, daß es sich bei den Texten, die interessierte Leser seit gestern 13Uhr auf den Internetseiten der »Wasserpartner Berlin« und der Senatsverwaltung für Finanzen finden, tatsächlich um das komplette Vertragswerk handelt – »im Gegensatz zur nicht autorisierten und unvollständigen Veröffentlichung durch die tageszeitung in der vorletzten Woche«. Fest steht, daß das nun offiziell veröffentlichte Material um ein Vielfaches umfangreicher ist, als das von der taz unter der Überschrift »Der komplette Vertrag« publizierte. Sowohl die Senatsverwaltung für Finanzen als auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft hatten noch in der vergangenen Woche auf jW-Nachfrage versichert, es handele sich bei der taz-Veröffentlichung um das vollständige Vertragswerk.
Die nun vorgenommene amtliche Offenlegung bestätigt die Richtigkeit der bereits vor anderthalb Jahren durch die junge Welt veröffentlichten zentralen Vereinbarungen des Privatisierungsdeals. In diesen wird den Investoren eine ungewöhnlich hohe Rendite garantiert. Für den Fall, daß dies etwa durch Rechtsprechung, beschnitten werden sollte, verpflichtet sich das Land Berlin, den privaten Anteilseignern »die dadurch verursachten geringeren Gewinne oder höheren Verluste… auszugleichen«.
Seit SPD und Linke (damals noch PDS) 2002 die Landesregierung übernahmen, hatten sie die Geheimhaltung der 1998 von der Vorgängerregierung aus CDU und SPD abgeschlossenen Verträge vehement verteidigt. Zur Begründung hieß es immer wieder, eine Veröffentlichung würde Betriebs- und Geschäftgeheimnisse sowie Persönlichkeitsrechte sowohl der privaten Investoren als auch des Landes Berlin verletzen. 2007 startete die Bürgerinitiative »Berliner Wassertisch« ein Volksbegehren für die Offenlegung der Geheimverträge. Ende Oktober 2010 stellte sich heraus, daß die Initiative wider Erwarten erfolgreich war: Mehr als 280000 Berliner, weit mehr als die erforderlichen sieben Prozent der Wahlberechtigten, verlangten mit ihrer Unterschrift die Veröffentlichung der Dokumente.
Der Volksentscheid über das vom Wassertisch geforderte »Transparenzgesetz« soll allerdings trotz der gestrigen Veröffentlichung stattfinden. Als voraussichtlicher Termin wurde in der SPD-Abgeordnetenhausfraktion am Dienstag abend der 13.Februar genannt. Die Option, den Gesetzentwurf des Volksbegehrens im wesentlichen zu übernehmen, käme für die Koalition nicht in Frage, erklärte Wowereits Sprecher Richard Meng gestern gegenüber jW. Grund sei ein Passus, nach dem Verträge, sofern sie nicht innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes veröffentlicht wurden, für unwirksam erklärt werden. Der Senat sei der Auffassung, daß eine solche rückwirkende Außerkraftsetzung juristisch nicht haltbar sei, so Meng.
Quelle: http://www.jungewelt.de vom 10.11.10
Comment: Wolfgang Huste – 11. November 2010 @ 09:38