Wolfgang Huste Polit- Blog

Europäische Streikunion

Donnerstag, 15. November 2012 von Huste

Als »historischen Moment in der europäischen Gewerkschaftsbewegung« hat der Europäi­sche Gewerkschaftsbund (EGB) die Proteste vom Mittwoch gegen die von EU und Internationalem Währungsfonds verordnete sozialfeindliche Kürzungspolitik bezeichnet. Millionen Beschäftigte in etlichen Ländern traten in den Streik oder beteiligten sich an großen Demonstrationen. Zur Arbeitsniederlegung hatten Gewerkschaften in Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und Belgien aufgerufen. Beschäftigte des belgischen Bahnbetreibers SNCB hatten schon am Dienstag abend einen 24stündigen Streik begonnen. Der Hochgeschwindigkeitszug Thalys zwischen Deutschland und Belgien verkehrte nicht. Auch in Frankreich gingen mehr als zehntausend Menschen gegen die Kürzungsmaßnahmen auf die Straße.
Portugal: Verarmung stoppen

»Streikt! Für uns und für euch!« Die Parole des Tages wurde am Montag überall in Portugal befolgt. Das iberische Land erlebte eine der größten landesweiten Arbeitsniederlegungen seiner Geschichte. Dem Aufruf der größten Gewerkschaftszentrale, der kommunistisch beeinflußten CGTP-Intersindical, hatten sich neben unabhängigen auch Dutzende Einzelgewerkschaften der den Sozialisten nahestehenden UGT angeschlossen. Der Nah- und Fernverkehr mit Bussen, Bahnen oder Fähren kam fast vollständig zum Erliegen. In den großen Städten fiel die Müllabfuhr komplett aus. In den Krankenhäusern blieben lediglich die Notaufnahmen in Betrieb. CGTP-Generalsekretär Arménio Carlos hob den länderübergreifenden Charakter des Streiks hervor, der sich »gegen eine Politik der Zerstörung von Ökonomie und Beschäftigung, gegen Verarmung und Vertiefung der Ungleichheit« richte. Seit Beginn der Krise hat sich Portugals Arbeitslosenrate mehr als verdoppelt. Mit offiziell 15,8 Prozent hat sie einen absoluten Rekordstand erreicht. Premierminister Pedro Passos Coelho erklärte zum Streik, seine Regierung lasse sich davon nicht nervös machen und lobte alle Portugiesen, die am Montag ihrer Arbeit nachgingen
Peter Steiniger
Spanien: Prügelnde Polizei

Der zweite Generalstreik in diesem Jahr hatte seit den frühen Morgenstunden weite Teile des öffentlichen Lebens in Spanien lahmgelegt. Während die Regierung eine geringe Beteiligung unterstellte, sprachen die Gewerkschaften von einer Streikteilnahme um die 80 Prozent. Seit den frühen Morgenstunden wurden in vielen Städten die Zufahrten zu Fabriken blockiert.
Fast alle Beschäftigten der Automobilfabriken von Seat und Nissan waren dem Streikaufruf gefolgt. Auch in der Schwerindustrie gab es eine breite Beteiligung. Der öffentliche Verkehr war nahezu lahmgelegt. Im Gesundheitswesen wurden nur Notfälle behandelt. Eine breite Beteiligung am Generalstreik gab es auch in Asturien. An der Demonstration am Mittag in Gijon nahmen laut Gewerkschaftsangaben 12000 Personen teil.

In ganz Spanien wurden am Mittwoch über 80 Demonstranten festgenommen, über 30 Menschen wurden bei gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften verletzt. In Valencia und Tarragona kam es am Vormittag zu brutalen Prügeleinsätzen der Polizei gegen Demonstrierende, ein zehnjähriger Junge wurde dabei am Kopf verletzt. Auch in Madrid ging die Polizei brutal gegen Streikende vor.

Carles Solà und Mela Theurer, Barcelona
Italien: Politik des Niedergangs
Mit Streiks, Protestaktionen und Großkundgebungen haben Gewerkschaften, Arbeitslose und Studenten in Italien massiv gegen die Kürzungspolitik der EU und der Regierung in Rom demonstriert. Zehntausende Menschen gingen in allen italienischen Großstädten auf die Straße. Die größte Gewerkschaft CGIL hatte zu einem vierstündigen Generalstreik aufgerufen. In Schulen und Verwaltungen wurde die Arbeit niedergelegt.

Die größte Protestkundgebung fand in Rom statt. Premierminister Mario Monti bekam zwei Tage vor dem ersten Jahrestag seines Amtsantritts schärfsten Widerstand zu spüren. Zehntausende Schüler, Studenten, Arbeitslose und Anhänger linksorientierter Parteien versammelten sich auf der zentralen Piazza della Repubblica. Sicherheitskräfte hinderten die Demonstranten, bis zum Regierungssitz zu gelangen. Die Chefin des stärksten italienischen Gewerkschaftsverbands CGIL, Susanna Camusso, beteiligte sich an einer Demonstration vor dem Stahlwerk des deutschen ThyssenKrupp-Konzerns in der Stadt Terni. »Ein Europa der Kürzungen führt zum Niedergang. Die gegenwärtige sogenannte Sanierungspolitik verarmt die EU-Länder und sorgt für eine riesige Welle der Arbeitslosigkeit. Italien stürzt immer tiefer in die Rezession«, so Camusso.

»Die Italiener haben bereits einen hohen Preis für die Krise gezahlt. Jetzt verlangen wir Beschäftigung und soziale Gerechtigkeit«, betonten Anhänger der linken Gewerkschaft Cobas.

Zu Protesten kam es auch in Mailand, Florenz und Turin. Die Polizei setzte gegen die Demonstranten Tränengas ein.
Micaela Taroni, Rom
Griechenland: Vernetzen
Nach drei Generalstreiks in drei Monaten beteiligten sich die Gewerkschaften in Griechenland am gestrigen, vom Europäischen Gewerkschaftsbund initiierten »europäischen Aktionstag« nur mit einer dreistündigen Arbeitsniederlegung über Mittag. Gleichzeitig fanden in verschiedenen Städten Kundgebungen und Demonstrationen statt. Die kommunistisch orientierte Gewerkschaftsfront PAME hatte diesmal gänzlich auf einen eigenen Aufmarsch verzichtet. Sie rief ihre Mitgliedsorganisationen vielmehr dazu auf, den Ausstand »zu Versammlungen an so vielen Arbeitsstätten wie möglich« zu nutzen, um »die Erfahrungen aus den Kämpfen und die Zuspitzung des Kampfes gegen die arbeiterfeindlichen Maßnahmen und die Politik, die diese hervorbringt, zu diskutieren«.

Die der Linksallianz SYRIZA nahestehende Gewerkschaftsorganisation »Avtonomi Paremvasi« (Autonome Intervention) betonte die Wichtigkeit einer internationalen Vernetzung des Widerstands. Dem europäischen Aktionstag hätte ein entsprechendes politisches Gewicht verliehen werden müssen, kritisierte die linke Gewerkschaftsorganisation die Entscheidung zum Kurzstreik. »Die Beschränkung der Mobilisierung auf eine dreistündige Arbeitsniederlegung, das Fehlen politischer und organisatorischer Vorbereitung zeigen, daß die Führungen der Gewerkschaftsdachverbände nicht einmal jetzt begreifen, daß über den Wert der Entwicklung der gesellschaftlichen Kämpfe auf nationaler Ebene hinaus der Vereinigung der Kämpfe auf europäischer Ebene ein besonderes politisches Gewicht zukommt.«
Heike Schrader, Athen

Quelle: www.jungewelt.de vom 15.11.12

Rettung des Sozialstaats. Der Studentenverband Die Linke.SDS solidarisiert sich mit europäischen Protesten am heutigen Mittwoch:

Mittwoch, 14. November 2012 von Huste

Am 14. November streiken und protestieren Menschen in mehreren europäischen Ländern gegen die Krisenpolitik der Regierungen. Sarah Nagel, Mitglied im Bundesvorstand von Die Linke.SDS erklärt dazu: »In Südeu­ropa hat sich eine ›Generation Widerstand‹ entwickelt, die um ihre Zukunft kämpft. In Griechenland will die Regierung zum Beispiel 500 Millionen Euro bei der Bildung sparen, die spanische Regierung kürzt drei Milliarden weg. Die Jugendarbeitslosigkeit ist rasant gestiegen. Studierende, Schüler und Arbeiter wollen aber nicht für eine Krise zahlen, die sie nicht verursacht haben. Griechenland. Spanien und Portugal sind die Teststrecke für kommenden Sozialabbau auch in Deutschland. Vom Erfolg der Proteste in diesen Ländern hängt die Rettung des Sozialstaats in ganz Europa ab.«

Max Manzey, ebenfalls Mitglied des Bundesvorstands von Die Linke.SDS, betont: »Deshalb solidarisiert sich Die Linke.SDS mit den Protesten in Südeuropa und fordert die Umverteilung des Reichtums für Bildung und Soziales auch in Deutschland. An mehreren Unis werden Aktionen stattfinden, zum Beispiel in Berlin, Köln, Bochum, Göttingen und Freiburg. Es ist ein Trugschluß, daß uns die Krise hier nichts angeht und wir nicht davon betroffen sind: Die deutsche Regierung trägt durch den Spardruck erheblich zu den Problemen in anderen Ländern bei. Und auch das Bildungssystem hierzulande ist unterfinanziert. Die Situation in Südeuropa zeigt uns dabei, was uns morgen erwarten könnte. Der Kampf um ausfinanzierte Bildungs- und Sozialsysteme ist international.«

Quelle: www.jungewelt.de vom 14.11.12

Es geht uns alle an! Gastkommentar. Streik für ein anderes Europa. Von Sahra Wagenknecht

Mittwoch, 14. November 2012 von Huste

In ganz Europa gibt es heute Streiks und Demonstrationen. Die Menschen protestieren gegen eine Politik, die Billionen Euro für die Rettung von Banken mobilisieren konnte und dieses Geld nun über brutale Kürzungen bei den Beschäftigten, Erwerbslosen und Rentnern wieder eintreiben will. Sie streiken für Arbeitsplätze, für Demokratie und die Verteidigung des Sozialstaats.

Was derzeit in Südeuropa passiert, geht uns alle an. Insbesondere Griechenland wird als Versuchskaninchen benutzt, um auszutesten, wie weit man bei der Zerstörung sozialer und demokratischer Rechte gehen kann. Und was dort gemacht wird, geht brutal weit: Kürzung der Renten und Löhne um ein Drittel und mehr, Sechstagewoche und Rente erst mit 67, Vernichtung von Hunderttausenden Arbeitsplätzen bei Halbierung der Abfindungszahlungen, Reduzierung der Gesundheitsausgaben um zwölf Prozent jährlich, Entmachtung der Gewerkschaften durch Vorrang betrieblicher Tarifvereinbarungen, Schleifung des Kündigungsschutzes und Förderung prekärer Beschäftigung, Anhebung der Mehrwertsteuer um vier Prozentpunkte und Erhöhung weiterer Verbrauchssteuern um 33 Prozent – diese und weitere Maßnahmen haben der griechischen Wirtschaft das Rückgrat gebrochen und zu einer humanitären Katastrophe geführt. Es glaubt niemand mehr ernsthaft, daß Griechenland seine Verschuldungsquote aus eigener Kraft bis zum Jahr 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken kann. Doch Schäuble und Merkel wollen die Öffentlichkeit für dumm verkaufen. Dabei ist auch ihnen klar, daß Athen weitere Schuldenerlasse braucht und auf die deutschen Steuerzahler Milliardenverluste zukommen. Doch das will man erst nach der nächsten Wahl zugeben.

Die als Euro-Rettung getarnte Bankenrettungspolitik kostet die Allgemeinheit zig Milliarden Euro – und sie kostet die Zukunft der jungen Generation in Südeuropa. Der Schaden, der Ländern wie Griechenland oder Portugal derzeit zugefügt wird, läßt sich kaum beheben. Der Verlust für die öffentlichen Haushalte kann nur noch begrenzt werden, wenn Banken, Hedgefonds und sonstige private Gläubiger sofort zum Verzicht auf jeden Cent ihrer restlichen Forderungen gezwungen werden.

Die Politik, die zur Krise geführt hat, muß radikal geändert werden. Notwendig ist ein sofortiger Stopp des Sozialkahlschlags und die Einführung einer europaweiten Vermögensabgabe zur Senkung der Staatsschulden. Die Finanzierung der öffentlichen Haushalte muß von der Diktatur der Finanzmärkte befreit werden. Die privaten Großbanken müssen vergesellschaftet und die gesamte Finanzbranche muß strengstens reguliert werden. Die Agenda 2010 muß zurückgenommen und das Lohn- und Steuerdumping beendet werden. Natürlich werden diese Ziele ohne Druck von unten nicht erreichbar sein. Ein soziales Europa kann es nur geben, wenn es von einer starken Protest- und Streikbewegung erkämpft wird.

Unsere Autorin ist Erste Stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag

Quelle: www.jungewelt.de vom 14.11.12

Wieder ein »Versehen«. Von Claudia Wangerin

Mittwoch, 14. November 2012 von Huste

Eine weitere rechtswidrige Aktenvernichtung beim Berliner Verfassungsschutz ist am Dienstag bekannt geworden. Den Vorgang »Blood&Honour« im Bereich Rechtsextremismus zu schreddern, sei bereits im Juli 2010 angeordnet worden, sagte Behördenchefin Claudia Schmid am Dienstag in Berlin. Die Akten seien von einer oder zwei Mitarbeiterinnen vernichtet worden, ohne vorher dem Landesarchiv vorgelegt zu werden. Wann genau sie geschreddert wurden, sei unklar. Sie selbst habe bereits im August 2012 von diesem »bedauerlichen Versehen« erfahren, sagte Schmid. Innensenator Frank Henkel (CDU) sei von ihr erst am Montag dieser Woche informiert worden. Zuvor habe sie die Brisanz nicht erkannt, weil der Vorgang weit vor der Aufdeckung der rechtsextremen Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) lag, begründete die Verfassungsschutzchefin ihr langes Schweigen. Anhaltspunkte für einen NSU-Bezug in den vernichteten Akten gibt es nach ihren Worten zur Zeit nicht – obwohl personelle Verstrickungen zwischen »Blood&Honour« und der NSU-Helferszene bereits bekannt sind. Daß der V-Mann des Berliner Landeskriminalamtes, Thomas Starke, der das mutmaßliche Kerntrio des NSU kannte, ein ehemaliger »Blood&Honour«-Funktionär war, ist nach Schmids Logik kein Anhaltspunkt. Auch nicht, daß der bewaffnete Arm des 2000 in Deutschland verbotenen »Blood&Honour«-Netzwerks, Combat 18, schon vor Jahren ein »Feldhandbuch« verbreitete und für bewaffnete Aktionen kleiner Zellen warb – Anleitungen, die wie eine Blaupause für den NSU wirken.

Schmid kündigte am Dienstag an, der von Henkel eingesetzte Sonder­ermittler Dirk Feuerberg werde jetzt klären, wer wann was getan habe und warum die Akten nicht dem Archiv vorgelegt wurden. Außerdem werde versucht, sie zu rekonstruieren.

Laut Landesarchivgesetz sind alle Berliner Behörden verpflichtet, sämtliche Unterlagen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigt werden, in der Regel spätestens 30 Jahre nach ihrer Entstehung auszusondern und unverändert dem Archiv anzubieten, soweit nicht Rechtsvorschriften andere Fristen bestimmen. Erst Anfang November war bekannt geworden, daß in der Behörde im Juni Akten im Bereich Rechtsextremismus geschreddert wurden, die zur Aufbewahrung im Landesarchiv vorgesehen waren – auch dies angeblich aus Versehen. Zu möglichen personellen Konsequenzen wollte sich Schmid am Dienstag nicht äußern.

Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, hält vergleichbare Taten wie die Mordserie des NSU auch in Zukunft für möglich. »Ausschließen dürfen wir nach den Erfahrungen mit dem NSU nichts mehr«, sagte Ziercke am Dienstag in Wiesbaden. Nach Darstellung von Ziercke sind »erhebliche handwerkliche Fehler« der Grund, warum die Terrorgruppe knapp 14 Jahre unbehelligt agieren konnte. Die Polizei sei nicht auf dem rechten Auge blind, betonte Ziercke. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) ist dagegen sicher: Einige, womöglich alle Morde des NSU hätten verhindert werden können – »mit der nötigen Sensibilität und Professionalität bei Polizei und Justiz«, sagte Stahlknecht der Mitteldeutschen Zeitung (Dienstagausgabe). Er bezog sich dabei auf Berichte über das untergetauchte Trio in der vertraulichen Zeitschrift des Bundesamtes für Verfassungsschutz, BfV aktuell, von 1998 und 2000.

Quelle: www.jungewelt.de vom 14.11.12

Millionen Wohnungen. Venezuelas Regierung betreibt ehrgeiziges Bauprogramm und verbietet Zwangsräumungen. Besonders Opfer von Unwettern sowie Bewohner von Elendsquartieren profitieren. Von André Scheer

Dienstag, 13. November 2012 von Huste

Auf einer Homepage der venezolanischen Regierung prangt ein Bild von Friedrich Engels und daneben dessen Satz aus einem 1872 erschienenen Artikel: »Erst die Abschaffung der kapitalistischen Produktionsweise macht die Lösung der Wohnungsfrage möglich.« Informiert wird auf der Internetseite über das ehrgeizige Programm der Administration von Präsident Hugo Chávez, innerhalb von sieben Jahren zwei Millionen Apartments zu bauen, um damit die in dem südamerikanischen Land bestehende Wohnungsknappheit zu beseitigen. Derzeit befinden sich 400000 dieser Wohnungen im Bau, berichtete Chávez am vergangenen Donnerstag während einer Sitzung seines Kabinetts. Von diesen sollen noch vor Jahresende 80000 an die neuen Bewohner übergeben werden.

Wohnungsbauminister Ricardo Molina berichtete bei der Sitzung, seit dem Beginn der »Gran Misión Vivienda Venezuela« im April 2011 seien bis jetzt knapp 290000 Wohnungen übergeben worden. Auf der Homepage des Programms wird als Ziel angegeben, bis Ende 2012 mindestens 350000 Wohnungen fertigzustellen. Bis vor wenigen Tagen hatte es jedoch noch so ausgesehen, als würde diese Vorgabe nicht erreicht werden. Grund dafür waren offenbar Verzögerungen, für die die beauftragten Bauunternehmen verantwortlich waren. Offenbar hatte es die Regierung im Präsidentschaftswahlkampf vermeiden wollen, sich mit den privaten Firmen anzulegen. Unmittelbar nach seiner Bestätigung im Amt am 7. Oktober zog Chávez jedoch die Schrauben an. Wie eine für die Kontrolle der verschiedenen Bauvorhaben zuständige Ingenieurin gegenüber junge Welt berichtete, wurde sie zusammen mit ihren Kollegen beauftragt, die Einhaltung der Termine schärfer zu überwachen. Es bestehe der Verdacht, daß einige Unternehmen im Vorfeld der Wahlen die Fertigstellung neuer Wohnungen bewußt verzögert hätten, um dadurch indirekt die Opposition zu unterstützen.

Von den neuen Wohnungen profitieren zunächst die Opfer der Unwetter, die Venezuela in den vergangenen zwei Jahren heimgesucht haben und bei denen mehrere Tausend Unterkünfte zerstört worden waren. Ihnen werden die Wohnungen kostenlos zur Verfügung gestellt, bei der Einrichtung werden die Empfänger zudem durch ein anderes Regierungsprogramm, »Mi Casa Bien Equipada« (Mein gut eingerichtetes Haus), unterstützt. Die zweite große Gruppe, die von dem Wohnungsbauprogramm profitiert, sind die bisherigen Bewohner der Elendsquartiere in den Armenvierteln der Hauptstadt Caracas und anderer Metropolen. Ihnen werden die Wohnungen für einen monatlichen Mietpreis von 100 Bolívares angeboten, was nach dem offiziellen Wechselkurs etwa 18 Euro entspricht. In einer dritten Stufe sollen dann auch neue Unterkünfte für Angehörige der unteren Mittelschicht geschaffen werden, die ebenfalls unter der bisherigen Wohnungsknappheit und den dadurch steigenden Preisen leidet.

Parallel zu dem Wohnungsbauprogramm wurden in Venezuela vor allem im vergangenen Jahr mehrere Gesetze und Dekrete verabschiedet, die sich direkt gegen die Spekulation mit Wohnraum richten. So verbietet ein von Hugo Chávez am 5. Mai 2011 erlassenes Dekret Zwangsräumungen von »natürlichen Personen und deren Familiengruppen, die als Mieter in als Wohnraum ausgewiesenen Immobilien wohnen, sowie jenen Personen, die solche Immobilien rechtmäßig als Hauptwohnung besetzt halten«. Begründet wurde dieser Erlaß, der praktisch jede Wohnungsräumung untersagt, von Chávez damit, daß die Mieten auf der Basis von »Immobilienspekulation und den kapitalistischen Interessen der Eigentümer und Vermieter und nicht aufgrund der realen Kosten oder einem nachvollziehbaren Wert der Mietwohnungen festgelegt« würden. Dadurch jedoch seien vor allem Angehörige der unteren Mittelschicht und der ärmeren Bevölkerungsgruppen vom Verlust ihres Heimes bedroht. Das habe für die betroffenen Familien nicht nur unmittelbare wirtschaftliche und soziale Folgen, sondern bedrohe auch deren psychische und körperliche Gesundheit, so der Staatschef.

Die Opposition sieht in solchen Bestimmungen und im Wohnungsbauprogramm der Regierung die »für den Sieg von Chávez am 7. Oktober lebenswichtige Speerspitze«, wie es die rechte Tageszeitung El Universal Ende Oktober kommentierte. Ihr Kolumnist Dámaso Jiménez kritisiert die Maßnahmen als »emotionale Show«, die ohne Strategie und Konzept vorangetrieben werden. Und wieder einmal spielt das Blatt die Castro-Karte: Grund für die Wohnungsnot in Venezuela sei, daß die Regierung in Kuba systematisch »mit den Mitteln der Venezolaner« Häuser baue, während im eigenen Land Zement und Baumaterialien fehlten.

Quelle: www.jungewelt.de vom 13.11.12

Republikweite antifaschistische Aktionen. Demonstration gegen Geheimdienst

Montag, 12. November 2012 von Huste

Berlin. Mehrere antifaschistische Aktionen haben in der Bundesrepublik am Wochenende verschiedene rassistische und neonazistische Aufmärsche und Kundgebungen verhindert oder verzögert. In Frankfurt/Oder gelang es am Samstag einem breiten Bündnis, eine Demonstration des NPD-Kreisverbands Märkisch-Oderland unter dem Motto »Wiedereinführung der Grenzkontrollen« zu blockieren. Die Allianz bezog auch Aktivisten aus dem benachbarten Polen mit ein. »Der Antifaschismus hat die Menschen heute erneut beiderseits der Oder vereint«, kommentierte Janek Lassau, Sprecher des Bündnisses, die erfolgreichen Blockaden. Ebenfalls am Samstag verhinderten rund 40 Antifaschisten in Essen eine rassistische »Mahnwache« gegen eine neue Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Kupferdreh. Sie forderten Solidarität mit den Migranten und eine menschenwürdige Unterbringung in regulären Wohnungen. Bereits am Freitag hatten mehr als 1100 Menschen im vorpommerschen Wolgast gegen einen Aufzug von rund 220 NPD-Mitgliedern und -Sympathisanten demonstriert, der sich gegen ein im August eröffnetes Asylbewerberheim im Norden der Stadt richtete.

In Köln haben am Samstag nach Polizeiangaben etwa 1000 Menschen vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz demonstriert (siehe Foto). Sie waren einem Aufruf des Bündnisses »Verfassungsschutz auflösen! Rassismus bekämpfen« gefolgt. Die Allianz wirft den Sicherheitsbehörden gezielte Verschleierung bei der Aufklärung der Jahre währenden Mordserie der Organisation »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) vor und fordert die Offenlegung aller Informationen über das Verhältnis von Verfassungsschutz und NSU.

Quelle: www.jungewelt.de vom 12. November 2012

Sie sind nicht willkommen, Frau Merkel!

Montag, 12. November 2012 von Huste

Nur zwei Tage vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel haben in Portugal Tausende Militärs aller Ränge gegen die ihrem Land oktroyierte Sparpolitik protestiert. Man werde alles tun, »um nicht an der Unterdrückung der Proteste der empörten Bürger« gegen die »ungerechten Kürzungen« teilnehmen zu müssen, heißt es in einer am Samstag abend in Lissabon per Akklamation angenommenen Erklärung. Mit Blick auf die heutige Visite Merkels haben 100 Intellektuelle, darunter die Kinderbuchautorin Alice Vieira und der Filmregisseur António-Pedro Vasconcelos einen offenen Brief veröffentlicht. Sie bezeichnen die Bundeskanzlerin als »Hauptförderin der neoliberalen Doktrin, die Europa ruiniert«. Bis Sonntag war der Brief an Merkel von 3700 Unterstützern unterzeichnet worden.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel,

zuallererst möchten wir darauf hinweisen, daß wir uns nur an Sie als Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland wenden. Wir haben Sie nicht gewählt, erkennen keine Kanzler/in Europas an. In diesem Sinne möchten wir, die Unterzeichner dieses offenen Briefes, diesen Weg nutzen, um an Sie, Frau Bundeskanzlerin, zu schreiben. Wir, die Unterzeichner, sind Bürgerinnen und Bürger des Landes, welches Sie am 12. November besuchen werden, Bürgerinnen und Bürger, die sich solidarisch mit den von den Sparprogrammen attackierten Ländern verbunden fühlen.

Aufgrund des Charakters Ihres angekündigten Besuches und vor dem Hintergrund der katastrophalen ökonomischen und sozialen Lage Portugals, betonen wir, daß Sie hier nicht willkommen sind. Sie sollten sich auf portugiesischem Territorium als Persona non grata betrachten, denn Sie mischen sich eindeutig in innere Angelegenheiten ein, für die Sie kein demokratisch von den hier lebenden Menschen ausgestelltes Mandat haben.

Weil unsere Regierung seit einiger Zeit aufgehört hat, den Gesetzen und der Verfassung dieser Republik Folge zu leisten, müssen wir uns daher mit diesem Brief direkt an Sie wenden. Die Anwesenheit diverser Großunternehmer in Ihrer Gefolgschaft ist empörend. Sie, Frau Kanzlerin, bringen eine Reihe von Personen mit, die unter dem Deckmantel ausländischer Investitionen die Ruinen einer Wirtschaft begutachten sollen, die Ihre Politik hier sowie in Griechenland, Irland und Spanien hinterlassen hat. In Ihrer Delegation sind nicht nur solche Kräfte, die mit Zustimmung unserer Regierung den portugiesischen Staat gezwungen haben, sein Eigentum und seine wertvollsten Güter zu veräußern, sondern auch solche, die als potentielle Käufer derselben von den Ramschpreisen heute profitieren.

Diese Ausführungen können nicht und dürfen nicht als nationalistische oder chauvinistische Forderungen angesehen werden – sie sind direkt an Sie gerichtet, und zwar solange, wie Sie als die Hauptförderin der neoliberalen Doktrin, die Europa ruiniert, agieren. Wir wenden uns auch nicht an das deutsche Volk, das das demokratische Recht hat, jeden zu seinem Vertreter zu machen. In unserem Land stand Ihr Name jedoch auf keinem Stimmzettel. Wir haben Sie nicht gewählt. Wir räumen Ihnen nicht das Recht ein, uns zu repräsentieren und noch weniger, politische Entscheidungen in unserem Namen zu treffen.

Und wir sind nicht allein. Am 14. November, zwei Tage nach Ihrem angekündigten Besuch, werden wir zusammen mit unseren Brudervölkern aufbegehren. Es wird zu einem Generalstreik in vielen Ländern Europas kommen. Dies soll ein Streik gegen all die Regierungen werden, die das Vertrauen ihrer Bürgerinnen und Bürger verraten haben und immer noch verraten, und gegen die von diesen Regierungen eingeleiteten Sparprogramme. Aber täuschen Sie sich nicht, Frau Kanzlerin. Es wird auch ein Streik gegen die durch die Troika auferlegten Sparmaßnahmen sein, und gegen die Kräfte, die versuchen, diese Maßnahmen als dauerhafte Regelungen durchzusetzen. Also auch gegen Sie. Und wenn wir unsere Brüder in Griechenland, Spanien, Italien, Malta und Zypern grüßen, grüßen wir auch das deutsche Volk, das mit uns leidet. Wir wissen genau, wie das deutsche Wirtschaftswunder zustande kam, nämlich auf Basis einer sukzessiven Schuldenerlassung seitens der Kreditgeber. Wir wissen, die angeblich florierende deutsche Wirtschaft beruht auf brutalen Gehaltseinschnitten seit mehr als zehn Jahren, auf der Ausweitung von kurzfristiger bzw. geringfügiger Beschäftigung, welche weite Teile der deutschen Bevölkerung in Sorge stürzt. Das zeigt, welche Perspektiven Sie auch für das deutsche Volk in petto haben.

Es ist anzunehmen, daß Sie nicht antworten. Und es ist wahrscheinlich, daß die unterwürfige, schwache und charakterlose portugiesische Regierung Sie mit Beifall und Blumen empfängt. Aber in Wahrheit wird die Art und Weise, wie diese Regierung, unterstützt von der Troika und von Ihnen, dieses Land zerstört, von der Mehrheit der portugiesischen Bevölkerung äußerst mißbilligt. Auch wenn Sie einen geheimen Weg und einen privaten Flughafen wählen, um den Demonstrationen und Protesten gegen Ihren Besuch zu entgehen, seien Sie versichert, diese werden überall in diesem Land stattfinden. Diese Aktionen werden auch gegen Sie und das, was Sie darstellen, gerichtet sein. Ihre Delegation kann versuchen uns zu ignorieren. Die Europäische Union, der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank können versuchen, uns zu ignorieren. Aber wir werden immer mehr, Frau Merkel. Hier und in all den anderen Ländern. Unsere Demonstrationen und Proteste werden machtvoller. Wir erlangen zunehmend besseres Wissen über die Realität. Die Geschichten, die man uns erzählte, waren nie ganz stimmig, und jetzt wissen wir, sie sind glatte Lügen.

Wir sind aufgewacht, Frau Merkel. Seien Sie in Portugal unwillkommen.

Liste der Unterzeichner: carachancelermerkel.blogspot.pt

Quelle: www.jungewelt.de vom 12. November 2012

Arsch hoch, Zähne auseinander!! DIE Hymne – Übersetzt von Chrischi 1998

Sonntag, 11. November 2012 von Huste

Du machst das Frühstücksfernsehen an und – selbstverständlich wie die Wetterkarte – kommt unter „ferner liefen“, wo sie wie viele Asylanten platt gemacht. Na klar, der Mob hat wieder randaliert, der Bürger applaudiert: „Die Kanaken sind schon umquartiert, die Nacht hat sich rentiert.“ Du gehst deine Brötchen holen, so wie jeden Morgen wartest du an der Theke. Da läßt ein Typ im Blaumann Sprüche ab, bei denen es dir nur kotzschlecht wird. Du denkst: „Nur raus hier. Was ist bloß passiert, daß keine Sau reagiert? Wieso ist ein ganzes Land am Kuschen, als wäre es paralysiert?“
Wie wäre es, wenn du dem „Blaumann“ jetzt sagst, daß du Rassistensprüche gar nicht verträgst? Wenn du ihn vor den Leuten blamierst, indem du ihn einfach auflaufen läßt? Und überhaupt: Wenn man selbst mal was tun würde. Wenn man die Zähne mal auseinander kriegen würde. Wenn wir den Arsch nicht hochkriegen, ist es eines Tages zu spät. Warst du das nicht, der seinem Vater nie das Stillhalten verzeihen konnte, weil der sich damals arrangiert hat bis er schließlich vor den Trümmern stand? Wie wär’s, wenn du deine Ideale langsam mal vertreten würdest, oder willst du im Ernst darauf warten, daß das irgendeiner für dich macht?
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem die Nazibrut herauskroch. Jetzt gilt es: Arsch hoch, Zähne auseinander! Jetzt, nicht nächste Woche!

Totale Gleichsetzung. Von Rüdiger Göbel

Sonntag, 11. November 2012 von Huste

Bundesweit ist am Freitag auf Gedenkveranstaltungen an die Reichspogromnacht am 9. November 1938 und die Verbrechen des deutschen Faschismus erinnert worden. Bei dem vom Hitler-Regime orchestrierten Terror vor 74 Jahren waren 1200 Synagogen in Brand gesteckt, Tausende Geschäfte geplündert, Wohnungen und jüdische Friedhöfe zerstört worden. Die Pogrome waren der Auftakt zur systematischen Verfolgung und Vernichtung von sechs Millionen Juden.

Während in Greifswald zum Jahrestag der Pogromnacht gewaltsam »Stolpersteine« entwendet wurden, die in der Stadt zur Erinnerung an die Opfer des deutschen Faschismus verlegt waren, entsorgte die Staatsspitze die deutsche Geschichte auf ihre Art. »Die Ereignisse der Pogromnacht vom 9. November 1938 und der Fall der Mauer vor 23 Jahren sollten nach Ansicht von Bundespräsident Joachim Gauck nicht getrennt voneinander betrachtet werden«, meldete dapd am Freitag. Es sei zwar richtig, niemals zu vergessen, »was die Nazibarbarei gemacht hat«. Ebenso wichtig ist laut Gauck jedoch, »die glückhafte Geschichte des Mauerfalls« am 9. November 1989 darzustellen. Wenn Jugendliche ausschließlich die Geschehnisse im Dritten Reich betrachteten, »dann würden sie die Wirklichkeit Deutschlands verfehlen«, so der Bundespräsident beim Besuch eines jüdischen Gymnasiums in Berlin-Mitte. Der Zufall wollte es dann auch, daß er beim Besuch der Ausstellung »7 x jung« des Vereins »Gesicht zeigen!« einen Stoffhocker mit der Aufschrift »Glück« zum Sitzen bekam.

Später sagte Gauck laut dapd, er habe die Schüler »mit Blick auf die Geschehnisse von damals« zu Zivilcourage aufgerufen. Einige hätten aber Bedenken geäußert, ob »ich als einzelner überhaupt fähig bin, mich Schlägertypen in den Weg zu stellen«. Man könne nicht immer stark genug sein, »um eine fünfköpfige Clique in ihre Grenzen zu weisen«, soll der Bundespräsident geantwortet haben. Dies könne der Staat auch nicht verlangen: »Aber wir können Zeuge sein.« So war in der Gauck’schen Geschichtsstunde alles zusammengerührt, der deutsche Faschismus und die Totschläger vom Berliner Alexanderplatz …

Es oblag am Freitag Stefan Kramer vom Zentralrat der Juden in Deutschland, an den organisierten rechten Terror der Gegenwart zu erinnern. Den Ermittlungsbehörden warf er die mangelhafte Aufklärung der Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) vor. Statt für eine umfassende Untersuchung des Falls zu sorgen, werde »vertuscht, beschönigt und geschreddert«, rügte Generalsekretär Kramer bei einer Gedenkveranstaltung in Erinnerung an die Pogromnacht von 1938 in Weißenfels in Sachsen-Anhalt. Es gebe bislang auch kein schlüssiges Konzept, wie derartige Fälle künftig verhindert werden könnten.

Das frühere Mitglied des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, machte eine »Enthemmung in der Mitte der Gesellschaft« aus. Rassisten und Antisemiten agierten heute »unverschämter, sie sind lauter und sichtbarer«, sagte Friedman dem Kölner Stadt-Anzeiger (Freitagausgabe). Namentlich griff der Publizist die Schriftsteller Martin Walser und Günter Grass scharf an: »Früher hat der Spießbürger seinen Rassismus und Antisemitismus in verrauchten Hinterzimmern ausgetobt. Mittlerweile macht er das beim Champagner-Empfang oder verfaßt – wie Martin Walser und Günter Grass – Pamphlete in Rede- oder Gedichtform.« Damit wiederum waren Pogromnacht und Israel-Kritik gleichgesetzt.

Quelle: www.jungewelt.de vom 10. November 2012

Erinnerung an Pogromnacht. Die »Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes–Bund der Antifaschisten« (VVN-BdA), Kreisverband Kassel, erklärte am Mittwoch zum heutigen Jahrestag der Pogromnacht von 1938:

Freitag, 09. November 2012 von Huste

Etwa 40 Teilnehmende beteiligten sich an dem traditionellen Gedenkgang der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) vom Rathaus zur ehemaligen Synagoge. Er fand statt zur Erinnerung an den 74. Jahrestag der Pogromnacht und die damit verbundenen Verbrechen gegen jüdische Bürger dieser Stadt. Dieses Gedenken war verbunden mit der Warnung vor Antisemitismus und Rassismus heute. »Wenn wir heute an die Reichspogromnacht erinnern, dann vergessen wir auch nicht, daß vor genau einem Jahr der neofaschistische Terror in Form der NSU öffentlich geworden ist, ein Terror, der hier in Kassel mit Halit Yozgat im Jahre 2006 eines seiner zehn Todesopfer gefunden hat«, betonte Dr. Ulrich Schneider bei der Auftaktkundgebung.

Niemand wolle das staatlich organisierte Verbrechen vor 74 Jahren und die darauf folgende Massenvernichtung mit dem neofaschistischen Terror heute gleichsetzen, aber der Terror der NSU und die anderen über 180 Opfer der rassistischen Politik in unserem Lande seit 1990 zeigten, daß Rassismus und Antisemitismus keine historischen Phänomene sind, sondern eine gegenwärtige Bedrohung unserer demokratischen Gesellschaft und der hier lebenden Menschen, die als Fremde angesehen werden, bedeuten.

Quelle: www.jungewelt.de vom 09. November 2012

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