Wolfgang Huste Polit- Blog

Bejubelter Mord. Von Arnold Schölzel

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In Afghanistan ist Ende Juni eine 22jährige Frau vor den Bewohnern ihres Dorfes Kol und vor laufender Kamera nördlich der Hauptstadt Kabul mit mehreren Schüssen in den Rücken getötet worden. Ihr wurde Ehebruch vorgeworfen. Das teilte laut AFP eine Sprecherin der Polizei in der Provinz Parwan am Sonntag mit. Einer der Dorfbewohner habe das Video der Provinzregierung übergeben, die nun nach den Verantwortlichen suche. Die Regierung in Kabul verurteilte die Tat als »unislamisch und unmenschlich«. Die Taliban dementierten, mit dem Mord etwas zu tun zu haben. Die afghanische Abgeordnete Fawsia Koofi bezeichnete ihn als riesigen Schritt rückwärts.

Bekannt wurde der Vofall gleichzeitig mit dem Aufenthalt von US-Außenministerin Hillary Clinton in Kabul am Sonnabend. Sie erklärte dort, der Fortschritt komme schrittweise, aber nicht ständig nach Afghanistan, und deklarierte angesichts solch positiver Bilanz das Land offiziell zu einem »wichtigen nicht-NATO-Verbündeten« der USA. Sie betonte, Afghanistan habe so Zugang zu US-Verteidigungsgütern und Ausbildung sowie Zusammenarbeit nach dem sogenannten Abzug der NATO-Interventen 2014. Zu den 14 weiteren Staaten, die diesen Status haben, zählen Australien, Ägypten, Israel und Japan. Zuletzt erhielt ihn Pakistan 2004. Ein entsprechendes Abkommen sieht die Stationierung von US-Truppen in Afghanistan über 2014 hinaus vor.

Kabul kann und soll diese Fortschreibung des Besatzerstatus der USA und ihrer NATO-Verbündeten aber nicht selbst finanzieren. Am Sonntag fand in Tokio eine sogenannte Geberkonferenz von etwa 80 Staaten, Hilfsorganisationen und der Weltbank statt. Dort wurde verkündet, Afghanistan werde nach 2014 Milliardenhilfen erhalten – allerdings geringere als bisher. Für die Jahre 2012 bis 2015 soll die zivile Hilfe insgesamt 16 Milliarden US-Dollar (13 Milliarden Euro) betragen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sicherte in Tokio jährlich 430 Millionen Euro aus der Bundesrepublik zu. Allein für Rüstung und Sicherheitskräfte hatten die NATO-Staaten bereits im Mai jährlich 4,1 Milliarden US-Dollar (Deutschland 150 Millionen Dollar) zugesagt. Die Geberländer verlangten in Tokio rituell erneut konkrete Fortschritte der einheimischen Protektoratsverwalter – etwa bei der Regierungsführung und dem Kampf gegen Korruption. Angesichts des westlichen Konzepts, das auf Militarisierung setzt, dürften die Summen ebenso wirkungslos bleiben wie in den vergangenen elf Jahren Krieg. Laut einer Weltbankstudie, die in Tokio vorlag, flossen allein im Haushaltsjahr 2010/11 15,7 Milliarden US-Dollar in das Land, das Gros in die Sicherheitskräfte, sechs Milliarden in zivile Unternehmen. Davon sei nur ein Bruchteil bei den Afghanen angekommen, das meiste sofort wieder ins Ausland gegangen.

Der US-Senat hatte bereits 2011 konstatiert, die immensen Geldmengen – allein die USA steckten zwischen 2002 und 2010 18,78 Milliarden Dollar in den zivilen Sektor, über 32 Milliarden in den Sicherheitsbereich – hätten die Korruption angeheizt, durch Subventionen seien lokale Agrarstrukturen und Absatzmärkte zerstört worden, völlig überhöhte Löhne für afghanische Helfer der etwa 2500 Hilfsorganisationen verzerrten zudem das Lohngefüge. Das Land gehört daher nach elf Jahren »Aufbau« weiter zu den fünf ärmsten Ländern der Welt, Dreiviertel der Einwohner sind Analphabeten. Am Sonntag wurden bei Anschlägen und Gefechten mehr als 40 Menschen getötet.

Quelle: www.jungewelt.de vom 09.07.12 (Mit AFP/dapd/Reuters)

Dieser Beitrag wurde am Montag, 09. Juli 2012 um 13:36 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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