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Bandenkrieg. Wohin steuert die Ukraine? Von Reinhard Lauterbach

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Es gibt keinen Grund, als Linker den Maidan-Protesten Erfolg zu wünschen. Sie sind eine allenfalls liberale, realistisch gesehen nationalistische Bewegung, die im Ergebnis den ukrainischen Faschisten zu einem ungeahnten Aufschwung verholfen hat.

Es gibt aber auch keinen Grund, sich als Linker zu freuen, wenn die ukrainische Polizei mit diesem Spuk aufräumt. Denn was sie als Rechtsordnung verteidigt, ist die Rechtsordnung der zehn oder 15 Oligarchen, die das Land unter sich aufgeteilt haben, während die Masse der Bevölkerung unter ärmlichen Bedingungen lebt. Die Nach-Maidan-Ukraine wird noch nationalistischer sein als die davor. Die Faschisten von der Freiheitspartei und dem »rechten Block« können sich das Mäntelchen des Martyriums umhängen, und die Entschlossenheit, die ihre Leute in der Auseinandersetzung mit der Polizei gezeigt haben, hat sicher auch außerhalb der unmittelbaren Parteimitgliedschaft Eindruck gemacht.

Man mag es zwar gut finden, daß der bekanntlich immer im eigenen Land sitzende Hauptfeind in Kiew eine – vorläufige – Niederlage erlitten hat; man mag es Rußland »gönnen«, hier einen, wenn auch kostspieligen, Punkt gemacht zu haben. Aber als Linker den Geopolitiker zu spielen, bedeutet in erster Linie, den eigenen Standpunkt von Institutionen abhängig zu machen, die von ganz anderen Interessen geleitet sind als der Emanzipation von Ausbeutung und Herrschaft.

Die ukrainischen Proteste kranken von Anfang an daran, daß sie soziale Fragen ausklammern oder national wenden. Wenn Janukowitsch sie bisher aussitzen kann, liegt das daran, daß die Bewegung die Industriegebiete der Ostukraine kaum erfaßt hat. Die Demonstranten haben nie die Lebensrealität des Bergmanns in den unfallträchtigen Kohlegruben des Donbaß, der zur Arbeitsmigration gezwungenen Krankenschwester, der unterbezahlten Lehrerin in Odessa und des für den Rußland-Export arbeitenden Facharbeiters aus Charkow zum Thema gemacht. Das Bürgertum des wohlhabenden Kiew, herum­twitternde Jungakademiker und Facebook-Aktivisten ergeben auch im Verbund mit den schlagfertigen Nationalisten aus der wirtschaftlich bedeutungslosen Westukraine keine ausreichende Koalition, um an der oligarchischen Herrschaft zu rütteln. »Weg mit der Bande« zu schreien, ebnet nur den Weg für die nächste. Konsequent endet der sozial bornierte ukrainische Protest in einer leerlaufenden militärischen Auseinandersetzung mit dem Staat, die auf diesem Feld nicht zu gewinnen ist. Aber um nichts anderes als den Machtwechsel geht es den Oppositionspolitikern schließlich: Ihre Bande soll an die Macht. Nach den schweren Auseinandersetzungen der ersten Wochenhälfte noch mit weiteren Angriffen zu drohen, das ist der direkte Weg in den Bürgerkrieg. Wollen Klitschko und Co. den wirklich? Es haben schon einmal konservative Politiker geglaubt, faschistische Randalierer steuern zu können.

Quelle: www.jungewelt.de vom 24.01.14
Dieser Beitrag wurde am Freitag, 24. Januar 2014 um 13:13 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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