Wolfgang Huste Polit- Blog

Das Flopp-Quartett: Hartz I bis Hartz IV

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Was Rot-Grün einfädelte, wird unter Schwarz-Gelb noch schlimmer

Alle reden von Hartz IV. Ein Begriff, gleichbedeutend mit Entwürdigung, mit
Schnüffelei, mit Armut per Gesetz. Kaum jemand weiß noch, dass es auch Hartz I bis Hartz III gibt. Was steckt hinter diesen Bezeichnungen, was sollten diese Instrumente bewirken? Von Leiharbeit bis zum Ein-Euro-Job, von Mini-Job bis Arbeitsplatzvernichtung – DIE LINKE klärt auf.

Hartz I:
Rot-Grün hob die zeitliche Begrenzung von Zeitarbeitsverträgen auf – damit konnten Leiharbeiter unbefristet in einem Unternehmen eingesetzt werden. Gewinner waren die Leiharbeitsfirmen, die große Summen einstrichen, während die vermittelten Arbeitnehmer mehrheitlich mit einem Hungerlohn abgespeist wurden. Grundsätzlich gilt zwar, dass Zeitarbeiter genauso bezahlt und behandelt werden müssen wie die Stammbelegschaft – also nach tariflichen Regeln. Diese Bestimmung tritt aber außer Kraft, wenn ein gesonderter Tarifvertrag für Zeitarbeitsfirmen vorliegt – dann gilt für die vermittelten Leiharbeiter dieser Tarif. Deshalb schlossen so genannte christliche Gewerkschaften eigene Zeitarbeitstarife mit niedrigen Löhnen ab und hebelten so die Gleichbehandlung aus. Hinzu kam, dass viele Unternehmen Leiharbeiter nicht einstellen, um vorübergehende Engpässe abzudecken, sondern um die teurere Stammbelegschaft verkleinern und klein halten zu können.

Verlierer sind die Arbeitnehmer. Der Anteil der Zeitarbeiter an der Zahl aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg von 297 000 (1,1 %) im Jahr 2003 auf 670 000 (2,4 %) im Jahr 2007 und lag im Jahr 2008 bei 598 000 (2,2 %).

Eine weitere Maßnahme bei Hartz I war der Aufbau von Personal-Service-Agenturen (PSA). Private Zeitarbeitsfirmen sollten mit staatlicher Lizenz gemeinnützige „Zweigstellen“ für schwer vermittelbare Arbeitslose gründen. Pro Vermittlung eines „Problem-Arbeitslosen“ gab es ein Erfolgshonorar als Kopfprämie. Hier gerieten kommerzielle Interessen in Konflikt mit der Gemeinnützigkeit – der Arbeitslose wurde zur Ware. Immer wieder wurde Missbrauch bekannt, weil die PSA möglichst viel Subventionsgeld abgreifen wollten. Erst Anfang 2009 wurden die PSA wieder abgeschafft. Verlierer auch hier: Steuerzahler und Arbeitslose.

Hartz II:
Das neue Zauberwort hieß „Jobcenter“. Hier sollten alle Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums aus einer Hand kommen. In den meisten Regionen Deutschlands kümmern sich Bundesagentur für Arbeit (BA) und Kommunen gemeinsam in Jobcentern um die Hartz-IV-Empfänger, daneben gibt es Orte, in denen Bundesagentur für Arbeit und Kommunen weiterhin getrennt arbeiten, und es gibt 69 „Optionskommunen“, in denen sich Städte oder Gemeinden alleine um Langzeitarbeitslose kümmern. Das Bundesverfassungsgericht sieht in Jobcentern einen Verstoß gegen das Gebot der klaren Aufgabentrennung zwischen Bund und Kommunen. Alles klar?

Noch ein Zauberwort: „Minijob“. Bei diesem Zuverdienst (von 325 Euro auf 400 Euro im
Monat erhöht) zahlt der Arbeitgeber Pauschalbeträge in Kranken- und Rentenversicherung, die Minijobber sind von Sozialbeiträgen freigestellt. Bei Minijobs sind die Löhne oft extrem niedrig, oft gibt es weder bezahlten Urlaub noch Lohnfortzahlung bei Krankheit. 2001 gab es in Deutschland 4,131 Millionen Minijobber, im Jahr 2009 waren 4,932 Millionen Minijobber registriert, die ausschließlich von diesem winzigen Lohn leben, hinzu kommen 2,260 Millionen weitere Menschen, die den Minijob brauchen, weil sie von ihrem sonstigen Lohn nicht leben können.

Hartz III:
Die Arbeitsämter haben sich der freien Wirtschaft angepasst: Wer einen Job sucht, heißt jetzt „Kunde“ und hat Anspruch auf eine Dienstleistung. Das Arbeitsamt nennt sich jetzt „Agentur für Arbeit“, statt eines einzelnen Präsidenten gibt es jetzt drei (jeweils höher bezahlte) Vorstände auf Zeit. Alleiniges Erfolgskriterium ist die Zahl der Stellenvermittlungen. Deshalb setzen die Vermittler vor allem auf leicht vermittelbare, junge Arbeitslose – Problemarbeitslose und Langzeitarbeitslose bleiben oft auf der Strecke. Der Anteil der Jobsuchenden, die ihren beruflichen Wiedereinstieg ausschließlich den neuen Agentur-Vermittlern verdanken, sinkt aber trotzdem auf 25 Prozent.

Hartz IV:
Hier sollten Reibungsverluste zwischen kommunalen Sozialhilfeträgern und Arbeitsagenturen in der Regie des Bundes verhindert werden. Die Kommunen wollten die immer mehr Geld kostenden Sozialhilfeempfänger loswerden, der Bund die steigenden Kosten für die Arbeitslosenhilfe. Inzwischen gibt es in Deutschland 6,75 Millionen Menschen, die Leistungen nach Hartz IV bekommen, davon sind 43 % arbeitslos, 11 % haben ein Bruttoeinkommen unter 400 Euro, 10 % befinden sich in „arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen“ wie Umschulung, Existenzgründung, Bewerbungstraining und ähnlichen Placebo-Beschäftigungen, 36 % stehen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung (Krankheit, Alter etc.). Was Bürokratie abbauen, vor Verarmung schützen und für schnellere Vermittlung sorgen sollte, verkehrte sich ins Gegenteil – ein totaler Flop.
Als „erzieherische Maßnahme“ wurden schließlich die Ein-Euro-Jobs eingeführt. Sie sollen Menschen ohne Job Arbeits-Disziplin vermitteln. Bei der BA sind rund 249 000 Ein-Euro-Jobber gemeldet. Laut Gesetz muss ihre Tätigkeit zumutbar und im öffentlichen sein. Vorgeschrieben ist auch, dass es sich um zusätzliche Jobs zu den vorhandenen Arbeitsplätzen in einem Unternehmen handeln muss. Das ist jedoch häufig nicht der Fall – Arbeitgeber streichen die Subventionen der BA ein (zwischen 2006 und 2008 war das jährlich eine Milliarde Euro). Viele Kommunen benutzen Ein-Euro-Jobber, um ihre Infrastruktur billig in Schuss zu halten. Leidtragende sind örtliche Handwerker und Dienstleister, die natürlich nicht zu den Dumpinglöhnen wie Ein-Euro-Jobber arbeiten können.
Für die Ein-Euro-Jobber entsteht weiterer Schaden: Ihnen erwachsen durch ihre Tätigkeit keine neuen Leistungsansprüche in der Sozialversicherung. Und sie werden benutzt, um Löhne zu drücken. Denn viele Ein-Euro-Jobber verrichten die gleichen Tätigkeiten wie ihre fest angestellten Kollegen. Oft wurde auch festgestellt, dass jemand nach seiner Kündigung wieder eingestellt wurde und dieselbe Arbeit verrichtete wie vorher – nur jetzt für einen Euro pro Stunde.

Quelle: Autor: Harald W. Jürgensonn,KV Ahrweiler(Direktkandidat WK 13)
http://www.konsequent-sozial-rlp.de

Dieser Beitrag wurde am Montag, 05. Juli 2010 um 14:02 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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2 Comments

  1. Gäbe es eine Partei „Bankräuber an die Macht!“- kein vernünftiger Mensch würde eine solche Partei wählen. Real existierende Parteien jedoch, die Hartz – Gesetze einführten, eine allgemeine Umverteilung von unten nach oben und einen allgemeinen Sozialabbau befördern- Parteien, die sich gegen die Einführung von Mindestlöhnen aussprechen, den“ notleidenden“ Banken Milliarden Euros zukommen läßt- dagegen RenternerInnen und Studierende schröpft, werden ganz real gewählt – auch von ArbeiterInnen. Ganz real. Verrückte Welt.

    Comment: Wolfgang Huste – 05. Juli 2010 @ 15:01

  2. was für ein Leid mit Hartz I-IV über uns gebracht hat, das sehen wir ja seit Jahren. Und wer tut was dagegen?

    Comment: Hartz-hasser – 24. August 2010 @ 12:23

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