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Eigentumsfrage stellen Altmeister Lafontaine weiß, wie man Alltagserfahrungen auf den politischen Punkt bringt: Ehemaliger Bundesfinanzminister erklärt Kapitalismus für »grundgesetzwidrig« Von Johannes Birk

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Vier Monate nach seinem Abgang als Vorsitzender der Linkspartei hat sich Oskar Lafontaine, Vorsitzender der Linksfraktion im saarländischen Landtag, am Wochenende wieder bei einer überregionalen Veranstaltung seiner Partei zu aktuellen Fragen geäußert. Niemals zuvor sei die Wahrheit »Geld regiert die Welt« so dramatisch bestätigt worden wie in den letzten Monaten, stellte Lafontaine bei einer von der Bundestagsfraktion Die Linke veranstalteten Konferenz unter dem Motto »Blasen, Crashs, Renditejagd – sind die Banken noch zu retten?« in der Finanzmetropole Frankfurt am Main fest.

Zwei Jahre nach dem Ausbruch der Krise herrsche ein »Rückfall in neoliberale Denkmuster« vor, konstatiert Lafontaine. Es sei nichts geschehen, um neuen Einbrüchen entgegenzuwirken. Als Finanzminister der früheren Bundesregierung aus SPD und Grünen habe er 1998–99 zusammen mit seinem damaligen Staatssekretär Heiner Flassbeck Wechselkursspekulationen verhindern und die Volkswirtschaften vor dem Zugriff der internationalen Finanzmärkte schützen wollen. Dies sei am Widerstand von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Vizekanzler Joseph Fischer (Grüne) gescheitert. Lafontaine verlangte ein Verbot von Wechselkursspekulationen und eine strikte Trennung des klassischen Bankgeschäfts vom »Spielbankengeschäft«. Auch müsse die Spekulation mit Nahrungsmitteln unterbunden werden, zumal viele Menschen weltweit mit Hunger Spekulationsgewinne an den Börsen finanzierten.

Ebenso verlangte Lafontaine ein Verbot aller Spenden von Banken und Versicherungen an politische Parteien. »Warum kriegen die Grünen immer noch Geld von der Allianz? Weil sie bei der Riester-Rente mitgemacht haben«, rief der Exparteichef aus. Die jüngste Distanzierung der SPD von der »Rente mit 67« sei nur »ein Schrittchen«. Eine wirkliche Reform setze die Abkehr vom durch die »Riester-Rente« eingeleiteten »Anfüttern der Spekulation und der internationalen Finanzmärkte« voraus.

Zudem müsse die Partei auch wieder die »Eigentumsfrage als die Machtfrage der Wirtschaftsordnung« auf die Tagesordnung setzen, riet Lafontaine. Nicht Großaktionäre wie Quandt, Klatten, Piëch oder Schaeffler, sondern die Beschäftigten hätten die Milliardenreichtümer geschaffen. »Sie haben die Felsbrocken herbeigeschleppt und sollten Eigentumsrechte an diesen Felsbrocken haben!«, so Lafontaine. »Unsere Wirtschaftsordnung beruht auf der Enteignung der Arbeitnehmer und ist streng genommen grundgesetzwidrig.« Wirtschaftliche Macht dürfe ebensowenig vererbbar sein wie politische Macht. Wolle man den Grundsatz »Eigentum entsteht durch Arbeit« wieder einführen, müsse man die »Finanzmarkthaie zum Teufel jagen, denn die arbeiten nicht und haben viel mehr als diejenigen, die wirklich arbeiten«.

Im Zusammenhang mit der im Grundgesetz festgeschriebenen Schuldenbremse bemängelte Lafontaine, daß der Staat den Banken Geld zu einem historisch niedrigen Leitzins zur Verfügung stelle und sich das Geld von ihnen zu satten Zinssätzen zurückleihe. Diese »Verschuldungsmaschine« zur Förderung der Banken müsse endlich abgestellt werden.

Noch stärkeren Zustrom als die Konferenz fand eine Podiumsdiskussion mit Sahra Wagenknecht, wirtschaftspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Hans-Werner Sinn vom Münchner ifo-Institut und dem Wormser Wirtschaftsprofessor Max Otte am Freitag abend. Dabei warnten sowohl Wagenknecht als auch Otte vor neuen Turbulenzen. »Wir steuern auf die nächste Krise zu«, erklärte Otte und bemängelte, daß sich die »Finanzoligarchie an den Schalthebeln der Macht breitgemacht« habe. Wagenknecht verglich die Geschäftspraktiken der Banken mit einem Autoproduzenten, der ein Auto auf den Markt bringe, »bei dem die Bremse nur ein Jahr hält«. Gleichzeitig betreibe er eine Wette gegen die Autoversicherung und schöpfe daraus Gewinn, daß die Versicherung pleite geht.

Auch Sinn attestierte im Zusammenhang mit der Finanzkrise ein »Systemversagen« vor allem in den USA. Mit seinem Bekenntnis zur »Selbststeuerung der Marktwirtschaft« und zur Notwendigkeit niedriger Löhne erntete der ifo-Chef allerdings Widerspruch im Publikum.

Es sei »besser, wenn deutsches Kapital hier bleibt und nicht in den griechischen Konsum von Porsche und Mercedes fließt«, erklärte Sinn, der die BRD am Beginn eines von der Bauwirtschaft ausgehenden »Super-Booms« sieht. Sahra Wagenknecht unterstrich die Forderung nach Vergesellschaftung der Großbanken. Dies müsse mehr sein als eine reine Eigentumsänderung und mit einer Demokratisierung einhergehen. Schließlich bleibe auch Vattenfall ein »kapitalistischer Konzern, auch wenn er dem schwedischen Staat gehört«.

Quelle: www.jungewelt.de vom 20.09.10

Dieser Beitrag wurde am Sonntag, 19. September 2010 um 19:29 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Die Rosengartengruppe – Kesselkogel 3001 m – Das Kesselkogelmassiv – Dolomiten…

    ich finde ihren eintrag informativ, danke :)…

    Trackback: Dolomiten – 20. September 2010 @ 14:33

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