Wolfgang Huste Polit- Blog

Die ökologische Plattform Rheinland – Pfalz (ÖPF RLP) trauert um Dr. Hermann Scheer. Er engagierte sich auf der nationalen und internationalen Ebene in den Politikfeldern Energie und Wirtschaft auf der Basis erneuerbarer Energien. Wolfgang Huste

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Seit 1983 gehörte er der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an. Dort war er von 1994 bis 1997 Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses. Im Deutschen Bundestag gehörte er zu den Initiatoren vieler Gesetze zur Förderung erneuerbarer Energien, u. a. des Stromeinspeisegesetzes für erneuerbare Energien (1991) und des Erneuerbaren – Energien – Gesetzes. Er wirkte mit bei der Änderung des Bundesbaugesetzes zur Privilegierung erneuerbarer Energien (1996), beim 100000 – Dächer – Programm, beim Marktanreizprogramm Erneuerbare Energien (2000) und beim Gesetz zur Steuerbefreiung für Biokraftstoffe (2003). Scheer war Vorsitzender des Internationalen Parlamentarier-Forums für Erneuerbare Energien. Als sein größter Durchsetzungserfolg gilt die Gründung der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (International Renewable Energy Agency, IRENA), die er seit 1990 vorangetrieben hat. IRENA wurde am 26. Januar 2009 in Bonn gegründet.
Seit Ende der 1980er Jahre setzte sich Scheer auf nationaler und internationaler Ebene sehr engagiert für den Ausbau der erneuerbaren Energien ein. Er war ein scharfer Gegner der Atomlobby und lehnte generell eine Energiegewinnung aus fossilen Rohstoffen ab.1988 war Scheer Mitbegründern der gemeinnützigen Vereinigung für Erneuerbaren Energien. Scheer war seitdem deren ehrenamtlicher Präsident. Seit Juni 2001 war Scheer ehrenamtlicher Vorsitzender des neu gegründeten Weltrats für Erneuerbare Energien (World Council for Renewable Energy, WCRE). Scheer kritisierte die Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn und engagierte sich in der Initiative Bürgerbahn statt Börsenbahn. Im österreichischen Dokumentarfilm Let’s make Money (2008) sind Redebeiträge von Scheer zu den Themen Globalisierung und Finanzkrise zu sehen. Außerdem spielte er eine zentrale Rolle im Film Die 4. Revolution – Energy Autonomy (2010), wo er sich für den weltweiten Einsatz erneuerbarer Energien einsetzte.
Hermann Scheer war ein Gegner des Wüstenstrom-Projektes Desertec. Er kritisierte hier die Monopolstellung der Energiekonzerne und die damit verbundenen, immens hohen Investitionskosten. Scheer war auch Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung Energiewerk.
Scheer erhielt auf der nationalen und internationalen Ebene zahlreiche Ehrendoktorgrade und eine Ehrenprofessur. Die Ökologische Plattform Rheinland- Pfalz (www.oepf-rlp.de) trauert um den Verlust eines sehr fähigen, engagierten Mitstreiters auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien. Auf zahlreichen Veranstaltungen der ÖPF war Scheer immer ein sehr gern gesehener Referent.

Wolfgang Huste, Pressesprecher der ÖPF RLP

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 15. Oktober 2010 um 12:15 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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2 Comments

  1. Zum Tode von Hermann Scheer. Ein Nachruf von Diether Dehm

    Kaum jemanden bewunderte ich unter meinen Kollegen der damaligen SPD-Bundestagsfraktion und bei SPD-Parteivorstandssitzungen derart wie ihn. Wie der die Kriegsbefürworter und Sozialstaatsverschrotter so genüßlich aus der Ruhe bringen konnte. Wir waren beide 1965 in die SPD eingetreten und seit damals »private« Freunde, also weit über die entpolitisierten Sphären der Parteipolitik hinaus. Gegen jene Kapitalanpassler und Kriecher, die ihn jetzt nachrufend für seinen »aufrechten Gang« (SPD) loben, hatte er meist nur Spott übrig. Schröder/Fischer waren nicht eben amused, als er den Alternativen Nobelpreis erhielt und als »Hero of the Green Century« und mit dem Weltsolarpreis ausgezeichnet wurde.

    Die Rot-Grün-Perspektivzerstörer hatten nicht eine Sekunde daran gedacht, ihm in der damaligen Bundesregierung Optionen für die solare Wende einzuräumen. Auch von Cem Özdemir ist da nichts bekannt, der sich soeben erdreistet, Hermann »den Grünen als auf ganz besondere Weise verbunden« zu denunzieren. Dagegen Scheer: »Der Kosovo-Krieg ist ein Kriegsverbrechen«. Auch die Grüne Führung hat nur den Kopf geschüttelt, als Hermann Scheer das Scheitern von Rosa-Rot-Grün in Hessen mit Andrea Ypsilanti und in NRW, für die er auch gegen die Grünen-Führung gestritten hatte, in »weltnetz.tv« verschwörungstheoretisch mit Heckenschützerei der Fossil-Atom-Lobby um Wolfgang Clement in Verbindung gebracht hatte. Hermann Scheer war kein Grüner, er war eine Roter. Er ist der Vater des Hunderttausend-Dächer Programms – Revolutionär mit Reformkraft, Könner der nächsten Schachzüge mit Endspielperspektive. Er zeigte, daß es auch in der SPD für Charakterstärke und Widerständigkeit Raum zu dehnen gab. Und welch eine wunderbar aristokratische Verachtung mußte er gegen die Kapitalanpaßler aufbauen, allein hergeleitet aus seiner analytischen Überlegenheit.

    Als wir am 17. Juni 1999 in Frankfurt gemeinsam mit Gregor Gysi, Jean Ziegler, Konstantin Wecker gegen die Macht und vor der Deutschen Bank demonstrieren wollten, gab es gehörigen Druck aus der SPD, deren Münteferings und Steinbrücks ihn immer loswerden wollten. Ich bekam Sorge, daß er zur Absage gedrängt werden könnte. Aber er rief laut lachend zurück: »Gegen diese Wadenbeißer bin ich mittlerweile völlig schmerzunempfindlich«. War er es?

    Zusammen mit Konstantin Wecker, Heike Hänsel und Ulrich Maurer hatten wir gerade für unser gemeinsames TV-Projekt »Weltnetz« mit der Bundestagsfraktion der Linken für den 11. Dezember in Stuttgart einen öffentlichen Ratschlag »Kultur in der Demokratiekrise« geplant. Dies werden wir jetzt ohne ihn durchführen müssen – aber in seinem Gedenken. Denn es liegt nun an unseren Bemühungen, diesen Ausnahmepolitiker – nach einer kurz inszenierten Aufwallung aus Heuchelei und Scheinheiligkeit – vor der Vergessenheit zu bewahren, als einen großen Parlamentarier mit außerparlamentarischem Standbein und als Gegenentwurf zu den Parlamentaristen.

    Anfang der 90er, als die PDS das Wort noch verschämt durch »Empire« oder »imperiale Kräfte« zu ersetzen suchte, sprach er vom »Imperialismus«: »Die Kolonialzeit ist abgeschlossen und durch einen Energie-Imperialismus abgelöst worden (…) um Energievorhaben und andere Rohstoffe militärisch zu sichern.« Die Stamokap-Theorie hat er lange bekämpft. Bei den Jusos war er nicht bei uns, den »Stamokaps«. Aber kürzlich feixte er mir zu: »Was Ihr mich nie überzeugen konntet, schafft jetzt die Atomlobby.« Und er las mir aus seinem Buch vor: »Ölförderländer haben Anteile an Automobilfirmen; Ölmultis an der atomtechnischen Industrie, die wiederum meistens auch die Fertigung von atomaren Brennstoffen kontrolliert; Stromversorgungsunternehmen besitzen Mineralölkonzerne und haben Anteile am Kohlebergbau; Banken haben überall Anteile.« (Seite 175 »Sonnenstrategie«). Auch das gelegentlich in der PDS in Mode geratene Wort der »progressiven Entstaatlichung« nötigte ihm nur Verachtung ab: »Die neo-liberale Entstaatlichung schafft den Regierungen die Möglichkeit, Verantwortung kurzfristig abzuwerfen, also nicht mehr zuständig zu sein und die Probleme laufen lassen zu können.«

    Die Moleküle in der Kultur von Entzivilisierung waren sein eigentliches Hauptthema. Im Vorwort zu »Gewohnheiten des Herzens« schrieb er prophetisch bereits 1987: »In den Mittelschichten Nordamerikas und Westeuropas (…) breiten sich entfesselte individuelle Freiheitsvorstellungen wie ein Krebsgeschwür aus. (…) Gefordert ist eine neue soziale Philosophie. (…) Gelingt dies nicht, wird zunehmende Betroffenheit neben ebenfalls zunehmender politischer Hilflosigkeit stehen, und die Zukunft wird für jeden einzelnen barbarisch.«

    Diether Dehm ist Mitglied der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke

    Quelle: http://www.jungewelt.de

    Comment: Wolfgang Huste – 16. Oktober 2010 @ 10:15

  2. Seine letzte Rede im Bundestag: http://www.youtube.com/watch?v=XU0MJwdlbUE

    Comment: Wolfgang Huste – 19. Oktober 2010 @ 00:35

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