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AKW abschalten. Wachstumsbranche Ökostrom. Von Wolfgang Pomrehn

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Die Kosten für den Strom aus Biogas-, Windkraft- und Solaranlagen werden im nächsten Jahr deutlich steigen, und zwar sprunghaft: Die Umlage, die die Netzbetreiber von den Stadtwerken und anderen Energieversorgungsunternehmen einnehmen, wird von 2,04 auf 3,53 Cent pro Kilowattstunde (kWh) angehoben. Das ist zweifellos eine Nachricht, die angesichts gleichbleibender oder sinkender Löhne und unverschämt geringer ALG-II-Bezüge beunruhigen muß, aber noch lange kein Grund ist, auf den »Ökostrom« zu schimpfen. Zum einen ist nicht unbedingt gesagt, daß die Strompreise tatsächlich im gleichen Umfang steigen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft rechnet damit, daß die Umlage 2011 etwa 13,5 Milliarden Euro ausmachen wird. In etwa dieser Größenordnung bewegen sich auch die addierten jährlichen Gewinne der vier großen Stromkonzerne. Wo steht eigentlich geschrieben, daß diese ein Anrecht auf derlei hohe Profite haben, während der von ihnen verschleppte und bekämpfte aber dennoch unbedingt notwendige Umbau der Energieversorgung allein von den Verbrauchern bezahlt werden muß? Wenn schon Gewinne mit dem Stromverkauf gemacht werden, dann sollten diese doch zumindest in die Kassen von Stadtwerken fließen und Schulen, Kindergärten sowie andere kommunale Einrichtungen finanzieren helfen. Aus ökonomischer Sicht ist übrigens ein wichtiger Aspekt der erneuerbaren Energien, daß sie – selbst unter den gegebenen Bedingungen mit den vier Quasimonopolen – vielerorts die Gemeindekassen klingeln lassen. Der Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energieträger wirkt als lokales Konjunkturprogramm, da er das Handwerk fördert und Gewerbesteuereinnahmen generiert. Auf 8,9 Milliarden Euro schätzt das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung die entsprechende kommunale Wertschöpfung in diesem Jahr.

Es gibt noch eine weitere Lesart der Nachricht von den steigenden Ökostromkosten, die manche Zeitung gerne aus durchsichtigem Interesse zur Schreckensmeldung macht. Die Erhöhung der Umlage zeigt nämlich, wie unerwartet rasch der Ausbau der Anlagen für die alternative Energiegewinnung voranschreitet. Viel schneller, als von der Bundesregierung vorgesehen. Insbesondere ist das Tempo wesentlich höher als in dem Gefälligkeitsgutachen angenommen wurde, mit dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich kürzlich krampfhaft die Notwendigkeit längerer AKW-Laufzeiten begründen lassen wollte. Im nächsten Jahr könnte der Anteil von Sonne, Wind und Co. an der Stromproduktion schon bei rund 20 Prozent liegen. Wächst die Branche so schnell weiter, wären es 2020 schon deutlich über 40 Prozent, und die AKW könnten sogar vorzeitig abgeschaltet werden. Übrigens: Da Deutschland wegen dieser Entwicklung in den letzten Jahren zum Nettostromexporteur geworden ist, könnten die sieben störanfälligsten Meiler sogar sofort stillgelegt werden. Von heute auf morgen. Die Bundesregierung müßte nur wollen.

www.jungewelt.de vom 16.10.10

Dieser Beitrag wurde am Samstag, 16. Oktober 2010 um 10:12 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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