Wolfgang Huste Polit- Blog

Zwangsbekehrung. Seehofer verschärft Integrationsdebatte. Von Werner Pirker

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Als gelte es, einen großen Sieg zu vermelden, befeuerte CSU-Vorsitzender Horst Seehofer die Integrationsdebatte mit den Worten: »Mulitkulti ist tot!«. Fortan gelte allein die deutsche Leitkultur. Da wollte Bundeskanzlerin Merkel nicht zurückstehen. Auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU), wo reaktionäres Getöse schon immer gut angekommen ist, meinte sie, Seehofers Todesurteil bestätigen zu müssen: »Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert!«, versetzte sie den schwarzen Nachwuchs in Jubelstimmung.

In den Unionsparteien, aber nicht nur dort, unterschwellig auch in der SPD und generell im politischen und medialen Mainstream hat Thilo Sarrazin mit seinen sozialdarwinistischen Ansichten eindeutig die heimliche Meinungsführerschaft übernommen. Dem meint sich auch die Kanzlerin nicht länger entziehen zu können. Obwohl sie sich hinter die Wulff-Rede vom 3. Oktober gestellt hatte und sie sich auch auf dem JU-Kongreß zur Anerkennung des Islam als Teil Deutschlands hinreißen ließ, ist sie mitttlerweile auf einen restriktiven Integrationskurs eingeschwenkt, der neben der kulturalistischen auch eine stark ordnungspolitische Dimension aufweist.

Besonders deutlich kommt das in Seehofers »Sieben-Punkte-Plan« zur Integration zum Ausdruck. Darin wird gleich unter Punkt eins ein »Miteinander« auf dem »gemeinsamen Fundament der Werteordnung unseres Grundgesetzes und unserer Leitkultur, die von den christlich-jüdischen Wurzeln und vom Christentum, Humanismus und Aufklärung geprägt ist«. Da müßte eigentlich ein entsetzter Aufschrei durch die Lande gehen, ein »Wehret den Anfängen!«. Integration, unter der man gemeinhin sowohl wohlwollende Aufnahme als auch freiwillige Anpassung versteht, erscheint hier als (gesinnungs-)polizeiliche Verordnung, als Zwangsverpflichtung auf das westliche Wertesystem. Dieses hält sich zwar zugute, auf Demokratie und Pluralismus zu beruhen, was sich in seinem hegemonialen Anspruch aber selbst ad absurdum führt. Das erpreßte Bekenntnis zur Dreifaltigkeit von Christentum, Humanismus und Aufklärung macht die Integration andersgläubiger Migranten in das »demokratische Gemeinwesen« zur Zwangsbekehrung.

Daraus ergibt sich eine gewaltige Einschränkung der Meinungsfreiheit nicht nur der ausländischen, sondern aller Bürger in Deutschland. Andere Gesellschaftsentwürfe, als es die Leitkultur vorsieht, haben zu unterbleiben. Denn zu den bürgerlich-demokratischen Errungenschaften, die das westliche Wertesystem verheißt, gesellt sich eine direkt mit der kapitalistischen Produktionsweise verbundene Ethik, die auf Konkurrenz und Eigennutz auf der einen sowie auf Unterordnung, das heißt Integrationsbereitschaft, auf der anderen Seite beruht. Integrationsverweigerung, so Seehofer, soll mit Sanktionen »vom Bußgeld bis zur Leistungskürzung« belegt werden. Werden künftig Leitkulturkommissare über die Vergabe von Sozialleistungen bestimmen?

Quelle: www.jungewelt.de vom 18.10.10

Dieser Beitrag wurde am Montag, 18. Oktober 2010 um 13:35 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Trittin: Seehofer stärkt Neonazis

    Berlin. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin wirft dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer vor, mit seinen Aussagen zur Einwanderung dem Rechtsextremismus den Boden zu bereiten. »Es gibt schon seit langem ein rechtsextremes Potential in Deutschland. Daher ist es schäbig und stärkt diese Kräfte, wenn ein Demokrat wie Horst Seehofer anfängt, solches Gedankengut hoffähig zu machen«, sagte Trittin der Zeitung Bild am Sonntag. (dapd/jW)

    Comment: Wolfgang Huste – 18. Oktober 2010 @ 14:13

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