Wolfgang Huste Polit- Blog

Erneuter Preis für Günter Wallraff. Der Prozess gegen den Hunsrücker Großbäcker geht weiter. Lebensmitteldiscounter kommen völlig ungeschoren davon. Von Dr. Wilhelm Vollmann

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Der Kölner Journalist Günter Wallraff soll am Donnerstag in Mainz durch die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz mit einem Preis in Höhe von 5.000 Euro ausgezeichnet werden. Wallraff hat zwar schon eine ganze Reihe von Preisen für seine oft nicht ungefährliche Arbeit bekommen, aber diesmal geht es um eine rheinland-pfälzische Angelegenheit.

Nicht zuletzt aufgrund der zur Auszeichnung anstehenden verdeckten Recherche Wallraffs im Jahre 2008 wird zurzeit einem Hunsrücker Großbäcker vor dem Amtsgericht in Bad Kreuznach der Prozess gemacht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die in seinem Betrieb Beschäftigten nicht ausreichend über Arbeits- und Unfallschutz informiert zu haben und deshalb für viele teilweise auch gefährlichen Arbeitsunfälle mitverantwortlich zu sein.

Wegen des hohen Arbeitstempos, das den Beschäftigten abverlangt wurde, sollen sie sich u. a. teilweise durchaus gefährliche Verbrennungen an heißen Backblechen zugezogen haben. Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautet, soll die Großbäckerei unter massivem Druck eines Lebensmitteldiscounters gestanden haben, Backwaren zu extrem niedrigen Einkaufspreisen exklusiv an diesen zu liefern. Die bei diesem Discounter indirekt für die Ausbeutung der Stromberger Beschäftigten Verantwortlichen kommen im Kreuznacher Prozess wieder einmal völlig ungeschoren davon.

Günter Wallraff, der selbst inkognito in der Stromberger Grossbäckerei gearbeitet und sich ebenfalls mehrfach verletzt hat, ist deshalb neben anderen Betroffenen als Zeuge geladen. Die dortigen Arbeitsbedingungen müssen derart schlimm gewesen sein, dass selbst der swr, der für seine eher unternehmerfreundliche und zurückhaltende Berichterstattung bekannt ist, von einen Prozess um „angeblich unwürdige Arbeitsbedingungen“ spricht. Der Eigentümer hat inzwischen einfach den Betrieb geschlossen und 23 Beschäftigte entlassen. Sein Geschäftsführer hat ausdrücklich bestätigt, dass der Wallraff-Bericht „bei der Entscheidungsfindung sicherlich eine Rolle gespielt habe“.

Diese Chuzpe ist nachgerade typisch. Wieder einmal wurden die von dreister Ausbeutung Geschädigten am Ende auch noch mit Arbeitsplatzverlust dafür bestraft, dass sie sich gegen betriebliche Willkür und den Missbrauch sozialer und ökonomischer Macht zur Wehr gesetzt haben. Günter Wallraff hat demgegenüber in SWR 2 bereits angekündigt, den größeren Teil des Preisgeldes seinen ehemaligen Kollegen in der Grossbäckerei zur Verfügung stellen zu wollen.

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 03. November 2010 um 11:32 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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