Wolfgang Huste Polit- Blog

Christliche Ausbeutung. Lohndumping durch Auslagerung hat beim Diakonischen Werk System. Gewerkschaft beklagt ­knallharte Ausrichtung als Wirtschaftsunternehmen. Von Ralf Wurzbacher

Tags:

Das Diakonische Werk (DW) stellt mit seinen aktuell bekanntgewordenen Ausbeutermethoden andere Wohlfahrtorganisationen offenbar in den Schatten. Nach Auskunft der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist die »Tendenz, sich als marktwirtschaftliches, gewinnorientiertes Unternehmen zu gerieren, bei keinem anderen sozialen Arbeitgeber so ausgeprägt wie bei der Diakonie«. Nach einem Bericht des Wochenmagazins Stern vom Mittwoch werden in den Pflegeeinrichtungen des Verbands der evangelischen Kirche Zehntausende Mitarbeiter mit deutlich niedrigeren als den üblichen Löhnen abgespeist.

Das Vorgehen erinnert stark an die Praktiken des Drogeriediscounters Schlecker, der wegen der massenhaften Auslagerung von Angestellten vor einem Jahr für Schlagzeilen sorgte. Demnach werden die Löhne der Beschäftigten in vielen DW-Einrichtungen unter anderem über eigens geschaffene Zeitarbeitsfirmen gedrückt. Nach Stern-Recherchen erhält so etwa eine vom Diakonie-Ableger Dia Logistik eingestellte examinierte Altenpflegerin nur 10,16 Euro pro Stunde, während für qualifizierte Pflegekräfte in einem regulären Arbeitsverhältnis 14,28 Euro fällig werden. Monatlich ergibt sich so ein Minus von 640 Euro. Zudem sollen Geschäftsführer von DW-Betrieben GmbHs gegründet haben, um gekündigte Beschäftigte zu schlechteren Konditionen wieder neu einzustellen.

Über das Ausmaß der Machenschaften gibt es derweil abweichende Angaben. Laut Ratsvorsitzendem der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sind 35000 der insgesamt 435000 Festangestellten betroffen. Der Sprecher der diakonischen Mitarbeitervertretung, Michael Heinrich, spricht im Stern-Bericht von 75000 Ausgelagerten. Der DW-Bundesverband hat die Methoden gerechtfertigt. Alle seine Heime müßten den »Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Nächstenliebe aushalten«. Sollte eine Einrichtung allerdings ausschließlich finanzielle Gesichtspunkte in den Vordergrund stellen, »handelt sie nicht mehr diakonisch«, ließ ein Sprecher ausrichten.

Nach ver.di-Informationen ist Lohndumping bei der Diakonie längst »Teil der Unternehmensphilosophie«. In ihren Reihen werde im Umgang mit den Mitarbeitern sehr viel »systematischer und flächendeckender und bisweilen brutal gegen die eigenen christlichen Gebote verstoßen« als etwa bei ihrem katholischen Gegenstück, dem Caritas-Verband, befand Gewerkschaftssprecher Jan Jurczyk am Donnerstag gegenüber junge Welt. »Es gibt hier eine strategische Ausrichtung, die ausdrücklich auf Gewinnorientierung setzt.« Das zeige sich auch daran, daß die Diakonie mit dem Verband Diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) über einen eigenen Unternehmerverband verfüge, der seit zehn Jahren in der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgebeberverbände (BDA) organisiert ist.

Tatsächlich könnte die Selbstdarstellung des VdDD auch aus der Feder von McKinsey stammen: Demnach sollen sich die diakonischen Einrichtungen »als Anbieter innovativer Dienstleistungen und mit einem klaren evangelischen Profil erfolgreich am Markt behaupten«. Allerdings richtet sich die gepriesene »lebensdienliche Diakonie, deren Grundanliegen es ist, Menschen ein selbstbestimmtes Leben (…) zu ermöglichen«, wohl nicht an die eigenen Mitarbeiter. Ins Bild paßt auch ein aktueller Rechtsstreit, der gestern am Landesarbeitsgericht im nordrhein-westfälischen Hamm in die nächste Runde ging. Dabei geht es um die Frage, ob Einrichtungen der evangelischen Kirche bestreikt werden können. Hintergrund sind ver.di-Warnstreiks während einer Tarifauseinandersetzung im Jahr 2008, gegen die die Diakonie Klage eingereicht hatte.

Quelle: www.jungewelt.de vom 14.01.11

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 14. Januar 2011 um 13:53 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

«  –  »

3 Comments

  1. Lieber Herr Huste,

    ich bin eine Christin und für die Bergpredigt Christus und die Verwirklichung seiner Lehre in dieser Welt, so wie es eigentlich vorgesehen ist. Leider wird in den Kirchen immer noch gepredigt, dass die Lehren der Bergpredigt in dieser Welt nicht zu verwirklichen seien.
    Somit ist dass Christentum ohne die Frohe Botschaft für die Menschen geblieben. Der Tanz ums Goldene Kalb konnte sich somit immer verrückter durchsetzen.
    Die Folgen dieses Frevels bekommt die Menschheit immer deutlicher zu spüren.
    Damit muss jetzt endlich Schluss sein ! Wir, die Christen/innen in der Linken, sind aufgerufen, Jesus
    wahre Botschaft ans Licht zu bringen. Die Kirchen werden es nicht tun ! Dass habe sie bisher bewiesen. Der rote Pfarrer Georg Fritze und manch anderer wahrhaftiger Christ wollte sich gegen den Irrsinn der Nationalsozialisten stellen und wurde kaltgestellt.

    Lieber Herr Huste
    Gern möchte ich in der Bundesarbeitsgemeinschaft „Christinnen und Christen in der Linken“ mitarbeiten. Ich bin aus dem Raum Halle Leipzig.
    Alles liebe,

    Helma H.
    06188 Landsberg

    Comment: Wolfgang Huste – 19. Januar 2011 @ 15:31

  2. die gewerkschaften gehen mir so was von auf die nerven!!!!!!!!!!!!!! ich hab einer der besten arbeitsverträge, ach ich hab den besten arbeitsvertrag den es in pflegeberufen gibt (AVR, angelehnt an BAT) und jetzt, jetzt muss ich befürchten das ich den TVÖD vertrag vor die nase gesetzt bekomme. dank der bescheurten gewerkschaft!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! denkt die scheiß bescheurte gewerkschaft auch mal an die zukunft?????????? den beruf altenpflege will doch dann wirklich keiner mehr lernen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! ich will in der AVR bleiben und viele meiner jungen mitarbeiter auch!!!!!!!!!!!! Das ist mal wieder so typich für deutschland, das die alten nicht an die jungen denken, nur an sich selbst, nur an hier und jetzt, für den moment!!!!!!!! ES KOTZT MICH AN!!!!!!!!!!!!!!!!!!

    Comment: micki – 21. April 2011 @ 17:44

  3. Sehr geehrter Herr Huste,

    auch wenn ich mich politisch eher rechtskonservativ einordne und mit Antikapitalismus und Sozialismus ungefähr genauso viel am Hut habe wie der Papst mit Black Metal, danke ich Ihnen für das Einstellen dieses Artikels. An dieser Stelle verweise ich gerne auf den von mir beim Jugendkultur-Netzwerk CrossOver publizierten Diskussionstext, in dem ich als Betroffener die Personalwirtschaft in der Diakonie beleuchte und aus vorstehendem Artikel zitiere:
    http://www.crossover-agm.de/txtKilalli12_bdks.htm

    Mit freundlichen Grüßen
    T. Kilalli
    Redakteur
    CrossOver – Netzwerk für Jugendkultur

    Comment: T. Kilalli – 29. Januar 2013 @ 19:38

Sorry, the comment form is closed at this time.

Kategorien

über mich

antifaschismus

Linke Links

NGO Links

Ökologie

Print Links

Archive

Sonstiges

Meta

 

© Huste – Powered by WordPress – Design: Vlad (aka Perun)