Wolfgang Huste Polit- Blog

Kriegslügen widerlegt. Von Arnold Schölzel

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Angeblich verschwendet niemand in der »Koalition der Willigen« einen Gedanken an Bodentruppen im Krieg gegen Libyen. Am Donnerstag bestätigten aber Regierungskreise in Washington, daß die USA in Libyen CIA-Agenten im Einsatz haben, um die Aufständischen und die Luftangriffe zu unterstützen. Laut dapd führten militärische Analysen zu der Erkenntnis, daß die Rebellen ohne solche Hilfe den Kampf gegen das Regime von Oberst Muammar Al-Ghaddafi nicht gewinnen könnten. Experten gingen davon aus, daß Stärke und Ausrüstung der Gegner Ghaddafis überprüft werden sollen, um US-Präsident Barack Obama Empfehlungen für Waffenlieferungen zu geben. Zugleich meldeten mehrere Medien, daß Dutzende britische Spezialkommandos und Mitarbeiter des Geheimdienstes MI6 ebenfalls seit längerer Zeit in Libyen aktiv sind. Die britischen Agenten lenken nach Darstellung der New York Times Luftschläge und sammeln Informationen über die Position von Panzerkolonnen des libyschen Militärs sowie über Artillerie- und Raketenstellungen. Offenbar koordinieren sie auch die Aktionen der Aufständischen und versuchen, hochrangige libysche Militärs und Politiker zum Überlaufen zu bewegen. Am Donnerstag meldeten sie einen Erfolg: Außenminister Mussa Kussa wurde – nach tagelanger »Bearbeitung« – von britischen Agenten nach London gebracht.

Die Aktivitäten am Boden wurde bisher ebenso bestritten wie die Lieferung von Waffen an die Rebellen. Obama hatte aber bereits am Dienstag die Tatsachen kaum noch verschleiert, als er in einem Fernsehinterview Waffenlieferungen nicht grundsätzlich verwarf. Umstandsloser erklärte der britische Premier David Cameron vor dem Parlament in London, die Resolution 1973 schließe eine solche Unterstützung »unter bestimmten Bedingungen« nicht aus. Seine Regierung könne sich Waffenlieferungen »an diejenigen, die die Zivilisten schützen« vorstellen. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen behauptete allerdings am Donnerstag, als das Militärbündnis offiziell die Führung der Kriegsoperationen gegen Libyen von den USA übernahm: »Wir sind dort, um die Bevölkerung zu schützen, nicht um die Bevölkerung zu bewaffnen.«

Wie es mit diesem Schutz aussieht, machte der Apostolische Vikar von Tripolis, Bischof Giovanni Martellini, am Donnerstag gegenüber der vatikanischen Nachrichtenagentur Fides deutlich: »Die sogenannten humanitären Angriffe haben Dutzende zivile Opfer in einigen Vierteln von Tripolis getötet.«

Auf die Propagandalüge, Wohnsiedlungen würden nicht bombardiert, hatte sich u. a. die linkssozialistische Enhedslisten im dänischen Parlament berufen und der militärischen Beteiligung Dänemarks am Krieg zugestimmt (siehe jW vom 31. März). Vor dem Hintergrund massiver parteiinterner Kritik zog sie nun ihre Unterstützung zurück. Der geschäftsführende Parteivorstand beschloß am Mittwoch abend, die »Mission« habe ihren Charakter geändert und unterstütze nun eine Seite in einem Bürgerkrieg.

Der chinesische Präsident Hu Jintao verurteilte am Donnerstag erneut die Angriffe auf Libyen. Bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Sarkozy in Peking erklärte er, »wenn die Militäroperation Unglück über unschuldige Menschen bringt und eine noch größere humanitäre Krise auslöst, steht das im Gegensatz zum ursprünglichen Ziel der UN-Resolution.« Hu forderte einen sofortigen Waffenstillstand und zeigte sich besorgt über eine mögliche Teilung Libyens.

Quelle. www.jungwelt.de vom 01.04.11

Dieser Beitrag wurde am Freitag, 01. April 2011 um 11:49 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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Ein Kommentar

  1. Ölstaat mit Potential. Libyen verfügt über die größten Petroleumreserven Afrikas. Die einschlägigen Multis sind am ­ungehinderten Zugang interessiert.
    Von Jan Köstner

    Der bewaffnete Konflikt in Libyen und die militärische Intervention der NATO haben die Ölproduktion des Landes in den Fokus der Interessen gerückt. Mit 46,6 Milliarden Faß (ein Faß/Barrel sind 159 Liter) verfügt Libyen über die größten nachgewiesenen Ölreserven Afrikas, liegt aber bei einer Produk­tion von etwa 1,7 Millionen Faß Rohöl pro Tag (bpd) nur an dritter Stelle hinter Angola und Nigeria. Das Land gilt zudem in bezug auf weitere Ressourcen als nicht ausreichend erforscht.

    Libysches Öl, insbesondere die leichte, schwefelarme Sorte Brega aus dem Sirte-Becken, ist von hoher Qualität und auf dem internationalen Markt nur schwer zu ersetzen. Die Volkswirtschaft des Landes ist in hohem Maße von Öleinnahmen abhängig, die etwa ein Viertel des Bruttoinlandprodukts (BIP) und 94 Prozent der Exporteinnahmen ausmachen. Zwar garantiert der Staat seinen Bürgern einen vergleichsweise hohen Lebensstandard, doch gelang es nicht, die hohen Export­erlöse in eine Förderung industrieller Entwicklung umzusetzen. Das zeigt sich u.a. in einer niedrigen inländischen Investitionsrate von acht Prozent des BIP und einer vergleichsweise hohen (inoffiziellen) Arbeitslosenquote von 30 Prozent.

    Bereits kurz nach Beginn der Förderung durch ausländische Ölkonzerne 1961 stieg das damals sehr arme Land zum weltweit fünftgrößten Erzeuger von Rohöl auf. Da das bis Ende der 1960er Jahre existierende System Anreize bot, in kurzer Zeit möglichst hohe Mengen zu fördern, entwickelte sich in der libyschen Gesellschaft ein weitverbreitetes Unbehagen wegen der Verschleuderung natürlicher Ressourcen. Der seit einem Staatsstreich 1969 regierende Revolutionäre Kommandorat unter Muammar Ghaddafi ordnete 1970 Produktionseinschränkungen an und zwang die Ölkonzerne zu Verhandlungen über eine Neufestsetzung der Preise. Eine Nationalisierung der Industrie war mangels ausgebildeten Personals nicht möglich. Ab 1971 übernahm die libysche National Oil Company (NOC) 51 Prozent der Anteile der im Lande operierenden Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne. Ab 1973 erfolgte der Abschluß von Production Sharing Agreements (PSA), die dem Staat 81 bis 88 Prozent der Förderung garantierten.

    Der nach den Ölkrisen 1973 und 1979 stark gesunkene Verbrauch in den USA erlaubte es Washington, 1982 einen Boykott über libysches Öl zu verhängen und 1986 die US-Ölkonzerne zum Verkauf ihrer libyschen Tochterfirmen zu zwingen. Dies führte zu einem Rückgang von Exploration und Entwicklung. Der Weigerung Libyens, die Verdächtigen im Fall des Flugzeugattentats von Lockerbie auszuliefern, folgte 1992 die Verhängung von Sanktionen durch den UN-Sicherheitsrat. 1996 schließlich verabschiedete die US-Regierung den Iran-Libya-Sanctions-Act (ILSA), der festlegte, daß US-Konzerne nicht mehr als 40 Millionen Dollar pro Jahr in diesen Staaten investieren durften.

    Ab dem Jahr 2000 wurden die Sanktionen schrittweise aufgehoben. Wegen der Verschärfung der Konflikte zwischen den USA und Irak galt Libyen zudem als das Land mit dem »Potential die Produktion auszuweiten, um jedwede Nachfrage, die an die OPEC-Reserven gestellt würde, zu bewältigen« (gasandoil.com/goc/news). Die Unternehmen glaubten irrtümlicherweise, daß der dortige Ölsektor dringend auf die Erneuerung der Kapitalanlagen angewiesen sei. Zwar waren diese antiquiert, aber sie funktionierten, was der libyschen Führung großen Handlungsspielraum gab. Die NOC verzögerte die Ausschreibungen: Einerseits sollte mittelgroßen US-Ölfirmen die Möglichkeit zur Beteiligung gegeben werden, andererseits wurde so der Druck auf die USA erhöht, die Sanktionen restlos aufzuheben. Dies frustrierte vor allem europäische Firmen, die sich von der frühen Aufhebung der Sanktionen durch die EU Vorteile erhofft hatten.

    Zwischen 2003 und 2005 kam es schließlich zur Ausschreibung einer Vielzahl von Explorations- und Produktionslizenzen, wobei die NOC kleinere Firmen und Staatskonzerne von Entwicklungsländern gegenüber multinationalen Konzernen bevorzugte. 2007 entschied Libyen, vorerst keine neuen Ausschreibungen durchzuführen, sondern statt dessen die bestehenden Verträge nachzuverhandeln. Die NOC war dabei so erfolgreich, daß sie ankündigte ihre Position zu den abgeschlossenen Verträgen grundsätzlich erneuern zu wollen. Dies führte zu Verunsicherung bei einer Reihe von internationalen Ölfirmen, die daraufhin ankündigten, ihr Engagement zu überdenken. Die NOC reagierte mit der Ankündigung, die weitere Exploration ohne »Eintritt neuer Parteien« durch Finanzierung über einheimische Banken durchführen zu wollen. In der Folge wurde eine verstärkte »Libyanisierung« der Ölindustrie propagiert, deren Ziel es war, durch die Verpflichtung zur Einstellung einheimischer Spezialisten deren Anteil insbesondere in höheren Positionen zu steigern. Die im Westen als »Ressourcennationalismus« bezeichneten Politik nutzte die Konkurrenz zwischen den internationalen Ölfirmen, oft auf dem Weg der Nachverhandlung bereits geschlossener Verträge. Aus Sicht der Konzerne wurde dadurch die geordnete Verwertung des libyschen Öls verhindert.

    Die Diskussion um die Verabschiedung eines Ölgesetzes 2010 war Ausdruck zweier verschiedener Tendenzen im libyschen Staatsapparat. So wollte die Gruppierung um NOC-Chef Shukri Ghanem den Firmen bessere und vor allem verläßliche Konditionen bieten, mit dem Ziel, mehr Kapital anzuziehen und dadurch die Förderung im Interesse höherer Einnahmen anzuheben. Die Gruppierung um den Vorsitzenden des Allgemeinen Volkskomitees (also den Regierungschef) und Vorsitzenden des Obersten Rates für Energieangelegenheiten Al-Baghdadi Ali Al-Mahmudi orientierte auf die Weiterführung der Politik des »Ressourcennationalismus« und der »Libyanisierung«. Sollte durch die NATO-Intervention in Tripolis eine neue Führung an die Macht gelangen, können sich westliche Konzerne begründete Hoffnungen machen, daß die libyschen Reserven in ihrem Sinne nutzbar gemacht werden.

    Quelle: http://www.jungewelt.de vom 01.04.11

    Comment: Anonymous – 01. April 2011 @ 11:51

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