Wolfgang Huste Polit- Blog

Zum 70. Jahrestag des Angriffs auf die Sowjetunion. Von Hannelore Tölke

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Am 22. Juni 1941 griff das nationalsozialistische Deutschland die Sowjetunion an. Vom ersten Tag an führte die Wehrmacht den Kampf mit großer Brutalität.
Deutschland führte zu dieser Zeit bereits zwei Jahre Krieg, doch schon in der Zeit von 1933 bis 1939 gelang es den Nationalsozialisten die Gesellschaft in Deutschland erheblich zu militarisieren, geholfen haben dabei Organisationen wie SA, SS und die Hitlerjugend.

Ideologisch und materiell wurde massiv aufgerüstet. Die 100.000 Mann starken Reichswehr wurde in eine 2,6 Millionen Männer zählende Reichwehr hochgerüstet. Nach den schnellen Kriegen im Polen, Frankreich und auf dem Balkan nahm die Kriegsführung nach dem Angriff auf die Sowjetunion extreme Gewalt an. Rotarmisten, die gleich nach dem Angriff in g roßer Zahl in deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten, waren dieser Gewalt besonders ausgeliefert. Von den etwa 5,5 Millionen Rotarmisten in deutscher Kriegsgefangenschaft sind bis zu 3,0 Mio umgekommen.

Sie starben in Lagern der Wehrmacht, die in der Nähe der Front lagen, in hinter der Front gelegenen Zivilverwaltungsgebieten und im sognannten Generalgouvernement.

360.000 bis 400.000 Rotarmisten kamen in Lagern um, die sich im Deutschen Reich efanden. Eines dieser Lager war im heutigen Nordrhein-Westfalen, in Stukenbrock, unweit von Augustdorf, zwischen Gütersloh und Detmold.

Dieses Lager wurde schon unmittelbar nach dem Überfall auf die Sowjetunion mit den ersten Kriegsgefangenen belegt. Am 7. Juli 1941 erreichten mehr als 7.000 Kriegsgefangene das Lager. Auf der eingezäunten Fläche fanden sie weder Uterkünfte noch ausreichende Verpflegung oder sanitäre Einrichtungen.
Der Militärarzt Wladimir Semjonowitsch Siltschenko erinnert sich: „Die schweren Prüfungen und Qualen begannen für die sowjetischen Gefangenen schon vor dem Eintreffen im Lager: Tage und Wochen unter freiem Himmel am Ort der Gefangennahme mit täglichen Rationen von einer Handvoll ungeschälter Buchweizengrütze und sehr wenig Trinkwasser. Dann wurden die Gefangenen in kleine Güterwagen zu 60 bis 70 Mann gepfercht. Sie konnten weder sitzen noch liegen. Die Fahrt in den Westen dauerte mindestens fünf bis sieben Tage. Für den Weg gab man ihnen insgesamt 150 bis 300 g Brot; Wasser bekamen sie nicht jeden Tag. Verwundete und Verletzte, von denen es sehr viele gab, erhielten während der Fahrt keine medizinische Hilfe. Die erschöpften Gefangenen mussten das Lager aufbauen und hatten dazu nur primitive Werkzeuge zur Verfügung. Bei schlechtem Wetter mussten sie – nass bis auf die Haut und durchgefroren und von langen Arbeitstagen erschöpft – auf der bloßen Erde schlafen. Einige Gefangene bauten sich in der Erde Höhlen, die oft zerstört wurden. In der ersten Zeit bestand die Tagesration für Menschen, die schwere, aufreibende Arbeiten verrichten mussten, aus 200 g Brot mit Stücken Sägemehl und feuchten Kohlrüben“.

Die sowjetischen Kriegsgefangenen erhielten keinerlei Lohn und bis heute enthalten ihnen Staat und Wirtschaft in Deutschland jede Entschädigung vor.
300.000 Gefangene gingen durch das Lager in Stukenbrock, 65.000 Gefangenen überlebten nicht.
Von 1942 bis 1945 war es Durchgangslager, in dem die Kriegsgefangenen registriert und dann zur Zwangsarbeit abtransportiert wurden.

Am 2. April 1945 erreichten amerikanischen Soldaten das Lager. Sie fanden außer den Überlebenden die Toten, verscharrt in sechsunddreißig Massengräbern. In seinen Erinnerungen berichtet Viktor Fedorowitsch.
„Die Überlebenden beschlossen, wir können nicht so wegfahren. Wir errichten den Kameraden ein Denkmal. Möge es ewig daran erinnern, was Faschismus ist.“

Die Kriegsgefangenen selbst legten einen würdigen Friedhof an. In der Mitte errichteten sie einen 10 Meter hohen Obelisk. Am 2. Mai 1945 wurde das Denkmal feierlich, in Anwesenheit von über 10.000 Menschen, enthüllt. Die Spitze zierte eine aus Glasplastik gefertigte rote Fahne mit dem Staatssymbol der UdSSR.
Der Kalte Krieg in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ist auch an Friedhof und Obelisk nicht spurlos vorübergegangen. So wurde die Glasplastik auf der Spitze des Denkmals abmontiert und bis heute nicht wieder angebracht.

Dem Arbeitskreis BLUMEN FÜR STUKENBROCK ist es zu danken, dass Lager und Friedhof in der Senne und die Leiden, die sowjetischen Kriegsgefangenen zugefügt wurden, nicht in Vergessenheit geraten sind. Seit mehr als 40 Jahren findet alljährlich am 1. Wochenende im September eine Gedenkfeier am Friedhof stattfindet und seit einigen Jahren auch ein Jugendcamp. Der Arbeitskreis BLUMEN FÜR STUKENBROCK ist seit mehr als vier Jahrzehnten für Verständigung und Versöhnung zwischen den Menschen in Nordrhein-Westfalen und in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion tätig. So hat er auch den Kontakt zu ehemaligen Gefangenen gehalten und sich für die Wiederherstelung des Obelisken in seinen ursprünglichen Zustand eingesetzt.

Erst in diesem Jahr teilte die Staatskanzlei in Düsseldorf mit, dass die „alsbaldige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes des Obelisken in die Wege geleitet ist“. Wir alle sollten die Restaurierung im Auge behalten. Geeignet wäre dazu die diesjährige Gedenkfeier am 3. September in Stukenbrock.

Quellen des Artikels und weitere Informationen unter
http://www.blumen-fuer-stukenbrock.de/
und „Pardon wird nicht gegeben“ von Sönke Neitzel und Harald Welzer in „Blätter für deutsche und internationale Politik 6/11, Seite 112 ff.“ Der Beitrag basiert auf dem Buch der Autoren „Soldaten, Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben“

Quelle: Hannelore Tölke vom 21.06.11

Anmerkung von Wolfgang Huste: Im Jahre 1956 wurde nicht nur die Bundeswehr gegründet, sondern auch die KPD verboten (das Verbot wurde bis heute nicht aufgehoben!).
Damals kamen engagierte Kommunisten, die schon innerhalb des Nationalsozialismus im Widerstand aktiv waren und von den Alliierten aus den Gefängnissen bzw. aus den zahlreichen KZs befeit wurden, teilweise wieder ins Zuchthaus, wie es damals hieß- nur wegen ihrer politischen Gesinnung! Merke: Antisozialismus und Antikommunismus haben in Deutschland eine lange Tradition. Antifaschismus dagegen leider nicht! „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das einstmals kroch!“. Bertolt Brecht. Deshalb: „Wehret den Anfängen- nie wieder Faschismus!“.

Dieser Beitrag wurde am Dienstag, 21. Juni 2011 um 17:20 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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