Wolfgang Huste Polit- Blog

Mit Knarre am Bauzaun

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Nach der zeitweiligen Besetzung der Baustelle des Bahnhofsprojekts »Stuttgart 21« am Montag abend bemühte sich das politische Establishment am Dienstag, die Gegner des Neubaus in schlechte »gewaltbereite Radikale« und »friedliche Demonstranten« zu spalten. Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) beschuldigte das Aktionsbündnis gegen »Stuttgart 21«, durch »die aggressiven und beleidigenden Reden und Angriffe in der Vergangenheit« zu einem Klima der Gewaltbereitschaft beigetragen zu haben. »Friedliche Demonstrationen gegen das Bahn-Projekt dürfen nicht durch einzelne gewaltbereite Demonstranten mißbraucht werden«, erklärte der OB per Pressemitteilung. »Gewaltbereite Radikale nutzen die Lage und die Stimmung, um mit gewalttätigen Aktionen Zorn und Zwietracht in unserer Stadt zu säen.« Von diesen müsse sich das Aktionsbündnis öffentlich distanzieren, forderte Schuster.

Nachdem am Montagabend rund 3000 Menschen demonstriert hatten, zogen etwa 1500 Demonstranten zum Gelände des sogenannten Grundwassermanagements und rissen den Bauzaun nieder. Dabei kam es zu Rangeleien mit der Polizei. Ein bewaffneter Zivilpolizist, der sich unter die Baustellenbesetzer gemischt hatte, wurde dabei Behördenangaben zufolge »an Kopf und Hals verletzt«. Zudem sei versucht worden, ihm seine Dienstwaffe wegzunehmen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf versuchten Totschlag gegen Unbekannt ein. Acht Polizisten erlitten den Angaben nach Knalltraumata, als neben ihnen ein Sprengkörper detonierte.

Die Sprecherin des Aktionsbündnisses, Brigitte Dahlbender, gab derweil der Deutschen Bahn eine Mitschuld. »Wenn die Bahn so unbeeindruckt von allem weiterbaut, glaube ich, daß uns ein heißer Sommer ins Haus steht.« Das Unternehmen müsse zu einer ergebnisoffenen und transparenten Debatte zurückkehren.

Der Chef der FDP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke, machte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) verantwortlich. Hermann hetze die Demonstranten auf und »erfinde« täglich neue Argumente gegen das Bauprojekt. Der Generalsekretär der baden-württembergischen CDU, Thomas Strobl, attackierte Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Als Ministerpräsident müsse sich dieser von »solchen gewalttätigen und kriminellen Vorgängen klar distanzieren«.

Was dieser auch tat: »Gewalt ist in jeglicher Form – egal, ob gegen Menschen oder Sachen – unmißverständlich zu verurteilen und wird von der Landesregierung nicht toleriert«, erklärte der Grünen-Politiker. Innenminister Reinhold Gall (SPD) sagte im SWR, es sei »erschreckend und nicht hinzunehmen, daß ein 42jähriger Polizeibeamter von Störern zusammengeschlagen und erheblich verletzt wurde«.

»Protest ja, Gewalt nein« war eine gestern verbreitete Mitteilung der Partei Die Linke überschrieben. Man stehe »an der Seite der friedlichen Demonstranten«, erklärte Vorstandsmitglied Ulrich Maurer, lehne »Gewalt als Mittel« aber ab. In gestern bei Youtube veröffentlichten Videomitschnitten der Auseinandersetzung konnte man sehen, wie zwei Männer miteinander ringen und unter der Jacke eines der Beteiligten plötzlich eine Pistole herausragt. »Nimm die Knarre weg!«, schallt es aus dem Hintergrund. Andere rufen »Verpiß dich!«, »Hau ab, du Bullensau!« Auf einem anderen Video sieht man die Explosion des Böllers, die angeblich bei acht Beamten Knalltraumata verursachte. Man erkennt auch, daß der Knallkörper deutlich näher bei den Demonstranten hochging. Über Hörschäden bei letzteren wurde nichts bekannt.

Quelle: www.jungewelt.de vom 22.06.11

Dieser Beitrag wurde am Mittwoch, 22. Juni 2011 um 13:39 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Blog abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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